Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will erneut Behörden wie Ministerien aus München in den ländlichen Raum verlagern. «Nach dem jüngsten Bericht zur Bevölkerungsentwicklung ist es jetzt notwendig, in strukturschwachen Gebieten die Dynamik zu erhöhen und gleichzeitig den boomenden Ballungsraum München zu entlasten», sagte der CSU-Chef der Deutschen Presse-Agentur in München. Er kündigte an, in der kommenden Woche bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Seeon ein neues Konzept vorlegen zu wollen. Welche Behörden es betreffen werde, wollte er auf Nachfrage nicht verraten. Nur soviel: «Wir müssen auf die Herausforderungen reagieren und deshalb braucht es einen weiteren großen Aufschlag an Behördenverlagerungen.»
Die Staatsregierung hat bereits im März 2015 ein umfassendes Konzept zur Behördenverlagerung in Angriff genommen – damals war Söder als Finanz- und Heimatminister federführend verantwortlich. Das von der Opposition im Landtag massiv kritisierte Konzept «Regionalisierung von Verwaltung – Behördenverlagerungen 2015» sieht bis zum Jahr 2025 64 Verlagerungsprojekte mit 3155 Personen (2225 Arbeits- und 930 Studienplätze) vor – dabei soll kein Mitarbeiter gegen seinen Willen zum Wechsel gezwungen werden. Seither hat etwa das Finanz- und Heimatministerium in Nürnberg eine Niederlassung eröffnet. Das Konzept geht davon aus, dass mit den Behörden und den Mitarbeitern auch Wirtschaftskraft umsiedelt, wenn diese etwa mit ihren Familien umziehen.
«Vor fünf Jahren haben wir die erste große Welle an Behördenverlagerungen gestartet. Jetzt sollten wir die zweite Stufe der Rakete zünden», betonte Söder. Die Bevölkerungsprognose zeige ein enormes Wachstum gerade in München. «Hier müssen wir für ein vernünftiges und moderates Wachstum sorgen.»
Vor einer Woche hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die neue Bevölkerungsprognose für Bayern vorgestellt. Demnach wird der Freistaat im Jahr 2038 mit rund 13,6 Millionen Menschen deutlich mehr Einwohner haben, jedoch sagen die Statistiker eine sehr unausgewogene Verteilung voraus: Während vor allem in Oberbayern und in der ohnehin schon unter Wohnungsnot und Platzmangel leidenden Landeshauptstadt München der Zuwachs hoch bleibt, müssen etwa Unter- und Oberfranken mit einem Rückgang an Einwohnern rechnen.
Für Söder ein Grund schnell zu handeln: «In Seeon steht die Landesentwicklung im Mittelpunkt. Es geht um die Balance von Stadt und Land», sagte er. Seine Regierung arbeite an einem großen Konzept, um in den nächsten Jahren weiter behördliche Arbeitsplätze aus München in strukturschwache Regionen zu verlagern. Und damit nicht genug: «Daneben geht es auch um neue Studienplätze in ganz Bayern und gerade auch im ländlichen Raum.»
Wenn die CSU-Abgeordneten in der kommenden Woche erstmals in ihrer Geschichte – und eine Woche nach den CSU-Bundestagsabgeordneten – im Kloster Seeon unweit des Chiemsees zusammenkommen, dürfte aber nicht nur die Behördenverlagerung mitsamt Details für Diskussionen sorgen. Wie aus Söders Umfeld zu hören ist, könnte sich dann auch eine wichtige Personalie klären. Dem Vernehmen nach könnte im Laufe der Woche bereits die Nachfolge von Bau- und Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) geregelt werden. Reichhart tritt bei der Kommunalwahl in seinem schwäbischen Heimatlandkreis Günzburg an, um den Posten des Landrates zu übernehmen.
Für Söders Kabinett wird damit erstmals seit der Landtagswahl eine Umstellung notwendig. Jede Nachfrage blockt der Regierungschef bislang zu dem Thema ab. Denkbare Lösungen gibt es mindestens so viele wie Fragezeichen hinter den Spekulationen. Denkbar wäre eine kleine Lösung, also eine einfach Nachbesetzung aus den Reihen der Fraktion heraus, ebenso, wie eine große Lösung, also eine Kettenreaktion, bei der gleich mehrere (neue) Minister neue Posten antreten. Offen ist auch, ob sich Söder bei der Nachbesetzung an den Regionalproporz hält – sprich, ob im Kabinett ein Schwabe nachrückt und ob Söder die Gelegenheit nutzt, die Frauenquote zu verbessern.
dpa