Seit 2018 wird am 20. Mai der Weltbienentag gefeiert. An diesem Tag wurde 1734 der Pionier der modernen Imkerei Anton Janša geboren. Unter dem Motto „Rettet die Bienen“ haben Hunderttausende in Bayern sich vergangenes Jahr für den Schutz der gelb-schwarz gestreiften Tiere eingesetzt. Durch neue Gesetze im Freistaat soll die Artenvielfalt gerettet werden. Doch das wird nicht reichen, und das Umdenken dauert. In Privatgärten fühlen sich Insekten oft nicht wohl.
Passend zum Weltbienentag haben wir hier einige Impressionen für Sie. Mehr zu den Bienen sehen Sie am Freitag (22.05.20) ab 18 Uhr im TVA Journal!
Sie gehören zu den Fleißigsten im Wald und wohl kaum jemand ist ihnen noch nicht begegnet – den Bienen in unseren bayerischen Staatswäldern. Mittlerweile ist der Wald sogar mancherorts zur wichtigsten Nektar- und Pollenquelle für Bienen geworden. Aber auch der Forst profitiert von mehr Bienen. Denn die Honig- und Wildbienen bestäuben die dort vorherrschenden Blütenpflanzen. Und das ist wichtig: Rund 90 % aller Pflanzen sind auf Fremdbestäubung angewiesen. Eine optimale Bestäubung gewährleistet eine bessere Qualität von Früchten und Samen, eine höhere genetische Vielfalt und eine größere Biodiversität des Lebensraumes.
Die Bayerischen Staatsforsten und die drei großen Bayerischen Imkerverbände – Landesverband Bayerischer Imker e.V., Verband Bayerischer Bienenzüchter und Bayerische Imkervereinigung – setzen sich deshalb gemeinsam für die Bienen in Bayern ein. Zum Beispiel indem in den Wäldern und Flächen im bayerischen Staatswald mehr Lebensräume für Bienen geschaffen werden. Auch der Waldumbau hin zu Mischwäldern trägt dazu bei, mehr Lebensraum für Wild- und Honigbiene zu generieren. In den strukturreichen Wäldern und Waldrändern gibt es ein vielfältiges Nahrungsangebot bis weit in den Sommer hinein, wenn anderorts nur noch wenig blüht. Zudem wurde der Austausch zwischen Förstern und Imkern gestärkt. Ergänzend stellen alle staatlichen Forstbetriebe in Bayern für Hobbyimker und -imkerinnen als auch für Imkervereine kostenfrei Flächen für das Aufstellen von Bienenvölkern zur Verfügung. Dazu müssen Hobbyimker nur bei Ihrem zuständigen Forstbetrieb anfragen.
Während Honigbienen ausnahmslos in Bienenstöcken leben und dort Völker mit bis zu 50.000 Individuen bilden, stellen Wildbienen meist als Einsiedler sehr unterschiedliche Ansprüche an ihre Nistplätze. Etwa die Hälfte der bekannten Wildbienenarten nistet sogar unter der Erde und nutzt dazu häufig von anderen Insekten gebaute Gänge als Bruthöhle. Sogar leere Schneckenhäuser oder Pflanzenstängel sind beliebte Lebensräume – und besonders gerne auch morsches Holz, sogenanntes Biotopholz, wie es in den heimischen Wäldern seit vielen Jahren verstärkt von den Försterinnen und Förstern der Bayerischen Staatsforsten angereichert wird. In künftigen Planungen der Forstbetriebe und den regionalen Naturschutzkonzepten werden die Ansprüche der Bienen noch stärker als bisher berücksichtigt und so die positiven Auswirkungen von Bienen auf unseren Wald verstärkt.
Löwenzahn, Distel, Klee, ungemähte Wiese – ein gepflegter Garten sieht anders aus. Wo mancher Nachbar die Nase rümpft, kann für Insekten das Paradies liegen. Bienen, Hummeln und Schmetterlinge finden Nahrung. Wo hingegen der Rasenroboter das Gras millimetergenau auf Höhe hält und dicke Blüten gefüllter Dahlien, Rosen, aber auch Tulpen und Narzissen leuchten, bleiben sie hungrig. Zugunsten der Optik haben viele gezüchtete Blumen zurückgebildete oder keine Staubblätter – und damit keine Pollen und keinen Nektar.
Wissenschaftler werben zum Weltbienentag am Mittwoch (20. Mai) für weniger akkurate Pflege und mehr Unordnung in Gärten und Grünanlagen. „Je schlampiger das aussieht, desto besser ist es für die Insekten“, sagt Andreas Segerer von der Zoologischen Staatssammlung München. „Man kann auf den ersten Blick den Artenreichtum einer Wiese und eines Parks daran schätzen, wie viele unterschiedliche Farben, Formen und Strukturen man sieht.“
Die Vereinten Nationen haben den Weltbienentag 2018 ins Leben gerufen, um auf mehr Schutz der Bienen zu drängen. Bayern ist Vorreiter. Fast 1,75 Millionen Menschen hatten hier Anfang 2019 das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ mit ihrer Unterschrift unterstützt, im Juli verabschiedete der Landtag strengere Regeln im Umwelt-, Natur- und Artenschutz, nicht nur für die Bienen. Biotope sollen besser vernetzt, Gewässerrandstreifen an Äckern und Straßen mehr geschützt, der Einsatz von Pestiziden eingeschränkt und der ökologische Anbau ausgebaut werden.
Das Volksbegehren habe viele sensibilisiert, sagt Petra Friedrich vom Deutschen Imkerbund. Dennoch sehe man vielerorts weiter Schottergärten und kurz gemähte Rasenflächen. „Wenn man in so eine Neubausiedlung hineinschaut, dann ist das nicht nur für Insekten eine Wüste.“ Ihre Botschaft: „Ihr müsst nicht Imker werden, um Bienen zu helfen.“ Vor allem Wildbienen seien bedroht. Bundesweit leben etwa 580 Arten, an die 40 gelten als ausgestorben. Anders als Honigbienen, die als „Haustiere“ mit Zuckerwasser über den Winter gebracht und medikamentös gegen Krankheiten geschützt werden, leben Wildbienen allein. Sie sind auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen und leisten gerade hier wichtige Arbeit beim Bestäuben.
Segerer sieht Bayern mit seinen neuen Regelungen für Deutschland in einer Vorbildfunktion. Die Wirkmächtigkeit dessen, was auf den Weg gebracht wurde, reiche aber nicht. „Der Flächenfraß als wesentlicher Faktor beim Insektensterben ist davon überhaupt nicht tangiert.“ So seien etwa die Genehmigung von Pestiziden und Düngeregeln nicht Sache des Freistaates. Auch der durch intensive Landwirtschaft und Verkehr angereicherte Stickstoff, der einen düngenden Effekt auf Pflanzen hat, schade. „Das ist wie im Schlaraffenland: Der Tisch ist gedeckt – aber die meisten Arten sind an Mangelbedingungen angepasst.“ Sie gehen ein – «und mit ihnen Insekten, die von ihnen lebten, und damit andere Insekten, die auf diese Insekten angewiesen sind. Das gibt Dominoeffekte».
Teils änderten sich mit der Düngung die Inhaltsstoffe der Pflanzen, was einigen Raupen nicht bekomme, sagt Segerer. Auch Duftstoffe einer Pflanzen können sich durch Überdüngung wandeln, Schmetterlinge oder andere Insekten erkennen sie dann nicht mehr. Honigbienen verloren durch Pestizide die Orientierung und fanden nicht mehr zu ihrem Volk. Zudem wurden sie anfälliger gegen Krankheiten, etwa die Varroa-Milbe.
Düngung, Pestizide – Hauptproblem bleibt Wissenschaftlern zufolge die intensive Landwirtschaft. Bundesweit wurden 2018 nach Daten des Umweltbundesamtes 50,8 Prozent der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt. Siedlung und Verkehr nahmen 13,9 Prozent ein. Teils sind die Städte artenfreundlicher als das Umland. Laut Friedrich vom Deutschen Imkerbund ist das einer der Gründe für den Trend zum Imkern in der Stadt. „Die Bedingungen sind besser als auf dem Land. Durch Parks, Friedhöfe und Kleingärten gibt es ein vielfältigeres Nahrungsangebot.“
Die Bauern weisen die alleinige Schuld am Artensterben von sich. Sie hätten „nach wie vor großes Unverständnis“, dass sie als einzige Gesellschaftsgruppe zusätzliche Auflagen beachten sollten. „Die Umsetzung des Volksbegehrens bleibt bisher einseitig“, sagt Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes. „Bis heute gibt es keine verbindlichen Vorgaben für mehr Artenvielfalt bei Kommunen, Hausbesitzern, Kirchen oder Industrie.“ Aber: „Insekten, Bienen und Artenschutz gehen alle an.“
Stefan Spiegl, Präsident des Landesverbands Bayerischer Imker, sieht durch das Volksbegehren mehr Aufmerksamkeit für Bienen, aber noch kaum Veränderungen. „Ich denke, dass es ein paar Jahre braucht, bis die Maßnahmen Wirkung zeigen.“ Auch der Klimawandel betrifft nach seiner Beobachtung die Bienenvölker. Durch die größere Trockenheit hätten Pflanzen weniger Nektar. Der direkte Wechsel von Winter auf Sommer ohne Frühjahr führe zudem dazu, dass die Bienenvölker zur Blütezeit nicht ihre volle Stärke hätten, da der Nachwuchs erst schlüpfe.
Segerer sieht im Schwund der Arten eine noch größere Bedrohung für die Welt als im Klimawandel. „Bei Artensterben und Überdüngung der Erde sind wir im ultraroten Bereich.“ Nach Segerers Einschätzung ist ein Massenartensterben im Gange wie zuletzt nach dem Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren. Damals seien rund 76 aller Arten verschwunden. Die Corona-Krise zeige: „Kipppunkte können überraschend schnell das ganze System nach unten reißen.“ Wenn mit dem Artenschwund Ökosysteme zusammenbrechen, drohten gesellschaftliche Konflikte um immer knappere Ressourcen. Die Gefahr steige. Denn: „Die Zerstörung der Lebensräume geht weiter.“
Pressemitteilung Bayerische Staatsforsten / dpa / mb