Corona hat im vergangenen Jahr nicht zu einer Pleitewelle bei bayerischen Unternehmen geführt. Im Gegenteil: Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen ging 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 15,3 Prozent auf 1840 zurück, wie das Landesamt für Statistik am Mittwoch mitteilte. Schon 2020 war die Zahl trotz Pandemie gesunken.
Bei den Verbraucherinsolvenzen zeigt sich 2021 dagegen ein massiver Anstieg um gut 90 Prozent auf 7104 Verfahren. Die Statistiker führen dies aber nicht auf die Pandemie zurück, sondern auf Verschiebungseffekte: 2020 war die Zahl der Insolvenzanmeldungen bei Verbrauchern massiv gesunken, nachdem bekannt geworden war, dass die Zeit für die Restschuldbefreiung von sechs auf drei Jahre verkürzt werden sollte. Viele Betroffene zögerten deshalb offenbar ihre Insolvenzanmeldung hinaus, um von der für sie günstigen Änderung zu profitieren, und holten sie 2021 nach.
Im Jahr 2021 wurden an bayerischen Gerichten insgesamt 12 779 Insolvenzverfahren beantragt. Das sind 4 448 Verfahren oder 53,4 Prozent mehr als im Jahr 2020. Der im Vorjahresvergleich deutliche Anstieg wird hierbei durch die Entwicklungen bei den Insolvenzen der übrigen Schuldner, insbesondere den Verbraucherinsolvenzen, verursacht. Das Bekanntwerden eines Regierungsentwurfs zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens führt im zweiten Halbjahr 2020 zu einem starken Rückgang in der Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren. Erst mit Bekanntwerden des Inkrafttretens des Gesetzes folgt im ersten Halbjahr 2021 ein starker Anstieg der Verbraucherinsolvenzen.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen verharrt in dieser Zeit weiter auf niedrigem Niveau. Mit 1 840 Unternehmensinsolvenzen geht deren Zahl 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 332 Verfahren oder 15,3 Prozent erneut zurück.
Insgesamt wurden im Jahr 2021 bei den bayerischen Gerichten 12 779 Insolvenzverfahren beantragt. Hiervon entfallen 1 840 Verfahren auf Unternehmen und 10 939 Verfahren auf die so genannten übrigen Schuldner. Zu letzterem zählen Verbraucherinsolvenzen, Insolvenzen von ehemals selbstständig Tätigen und von natürlichen Personen als Gesellschafter u.Ä. sowie von Nachlässen und Gesamtgut. Mit 7 104 Verfahren stellen die Verbraucherinsolvenzen unter den Insolvenzen der übrigen Verbraucher den größten Teil. Während die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 332 Verfahren (15,3 Prozent) wiederholt zurückgeht, nimmt die Zahl der Insolvenzen der übrigen Schuldner im gleichen Zeitraum um 4 780 Verfahren (77,6 Prozent), darunter die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um 3 373 Verfahren (90,4 Prozent), zu. Der im Vorjahresvergleich starke Anstieg in den Verfahren der übrigen Schuldner und darunter insbesondere der Verbraucher erklärt sich aus einer Veränderung im Beantragungsverhalten.
Das Bekanntwerden eines Regierungsentwurfs zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre führt ab Juli 2020 zu einer Zurückhaltung bei der Beantragung von Verfahren. Erst als im Dezember 2020 bekannt wird, dass das Gesetz zum 01. Januar 2021, rückwirkend zum 01. Oktober 2020, in Kraft tritt, endet die Zurückhaltung. In den ersten Monaten des Jahres 2021 erreicht die Zahl der Insolvenzen der übrigen Schuldner Höchststände (s. Abbildung 1, oben). Durch diese Veränderung im Beantragungsverhalten verschieben sich Beantragungen systematisch von 2020 nach 2021. Der Effekt: Zahlen für 2020 erscheinen besonders niedrig, Zahlen für 2021 hingegen im Vorjahresvergleich besonders hoch. Die durch die Zurückhaltung in 2020 ausgebliebenen Beantragungen werden bis ins dritte Quartal 2021 nachgeholt (s. Abbildung 1, unten). Vorjahresvergleiche lassen hierdurch einen Anstieg in der Zahl der Insolvenzen der übrigen Schuldner und der darin enthaltenen Verbraucherinsolvenzen deutlich überschätzen.
Die detaillierte Darstellung der Entwicklungen in der Zahl der beantragten Insolvenzverfahren im Kontext der Coronapandemie findet sich im Beitrag „Ein Schlaglicht auf die Insolvenzstatistik: Die Auswirkungen der Coronapandemie auf das Insolvenzgeschehen in Bayern“. Dieser ist in der November Ausgabe 2021 der Zeitschrift „Bayern in Zahlen (BiZ)“ zu finden.
dpa/PM/MS