Regensburg (dpa/lby) – Im Regensburger Korruptionsprozess hat sich der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) gegen Vorwürfe des Ex-Geschäftsführers der Stadtbau GmbH, Joachim Becker, zur Wehr gesetzt. Becker sagte am Donnerstag vor dem Landgericht aus, Wolbergs habe ihn bei der Neubesetzung der Stelle des Technischen Leiters bei der Stadtbau GmbH dazu gedrängt, dessen favorisierten Kandidaten durchzusetzen – einen früheren Mitarbeiter des Bauunternehmers Volker Tretzel. Dieser und sein Ex-Angestellter sitzen ebenfalls auf der Anklagebank.
Wolbergs muss sich wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz verantworten. Tretzel werden Vorteilsgewährung und Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz vorgeworfen. Es geht in dem Prozess unter anderem um die Frage, ob bei der Vergabe eines Bauprojektes an Tretzel dessen Spenden an die SPD eine Rolle gespielt haben.
Becker sagte, in einer Ausschusssitzung im Frühjahr 2016 sei eine andere Bewerberin für den Posten favorisiert worden – die er selbst auch für geeigneter gehalten habe. Wolbergs habe ihm daraufhin telefonisch mitgeteilt, wer sein Wunschkandidat sei und angefügt: «Oder wollen Sie richtig Ärger haben?». Angesichts seines befristeten Arbeitsvertrages habe er sich unter Druck gesetzt gefühlt, sagte Becker.
Wolbergs betonte in der Sitzung, von den drei in die engere Auswahl geratenen Kandidaten habe er den früheren Tretzel-Mitarbeiter für den geeignetsten gehalten. Die vom Ausschuss favorisierte Kandidatin habe er als Planungsamtsleiterin einstellen wollen und bei der weiteren Bewerberin Entwicklungschancen im Hochbauamt gesehen. Becker habe vielmehr Angst gehabt, man würde ihm letztlich einen zweiten Geschäftsführer zur Seite stellen wollen und er seine alleinige Macht in der Stadtbau GmbH verlieren.
Der Mitarbeiter Tretzels, der seit 2015 nicht mehr bei dem Bauunternehmer angestellt war, habe sich bei ihm erkundigt, ob es sinnvoll sei, sich auf die Stelle des Technischen Leiters zu bewerben, berichtete Wolbergs. Daraufhin habe er ihm gesagt, er müsse sich aber dem normalen Auswahlverfahren stellen. Der Mitarbeiter habe dies auch so gesehen. Dass der frühere Tretzel-Mitarbeiter den Posten bekommen habe, sei in der Sache völlig korrekt gewesen, sagte Wolbergs.
Zudem verwies der suspendierte Rathauschef auf ein Gespräch, das er mit einem Pressevertreter geführt habe, in dem er diesem gesagt haben soll: Wollte er Tretzel einen Gefallen tun, würde er über dessen Mitarbeiter nicht einmal nachdenken, schließlich hätten die sich im Streit getrennt.
Der Satz, ob Becker Ärger haben wolle, habe sich darauf bezogen, dass dieser personenbezogene Unterlagen der Bewerber weitergegeben habe. Wolbergs warf Becker zudem vor, im Herbst 2018 eine vertrauliche Sitzungsvorlage an Medien weitergeleitet zu haben.
Gestützt wurde Wolbergs‚ Aussage von Norbert Hartl, dem ebenfalls angeklagten früheren Chef der SPD-Stadtratsfraktion. Hartl sagte, in der entscheidenden Ausschusssitzung zur Stellenvergabe habe Wolbergs «weder durch die Wortwahl, noch durch den Tonfall, in irgendeiner Weise Druck auf Herrn Becker ausgeübt».