Das Welterbe zählt zu den «unschätzbaren und unersetzlichen Gütern nicht nur jedes Volkes, sondern der ganzen Menschheit», schreibt die Unesco zum Übereinkommen über den Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt von 1972. In den nächsten zwei Wochen entscheidet das zuständige Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) wieder, wer sich künftig auch mit der Auszeichnung als Welterbe schmücken darf – und damit zudem die Verpflichtung zur Bewahrung übernimmt.
Fünf Anträge mit deutscher Beteiligung stehen unter den rund 40 Nominierungen zur Entscheidung an:
Wegen der Corona-Pandemie war die 44. Sitzung des Welterbekomitees im chinesischen Fuzhou vor einem Jahr verschoben worden. Nun wird das Treffen von Freitag an bis zum 31. Juli zumindest online nachgeholt. Mit ersten Entscheidungen kann vom 23. Juli an bis mindestens 25. Juli gerechnet werden, teilte eine Unesco-Sprecherin mit.
Zu den bisher 1121 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern zählen das Great Barrier Reef in Australien, der Nationalpark Serengeti in Tansania oder die Pyramiden von Gizeh in Ägypten. In Deutschland gibt es bislang 46 Stätten.
Baden-Baden (Baden-Württemberg), Bad Ems (Rheinland-Pfalz) und Bad Kissingen (Bayern) bewerben sich mit acht anderen europäischen Kurorten als «Great Spas of Europe». Darunter werden Bäder verstanden, die vom späten 18. Jahrhundert bis ins frühe 20. Jahrhundert internationale Bedeutung erlangten.
Im Stadtbild zeige sich das noch heute durch einen auf medizinische, therapeutische und gesellschaftliche Funktionen ausgerichteten Bau: «In diesen mondänen Stätten der Gesundheitspflege, der Muße und des geselligen Umgangs bildeten sich architektonische Prototypen und eine städtebauliche Typologie heraus, für die es keine frühere Parallele gibt», heißt es in Baden-Baden zu der Bewerbung.
Natürliche Thermalwasser seien Grundlage einer «Epochen übergreifenden Tradition der europäischen Badekultur». Zu den elf Kurstädten, die Teil der Bewerbung sind, zählen auch Spa (Belgien), Vichy (Frankreich), Bath (Vereinigtes Königreich) sowie Karlsbad, Franzensbad und Marienbad aus der Tschechischen Republik.
Als Orte des jüdischen Mittelalters treten Mainz, Speyer und Worms an. Mit diesen sogenannten Schum-Stätten gemäß den hebräischen Anfangsbuchstaben der drei Städte im heutigen Rheinland-Pfalz würde erstmals jüdisches Kulturgut in Deutschland als Welterbe anerkannt. Die Schum-Stätten, auch «Jerusalem am Rhein» genannt, gelten als eine Wiege des europäischen Judentums.
In Mainz gehört der Alte Friedhof zum Erbe des jüdischen Volkes. Rund 1000 Jahre nach den ersten Beisetzungen sind noch viele historische Grabsteine zu finden. Auch in Worms gibt es einen jüdischen Friedhof, zudem ein Viertel mit Synagoge, Ritualbad (Mikwe) und Museum. Speyer hatte ein ähnlich reiches jüdisches Gemeindeleben.
Der Plan, sich mit der Künstlerkolonie Mathildenhöhe zu bewerben, reifte in Darmstadt (Hessen) seit zehn Jahren. Die Anlage aus 15 Gebäuden, Parkanlage und Skulpturen gilt als Schnittpunkt zur Moderne der Architektur – nicht einfach ein Jugendstil-Ensemble, sondern ein Schritt zum Bauhaus. Peter Behrens als einer der ersten Künstler war später Lehrer des Bauhausbegründers Walter Gropius.
Die Intention zum Bau der Kolonie war im ausgehenden 19. Jahrhundert keineswegs nur kultureller, sondern handfester ökonomischer Natur. Der hessische Großherzog Ernst Ludwig sah mangels Bodenschätzen einen Wirtschaftsaufschwung nur durch mehr Qualität in den Manufakturen gewährleistet und holte Künstler aller Couleur nach Darmstadt.
Im Rahmen des seriellen Welterbes «Grenzen des Römischen Reiches» bewerben sich der Niedergermanische Limes und der westliche Teil des Donaulimes. Der rund 400 Kilometer lange Niedergermanische Limes war die Außengrenze des mächtigen Römischen Reichs mit Kastellen und Legionslagern entlang des Rheines. Man spricht vom «nassen Limes». Antragsteller sind die Anlieger: Die Niederlande sowie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Der Grenzabschnitt beginnt in Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz und endet an der Nordsee in den Niederlanden. In NRW liegen 220 Kilometer zwischen Bonn und Kleve. Die Grenzregion war ein Zentrum antiker Kultur und der Beginn der Städte im Rheinland. Zu römischen Spuren gehören Militäranlagen, Heiligtümer, Statuen und Alltagsgegenstände. Die Aufnahme ins Weltkulturerbe soll eine Lücke zwischen zwei bereits geschützten Abschnitten schließen – dem Obergermanisch-Raetischen Limes sowie dem Hadrianswall und einem weiteren in Großbritannien.
Der westliche Teil des Donaulimes ist ein gemeinsamer Antrag von Deutschland, Österreich, der Slowakei und Ungarn. Der Donaulimes als frühere römische Grenze erstreckt sich im bayerischen Abschnitt von Bad Gögging im Landkreis Kelheim über Regensburg und Straubing bis nach Passau. Es gab viele Wachtürme und Festungen. Ausgrabungsstätten und Museen sind heute Touristenattraktionen.
dpa/MB