Die Bertelsmann Stiftung sieht die bayerische Kommunal-Stichwahl am vergangenen Wochenende als Modell für eine Ausweitung der Briefwahl in Deutschland. Die Stiftung hatte bereits vor vier Jahren dafür geworben, den Bürgern in Deutschland generell die Wahlunterlagen ins Haus zu schicken. Die Stichwahl im Freistaat fand nun wegen der Corona-Krise kurzfristig nur als Briefwahl statt. Im Ergebnis war die Wahlbeteiligung oftmals höher als beim ersten Durchgang zwei Wochen zuvor, als die Wahllokale noch geöffnet waren.
Auf die damalige Initiative der Bertelsmann Stiftung habe es keine große Resonanz in Deutschland gegeben, sagte Robert Vehrkamp, Demokratieexperte der Stiftung. Er hofft, dass das Thema nun durch die Bayernwahl wieder in Gang kommt. Bei den für 13. September 2020 geplanten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen könnten ebenfalls allen Wählern die Unterlagen zugeschickt werden.
Vehrkamp verweist auf Erfahrungen aus den USA, wonach mit dieser Methode die Wahlbeteiligung in den Kommunen signifikant gesteigert werden könne. «Der Effekt auf die Wahlbeteiligung ist eigentlich ziemlich unstrittig.»
Das bayerische Innenministerium sieht die Wahl in der Krise aber nicht als Modell für die Zukunft. Das Bundesverfassungsgericht gehe von einem «Leitbild der Urnenwahl» aus, erklärte eine Ministeriumssprecherin. Wenn nun künftig allen generell unaufgefordert Briefwahlunterlagen zugesendet würden, wäre das daher mit einem erheblichen verfassungsrechtlichen Risiko verbunden.
dpa