Viele bayerische Gartenbesitzer möchten ihre Hecken vor dem nächsten Grillabend oder Sommerfest in Form bringen. Doch ein unbedachter Schnitt kann eine traurige Überraschung mit sich bringen: Amselküken, die im Dickicht der Hecke auf ihre Eltern warten, sind nach dem Schnitt ungeschützt der Witterung ausgesetzt oder werden schnell von Nesträubern gefressen.
Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) bittet daher um Geduld.
„Noch bis Ende Juli brüten viele Singvögel wie Amsel, Rotkehlchen und Zaunkönig im Schutz des dichten Laubes in Gärten, Friedhöfen und Parks. Heckenschnitte können die Vögel jetzt so stark stören, dass sie ihre Brut aufgeben“, sagt LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson.
Erst ab dem 1. Oktober, nach Ende der Brutzeit, dürfen laut Bundesnaturschutzgesetz Hecken und Bäume wieder geschnitten werden.
Der LBV erhält derzeit vermehrt Anrufe von Bürgern, die über radikale Heckenschnitte während der Brutzeit berichten. Immer wieder werden tot aufgefundene Jungvögel unter frisch gestutzten Hecken gemeldet.
„Schonende Form- oder Zuwachsschnitte an Hecken sind zurzeit erlaubt. Aber auch dabei sollte man vorher genau prüfen, ob fütternde Vogeleltern im Gebüsch ein und aus fliegen oder laut rufen, wenn man sich der Hecke nähert. Das deutet darauf hin, dass Jungvögel im Dickicht sitzen“, erklärt Dr. Nelson.
Laut Bundesnaturschutzgesetz ist jeder verpflichtet, beim Heckenschnitt darauf zu achten, dass Vögel und andere Wildtiere nicht mutwillig gestört und ihre Lebensstätten nicht zerstört werden.
„Oft genügt es, einzelne Äste, die weit in den Weg ragen, abzuschneiden. Einen radikalen Schnitt, wie das auf den Stock setzen, sollte man erst am Ende der Wachstumsperiode im Oktober vornehmen“, empfiehlt Nelson.
Hecken sind wertvolle Lebensräume und bieten vielen Vögeln und Säugetieren Rückzugsmöglichkeiten. Die Tiere ziehen hier ihren Nachwuchs auf und finden gute Versteckmöglichkeiten und sichere Schlafplätze. Manche Singvögel brüten im Sommer ein zweites Mal und werden durch einen frühen Heckenschnitt erheblich gestört. Auch botanisch ist Geduld gefragt. Pflanzen erleben oft einen zweiten Wachstumsschub.
„Wer zu früh zur Heckenschere greift, muss meist ein zweites Mal schneiden und hat dabei mehr Arbeit. Am besten schneidet man Hecken in der laubfreien Zeit im Herbst“, so Dr. Nelson.
„Private Gärten und öffentliche Grünflächen sind enorm wichtige Lebensräume im urbanen Raum, besonders wenn sie naturnah mit heimischen Hecken und Sträuchern gestaltet sind. Diese Flächen tragen sowohl zur Artenvielfalt als auch zu einem angenehmen Stadtklima bei“, ergänzt die Biologin.
Im Sinne des Klimaschutzes sollten kleinräumige Grünflächen in ihrer Strukturvielfalt in Bayerns Städten entsprechend geschützt werden.
Nach § 39 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz dürfen Bäume außerhalb des Waldes, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze vom 1. März bis zum 30. September nicht geschnitten oder beseitigt werden; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Entfernung des Zuwachses oder zur Gesunderhaltung der Pflanzen.
LBV / MB