Mo, 15.04.2019 , 07:46 Uhr

Sea-Eye: Besatzung darf nicht nach Malta einreisen

Die 64 Geretteten der „Alan Kurdi“ sind seit Samstagnachmittag in Sicherheit. Nach 10 Tagen Seeblockade holte die maltesische Army schließlich auch die verbliebenen 62 Menschen ab. Zwei Frauen wurden zuvor aus medizinischen Gründen evakuiert. Die Freude über die abgeschlossene Rettung der Menschen, mit denen die Besatzung der „Alan Kurdi“ so viele Tage verbrachte, wurde jedoch schnell mit dem abschlägigen Bescheid überlagert, dass Malta der Besatzung die Einreise verweigert.

„Wir haben 64 Menschen das Leben gerettet. Das bleibt für immer.“,sagt der Hamburger Kapitän Werner Czerwinski. Es war sein erster Einsatz als Kapitän eines Schiffes, dass von einer Hilfsorganisation betrieben wird. Für seine Crew muss der Kapitän nun einen anderen Hafen anfahren.

Schon im Januar verweigerte Malta der „Alan Kurdi“ einen Austausch der Besatzung. Die ehrenamtliche Crew durfte das Schiff jedoch verlassen. Auch hier handelt Malta nun noch härter gegen Sea-Eye. „Formal kann man halt gegen Sea-Eye und unser Schiff nichts unternehmen. Wenn Malta also solche Maßnahmen anwendet, dann muss man klar von Schikane sprechen.“  sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V. Die meisten Crewmitglieder sind ehrenamtlich an Bord. Daheim warten familiäre und berufliche Verpflichtungen auf Teile der Sea-Eye-Crew. Die besorgte Mutter eines Besatzungsmitgliedes spricht von einer Verletzung der Rechte ihrer Tochter und wird sich ans Lagezentrum des Auswärtigen Amtes wenden. Die Crewmitglieder sind wütend und schwer enttäuscht.

„Wir können Malta nicht dazu zwingen, unsere Crewmitglieder an Land zu lassen. Wir verurteilen den Missbrauch staatlicher Machtbefugnisse und die illegale Einschränkung der Freiheit unserer Besatzungsmitglieder, die zuletzt ihre eigene Gesundheit riskierten, um Menschenleben zu retten.“ – Gorden Isler, Vorsitzender Sea-Eye

Juristen befassen sich ehrenamtlich bereits in Italien und Deutschland mit dem sogenannten Fall der „Alan Kurdi“‚ Offenkundig kam es in den Tagen nach dem Rettungseinsatz vom 3. April zu mehreren Verletzungen staatlicher Schutzpflichten. „Wir sahen Verletzungen der Menschenrechte auf Freiheit, körperlicher Unversehrtheit und dem Schutz der Familie. Wir werden intensiv prüfen, welche Rechtsmittel uns zur Verfügung stehen. Kein Politiker steht über dem Gesetz.“ sagt Isler weiter.

Die „Alan Kurdi“ fährt nun Richtung Spanien. Aufgrund der Seeblockade musste die Folgemission abgesagt werden. Die Hilfsorganisation muss nun eine weitere große Aufgabe bewältigen. Eine Werftpause muss eingelegt werden. Das Schiff muss aus dem Wasser. „Das wird sehr viel Geld kosten. Aktuell reichen die Spenden dafür noch nicht aus. Wir werden das Gespräch mit unseren Unterstützern suchen, um die Alan Kurdi schnell wieder einsetzen zu können, denn der Juni des vergangenen Jahres, war der tödlichste Monat vor der libysche Küste. Bis dahin müssen wir es schaffen.“ sagt Isler.

Ein Krieg droht in Libyen. In Kürze könnten dann selbst Libyer auf Schlauchboote steigen, um sich in Europa in Sicherheit zu bringen. Ein humanitäres Desaster und weitere verheerende Verluste von Menschenleben drohen.

Crewmitglied musste evakuiert werden

Freitagnacht musste nun erstmalig ein Crewmitglied der „Alan Kurdi“ von der maltesischen Army abgeholt und an Land gebracht werden. Crewman „Ecki“ ist seit 24 Tagen Hilfsmaschinist. Es ist nicht sein erster Einsatz an Bord eines Sea-Eye Schiffes. „Unser Crewmitglied litt unter zunehmenden Erschöpfungserscheinungen und zuletzt unter schweren Kreislaufbeschwerden. Die „Alan Kurdi“ ist derzeit so ziemlich der letzte Ort, auf dem man sich erholen kann.“ beschreibt Einsatzleiter Jan Ribbeck die Gründe für die Evakuierung. Die Maschinenwache muss nun von zwei, statt von drei Maschinisten durchgeführt werden.

Es ist die dritte medizinische Evakuierung innerhalb von 3 Tagen. Inzwischen verkündeten einzelne EU Mitgliedsstaaten, dass sie zur Aufnahme von Geretteten an Bord der „Alan Kurdi“ bereit wären. „Es ist einfach unbegreiflich, warum es notwendig und richtig sein soll, dass die Leute an Bord bleiben, während Regierungen über 64 Einzelschicksale diskutieren.“ sagt Gorden Isler, Sprecher von Sea-Eye e.V. Tatsächlich werden Schiffe mit geretteten Menschen erst seit wenigen Monaten blockiert. „Man darf jetzt nicht so tun, als wäre das der Normalzustand. Wie soll man sich denn darauf vorbereiten, dass sich Regierungen im Streit um Zuständigkeiten verlieren, statt zu tun was offensichtlich richtig ist? Menschen helfen, die Hilfe brauchen.“ sagt Isler weiter.

Die Situation an Bord kann sich nicht mehr von allein verbessern. Die „Alan Kurdi“ braucht einen sicheren Hafen. Die politisch Verantwortlichen müssen jetzt handeln, statt nur zu verhandeln.

 

Pressemitteilung Sea-Eye

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