Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat weitreichende Öffnungsschritte in der Corona-Pandemie angekündigt. «Wir können zuversichtlicher nach vorne schauen, als wir das in den letzten Wochen konnten», sagte Scholz am Mittwoch in Berlin nach Beratungen von Bund und Ländern. Er sprach von einem «ganz besonderen Tag» in der Pandemie. Deutschland sei im Vergleich zu Nachbarländern besser durch die Omikron-Welle gekommen. Der Scheitelpunkt sei mittlerweile wohl erreicht.
Mit den Maßnahmen von Bund und Ländern sei erreicht worden, dass Gesundheit und Leben geschützt worden seien und ein Lockdown verhindert werden konnte. Die Pandemie sei aber noch nicht vorbei, sagte der Kanzler. Man dürfe bei allem Optimismus nicht unvorsichtig werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält am Ziel einer verpflichtenden Corona-Impfung fest. Das betonte er am Mittwoch nach den Bund-Länder-Beratungen in Berlin. Trotz der für den Frühling vorgesehenen Lockerungen dürfe nicht vergessen werden, dass es auch wieder einen Herbst und einen Winter geben werde, mahnte Scholz. Deshalb bleibe es richtig, die Gesetzgebung für eine allgemeine Impfpflicht vorzubereiten. «Sie wird genau dann notwendig sein, wenn das Wetter wieder kälter wird.» Zuletzt war der Gesetzgebungsprozess im Bundestag ins Stocken geraten.
Geimpfte und Genesene sollen sich wieder ohne Begrenzung treffen dürfen. Die momentan noch geltende Begrenzung auf zehn Personen fällt weg. Ist auch nur ein Nicht-Geimpfter dabei, bleibt es aber bis zum 19. März bei der geltenden Regelung: Treffen sind mit höchstens zwei Personen aus einem anderen Haushalt erlaubt.
Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte beim Shopping werden dort, wo sie noch gelten, aufgehoben. Wie im Supermarkt soll wieder jeder in allen Läden einkaufen können ohne irgendeinen Nachweis. Die Maskenpflicht bleibt - ob FFP2- oder OP-Maske entscheiden die Länder.
Auch wer nicht geimpft ist, soll ab dem 4. März wieder ins Restaurant dürfen. Hotels sollen dann ebenfalls wieder allen offen stehen. Voraussetzung ist die Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises oder eines negativen Tests (3G). Berücksichtigt werden soll bei diesem Öffnungsschritt aber die Lage in den Kliniken.
Diskotheken und Clubs dürfen wieder öffnen, allerdings zunächst nur für Genesene und Geimpfte mit zusätzlichem Test oder Booster-Impfung (2G plus).
Die zulässige Zuschauerzahl wird erhöht. Stadien dürfen maximal zu drei Vierteln gefüllt werden, höchstens aber mit 25 000 Menschen. Drinnen dürfen es 60 Prozent Auslastung, aber maximal 6000 Zuschauerinnen und Zuschauer sein. Der Zugang ist zunächst weiterhin auf Genesene und Geimpfte beschränkt.
Ab dann «sollen alle tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen entfallen, wenn die Situation in den Krankenhäusern dies zulässt». Das ist auch geltende Rechtslage nach dem Infektionsschutzgesetz: Zahlreiche Maßnahmen wie die Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen zu Veranstaltungen, Gastronomie oder Verkehrsmitteln und das Vorzeigen von Impf- Genesenen- oder Testnachweisen dürfen nur noch bis zum 19. März angewandt werden. Auch Zuschauerhöchstgrenzen oder Obergrenzen für private Treffen, ob geimpft oder nicht geimpft, müssten nach diesem Datum wegfallen.
Arbeitgeber sollen ab dem 20. März nicht mehr verpflichtet sein, ihren Beschäftigten, wenn möglich die Arbeit daheim zu erlauben. Wenn die Pandemieentwicklung dies zulasse, soll die Homeoffice-Pflicht ab dem 20. März entfallen, wie aus dem Beschlusspapier nach Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch in Berlin hervorgeht.
Scholz und die Ministerpräsidenten sind sich aber einig, dass es weiterhin möglich sein soll, zumindest Masken in Bussen, Bahnen, Innenräumen oder Schulen vorzuschreiben und dass in «bestimmten Bereichen» Tests verlangt und Impf-, Genesenen- und Testnachweise kontrolliert werden dürfen. Laut Bund-Länder-Beschluss wird dafür ein «Gesetzgebungsverfahren im Bund vorbereitet». Im Zuge dieser Gesetzgebung wird sich in den kommenden Wochen herauskristallisieren, welche Corona-Maßnahmen nach dem 20. März noch möglich sein werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder bleiben bei ihrer Einschätzung, dass eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland notwendig ist, entscheiden wird darüber aber der Bundestag. Beim Streitthema einrichtungsbezogene Impfpflicht heißt es, die Gesundheitsämter hätten ein Ermessen bei der Umsetzung. Es werde nicht sofort flächendeckend automatisch zu Betretungsverboten für ungeimpfte Beschäftigte kommen.
Die Dauer des Genesenenstatus soll künftig nicht mehr durch das Robert Koch-Institut festgelegt werden. Die Übertragung dieser Kompetenz auf das RKI hatte für viel Kritik gesorgt, nachdem dieses überraschend den Status von sechs auf drei Monate verkürzt hatte.
Weil die Inzidenzen weltweit durch Omikron in ganz andere Höhen geklettert sind, soll die Einstufung von Hochrisikogebieten geändert werden. Momentan müssen Ungeimpfte nach Reisen in Länder ab einer Inzidenz von 100 noch in Quarantäne. Das hat insbesondere Folgen für Familien mit ungeimpften Kindern.
Nach der Konferenz von Bund und Ländern hat sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sehr zufrieden mit den erzielten Beschlüssen gezeigt. «Bayern hat den Trend gesetzt, unser beschlossener Fahrplan wird jetzt in ganz Deutschland angewendet», sagte der CSU-Chef nach dem Ende der Videokonferenz in München. Es sei die richtige Balance aus Vorsicht, Freiheit und Hoffnung.
Söder betonte, dass Bayern noch zwei Dinge zusätzlich habe platzieren können: «Wir brauchen dringend nach dem Auslaufen aller Maßnahmen ein Notfall-Paket, ganz besonders für die Schulen. Dies ist jetzt übereinstimmende Meinung der Länder.» Auf Wunsch und Antrag von Bayern gebe es hier nun eine besondere Aufmerksamkeit, damit auch die Abschlussprüfungen der Schülerinnen und Schüler gut erfolgen könnten und es auf keinen Fall zu einer Durchseuchung an den Schulen komme.
Zudem zeigte sich Söder zufrieden darin, dass die Quarantäne-Verordnungen bei Reisen verändert werden solle. Gerade Familien mit Kleinkindern, die sich bisher nicht impfen lassen können, würden bei anstehenden Urlaubsreisen mit der aktuellen Regelung «hoch benachteiligt werden». Es sei nicht zeitgemäß, wenn man in ein Gebiet fahre, das derzeit zwar eine niedrige Inzidenz als Bayern und Deutschland habe, aber dennoch noch auf der Liste der Hochrisikogebiete des Bundes stehe.
Die Omikron-Variante des Corona-Virus breitet sich in Deutschland aus. Allerdings scheint der Höhepunkt der Omikron-Welle in den meisten Ländern überschritten zu sein.
Nach Ansicht des Expertenrats werden sich Ungeimpfte und Ältere bei den Lockerungen der Schutzmaßnahmen wahrscheinlich wieder vermehrt infizieren und erkranken. Diese Gruppen trügen das höchste Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und müssten weiter geschützt werden. In der Altersgruppe über 60 Jahre ist die absolute Zahl der nicht geimpften Personen immer noch sehr groß: Derzeit sind knapp drei Millionen nicht „geboostert“ – sie haben sich also ihre dritte Impfung noch nicht verabreichen lassen. 2,8 Millionen dieser Altersgruppe sind sogar ohne den zweifachen Basis-Impfschutz. Viele andere europäischen Staaten, auf die derzeit in Hinblick auf weitreichende Öffnungen geschaut wird, weisen deutlich höhere Impfquoten auf – und haben eine jüngere Bevölkerung.
Zugleich weist der Expertenrat darauf hin, dass die Ausbreitung der Omikron-Variante BA.2 zu erneut steigenden Inzidenzen und zu einer Verlängerung der Omikron-Welle führen könnte.
Spätestens im Herbst besteht vor diesem Hintergrund nach der Einschätzung der Expertinnen und Experten das Risiko erneuter Infektionswellen. Neben dem Risiko weiterer Mutationen zirkulierten bisherige Virusvarianten wie der Deltastamm weiter und könnten neue Infektionswellen auslösen. Nach bisherigen Erkenntnissen seien Ungeimpfte nach einer Infektion mit der Omikron-Variante nicht zuverlässig vor Infektionen mit anderen Varianten geschützt.
Nach Einschätzung des Expertenrats befinden wir uns in einer neuen Phase der Pandemie. Sie erfordere allerdings weiterhin ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Ein Zurückfahren staatlicher Infektionsschutzmaßnahmen erscheine sinnvoll, sobald ein stabiler Abfall der Hospitalisierung und Intensivneuaufnahmen und -belegung zu verzeichnen sei. Ein zu frühes Öffnen berge die Gefahr eines erneuten Anstieges der Krankheitslast.
Von zentraler Bedeutung sei es, dass zunächst weiterhin Masken getragen würden. Diese böten eine hohe Wirksamkeit gerade angesichts hoch ansteckender Varianten wie Omikron. Die Expertinnen und Experten weisen weiter darauf hin, dass es bei entsprechenden Symptomen wichtig sei, den Kontakt zu anderen Personen zu vermeiden (Selbstisolation) und sich zu testen.
Vor diesem Hintergrund treffen der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder folgende Vereinbarungen: Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vereinbaren einen Dreischritt der Öffnungen in Bereichen überregionaler oder grundsätzlicher Bedeutung.
In den Bereichen, die keine oder nur geringe überregionale Auswirkungen haben, werden die Länder angesichts des unterschiedlichen Infektionsgeschehens und der Impfquoten sowie der Belastungen des Gesundheitssystems eigenverantwortlich über Öffnungsschritte entscheiden.
In einem ersten Schritt werden private Zusammenkünfte für Geimpfte und Genesene wieder ohne Begrenzung der Teilnehmendenzahl möglich. Aufgrund der besonderen Gefährdung der nicht Geimpften bleiben die für diese Personen bestehenden Einschränkungen bis zum 19. März 2022 bestehen. Sobald eine ungeimpfte Person an einer Zusammenkunft teilnimmt, gelten weiterhin die Kontaktbeschränkungen für ungeimpfte Personen: Das Treffen ist dann auf den eigenen Haushalt und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushaltes beschränkt. Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres sind hiervon ausgenommen.
Sofern nicht bereits vorgesehen oder umgesetzt, entfällt im Einzelhandel die bisher häufig geltende Beschränkung des Zugangs. Der Zugang zum Einzelhandel soll bundesweit für alle Personen ohne Kontrollen möglich sein. Um dem immer noch hohen Infektionsrisiko in Innenräumen Rechnung zu tragen, müssen jedenfalls medizinische Masken getragen werden. Die Nutzung von FFP2-Masken wird empfohlen, soweit sie nicht durch Landesrecht vorgeschrieben ist.
In einem zweiten Schritt wird unter Berücksichtigung der Situation in den Krankenhäusern ab dem 4. März 2022 der Zugang zur Gastronomie für Geimpfte, Genesene und Personen mit tagesaktuellem Test ermöglicht (3G- Regelung). Auch Übernachtungsangebote können von Geimpften, Genesenen und Personen mit tagesaktuellem Test wahrgenommen werden (3G-Regelung).
Diskotheken und Clubs („Tanzlustbarkeiten“) werden für Genesene und Geimpfte mit tagesaktuellem Test oder mit dritter Impfung (2G-Plus) geöffnet.
Bei überregionalen Großveranstaltungen (inklusive Sport) können Genesene und Geimpfte (2G-Regelung bzw. Genesene und Geimpfte mit tagesaktuellem Test oder dritter Impfung (2G-Plus-Regelung)) als Zuschauerinnen und Zuschauer teilnehmen. Bei Veranstaltungen in Innen- räumen ist maximal eine Auslastung von 60 Prozent der jeweiligen Höchst- kapazität zulässig, wobei die Personenzahl von 6.000 Zuschauenden nicht überschritten werden darf. Bei Veranstaltungen im Freien ist maximal eine Auslastung von 75 Prozent der jeweiligen Höchstkapazität zulässig, wobei die Personenzahl von 25.000 Zuschauenden nicht überschritten werden darf.
Flankierend sollten medizinische Masken (möglichst FFP2-Masken) getragen und Hygienekonzepte vorgesehen werden.
In einem dritten und letzten Schritt ab dem 20. März 2022 sollen alle tief- greifenderen Schutzmaßnahmen entfallen, wenn die Situation in den Krankenhäusern dies zulässt. Auch die nach dem Infektionsschutzgesetz verpflichtenden Homeoffice-Regelungen entfallen. Arbeitgeber können aber weiterhin im Einvernehmen mit den Beschäftigten die Arbeit im Homeoffice anbieten, wenn keine betrieblichen Gründe entgegenstehen und diese im Interesse des betrieblichen Infektionsschutzes liegt (z. B. bei Tätigkeit in Groß- raumbüros).
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder stimmen darin überein, dass es auch über den 19. März 2022 hinaus niedrig- schwelliger Basisschutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektions- geschehens und zum Schutz vulnerabler Gruppen bedarf. Aus Sicht der Länder zählen hierzu insbesondere Maskenpflichten in den geschlossenen Räumen von Publikumseinrichtungen sowie in Bussen und Bahnen, das Abstandsgebot, allgemeine Hygienevorgaben, die Möglichkeit, in bestimmten Bereichen Test- erfordernisse vorzusehen sowie die Pflicht zur Nachweisführung des Impf-, Genesenen- und Teststatus. Diese Möglichkeiten sind auch für Schulen und Kindertageseinrichtungen notwendig. Darüber hinaus müssen aus Sicht der Länder für Einrichtungen mit vulnerablen Personen (insbesondere Krankenhäuser, Pflege- und vergleichbare Einrichtungen) auch weiterhin bereichsspezifische Schutzmaßnahmen möglich sein, um besonders gefährdete Personen auch wirksam zu schützen.
Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung sollen besser vor einer COVID-19-Erkrankung geschützt werden. Deshalb sind Beschäftige in Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegebereich und in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung gesetzlich verpflichtet nachzuweisen, dass sie geimpft oder genesen sind (oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können).
Um den durch Omikron weltweit gestiegenen Inzidenzen Rechnung zu tragen, wird der Bund die Einstufung der Hochrisikogebiete anpassen. Damit soll vor allem auch das Reisen für Familien erleichtert werden, da Kinder unter 12 Jahren oft nicht geimpft sind und sie daher der Quarantäne nicht entgehen können. Dies soll bei der anstehenden Überprüfung der einschlägigen Regelungen berücksichtigt werden.
Die Länder begrüßen den Beschluss der Bundesregierung zur Verlängerung der Bezugsdauer und Sonderregelungen des Kurzarbeitergeldes. So wird den seit Beginn der COVID-19-Pandemie von Arbeitsausfall betroffenen Betrieben auch nach dem 31. März 2022 weiter die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld ermöglicht. Auch die Überbrückungshilfe IV als zentrales Corona-Hilfsinstrument wird bis zum 30. Juni 2022 verlängert, um Unternehmen in weiterhin unsicheren Zeiten in bewährter Weise zu unterstützen.
Bund und Länder werden sich regelmäßig gegenseitig unterrichten, welche Maßnahmen mit welchen Ergebnissen sie ergriffen haben. Die Länder begrüßen, dass der Bund die Hilfen des Sonderfonds Kulturveranstaltungen verlängern wird. Die Länder bitten die Bundesregierung, vor dem Hintergrund der Belastungen der Krankenhäuser die Regelungen zu den Ausgleichszahlungen, Versorgungsaufschlägen und zur Bestimmung von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zu Ersatzkranken- häusern bis zum 30. Juni 2022 zu verlängern.
Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden zur Corona-Pandemie am 17. März 2022 erneut zusammenkommen. Sofern es die Lage erforderlich macht, kommen sie früher zusammen.
dpa/Bundesregierung/JM