Mo, 14.03.2022 , 18:34 Uhr

UKR: Zwei Jahre Corona-Pandemie und ECMO-Versorgung am Limit

Am 14. März 2020, genau vor zwei Jahren, erreichte das Coronavirus das Universitätsklinikum Regensburg (UKR). Der erste Patient mit einer SARS-CoV-2-Infektion wurde auf Intensivstation aufgenommen. Auch die ECMO-Therapie ist seitdem stark in den öffentlichen Fokus gerückt.

Bereits vor der Pandemie  wurden am UKR jährlich weit über 100 Patienten mittels Extrakorporaler Membranoxygenierung (EMCO) behandelt. Damit gehört das UKR zu den deutschlandweit führenden Experten auf diesem Gebiet.

 

EMCO- Lebensrettende künstliche Lunge

ECMO, an diesen vier Buchstaben hängt in vielen Kliniken das Leben der Patienten. Gerade seit das Coronavirus die Welt in Schach hält, ist die Extrakorporale Membranoxygenierung, oder eben ECMO, vielen Menschen ein Begriff. Denn spätestens, wenn ein Patient eine Therapie an der sogenannten „künstlichen Lunge“ benötigt, weil eine Beatmung über die eigene Lunge nicht mehr ausreicht, ist jedem bewusst: die Situation ist lebensbedrohend. Das Leben hängt nur noch an dieser Maschine und an den Experten, die sie bedienen.

„Die Maschine kommt zum Einsatz, wenn die Lunge oder auch das Herz stark geschädigt ist. Die ECMO-Therapie ist dann in der Regel das letzte Mittel, um die Patienten am Leben zu halten“,

erklärt Professor Dr. Bernhard Graf, Direktor der Klinik für Anästhesiologie sowie stellvertretender Ärztlicher Direktor und Pandemiebeauftragter des UKR.

 

ECMO-Therapie als letzte Hoffnung für schwerstkranke COVID-19-Patienten

Doch gerade dieses Ziel, mittels ECMO die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff bis zur Erholung der Lunge bzw. des Herzens zu überbrücken, wird durch die komplexen und langwierigen Verläufe einer SARS-CoV-2-Infektion, wie sie sich während der letzten Pandemie-Wellen in den Krankenhäusern gezeigt haben, deutlich erschwert.

Eine aktuelle Studie (Karagiannidis et al. Critical Care (2021) 25:413 https://doi.org/10.1186/s13054-021-03831-y) zeigt, dass während der ersten drei Wellen der Coronavirus-Pandemie deutschlandweit etwa 68 Prozent der COVID-ECMO-Patienten verstarben, nur 32 Prozent überlebten. Das UKR hebt sich von diesen Zahlen deutlich ab.  So konnten während der ersten drei Wellen 58 Prozent der COVID-ECMO-Patienten wieder aus dem künstlichen Koma geholt werden.

„Diese Zahl ist nicht nur im Vergleich mit den vorliegenden Studiendaten beeindruckend, sondern auch im Hinblick auf unser besonderes Patientenklientel ein beachtlicher Erfolg für uns, die wir an der Behandlung beteiligt sind, vor allem aber für unsere Patienten“,

so PD Dr. Dirk Lunz, Leiter der Anästhesiologischen Intensivmedizin des UKR und für die ECMO-Transporte am UKR verantwortlich.

Das Universitätsklinikum Regensburg behandelt als Supramaximalversorger der Region Ostbayern und als zertifizierter ECMO-Standort schwerstkranke und -verletzte Patienten weit über sein Einzugsgebiet hinaus.

„Die COVID-Patienten, die bei uns intensivmedizinisch versorgt werden, werden in der Regel von anderen Kliniken zu uns verlegt. Das heißt, wir versorgen vor allem jene Patienten weiter, für die an anderen Häusern bereits alle Therapieoptionen ausgeschöpft sind“,

gibt PD Dr. Lunz zu bedenken. Die Liegezeit an der ECMO variiert dabei je nach Erkrankung und Zustand des Patienten zwischen einer Woche und drei Monaten.

„Bei durch SARS-CoV-2-Infektionen verursachten Pneumonien sind diese schwerstkranken Patienten zum Teil sogar länger als 100 Tage an der ECMO angeschlossen“,

so PD Dr. Lunz weiter.

 

ECMO-Verfahren nicht nur für Corona-Patienten wichtig

Neben Notarzteinsätzen und Patiententransporten in der Coronavirus-Pandemie wird das ECMO-Verfahren auch bei akutem Lungenversagen infolge von Verletzungen oder Erkrankungen wie Pneumonie oder Sepsis, bei Herzkrankheiten oder während Herzoperationen in der modernen Intensiv- und Notfallmedizin eingesetzt. Durch ECMO wird die Herz-Lungen-Funktion außerhalb des Körpers unterstützt. Über ein Schlauchsystem wird das sauerstoffarme Blut des Patienten in eine künstliche Lunge außerhalb des Körpers abgeführt, wo es mit Sauerstoff angereichert und Kohlenstoffdioxid entfernt wird. Anschließend wird das Blut dem Körper mittels einer Pumpe über das Schlauchsystem wieder zugeführt.

„Dieses Verfahren entlastet die angegriffene Lunge oder auch das Herz unserer Patienten. Im besten Fall können sich die geschädigten Organe wieder vollständig regenerieren, dann entwöhnen wir die Patienten schrittweise wieder von der ECMO “,

schildert PD Dr. Lunz das Vorgehen und den optimalen Therapieverlauf.

 

Das UKR ist das einzige zertifizierte ECMO-Zentrum in Deutschland

Die mobile extrakorporale Lungen- und Herz-Kreislauf-Unterstützung ist ein medizinischer Schwerpunkt des Universitätsklinikums Regensburg.

„Unser ECMO-Zentrum zählt zu den leistungsfähigsten und kompetentesten Zentren weltweit. Aus diesem Grund wurde uns 2021 auch erneut der ‚Award for Excellence in Extracorporeal Life Support – Platinum Level‘, die höchste Auszeichnung der internationalen Extracorporeal Life Support Organization (ELSO), verliehen. Diese Auszeichnung würdigt unseren Einsatz, mit dem wir in den vergangenen 20 Jahren aktiv zur Weiterentwicklung der Einsatzmöglichkeiten der ECMO beigetragen haben und das natürlich auch weiterhin tun“,

erklärt Professor Dr. Thomas Müller, Leiter der Intensivmedizin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR.
Pionierarbeit hat das UKR unter anderem mit der Entwicklung der weltweit kleinsten, tragbaren Herz-Lungen-Maschine geleistet.

„Die ECMO war früher eine unhandliche, mehrere hundert Kilo schwere Maschine und für den mobilen Einsatz ungeeignet. Das hat viele Patienten schon von einer ECMO-Therapie ausgeschlossen, weil sie schlichtweg nicht transportiert werden konnten. Außerdem konnte vor der Entwicklung des Miniaturmodells die ECMO auch nicht für Notfalleinsätze verwendet werden“,

kommentiert Professor Müller.

 

ECMO-Mobil

Ein weiteres Novum am UKR war die Einführung des ECMO-Mobils, mit dem ein Team aus Anästhesist und Kardiotechniker gezielt zu Notfällen mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand gerufen werden können. So kann die Herz-Lungen-Maschine unmittelbar am Einsatzort am Patienten angeschlossen werden, womit sich eine umgehende und ausreichende Sicherstellung der Herz-Kreislauf-Funktion und der Sauerstoffversorgung des Körpers erzielen lässt.

Um den Patienten eine möglichst große Überlebens- und Genesungschance zu ermöglichen, müssen verschiedene medizinische Fachbereiche eng verzahnt zusammenarbeiten. Am UKR sind dies Intensivmediziner aus dem Bereich der Anästhesiologie, Kardiologie und Herzchirurgie sowie der Kinder- und Jugendmedizin für unsere kleinen Patienten. Unterstützt werden diese Bereiche am UKR stets von der Kardiotechnik, die einen nicht unwesentlichen Teil bei der Entwicklung und technischen Umsetzung dieser komplexen Therapieform schultert.

 

Uniklinikum Regensburg/JM

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