Der frühere Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungbeschwerde eingereicht. Das teilte er am Mittwoch gemeinsam mit seinem Verteidiger Peter Witting aus München mit. Die Beschwerde richte sich gegen zwei rechtskräftige Verurteilungen sowie gegen die Aufhebung von Freisprüchen durch den Bundesgerichtshof (BGH) im November in Leipzig. Es gehe um die Überprüfung der Verurteilungen, aber auch um grundlegende Fragen zur Zulässigkeit von Parteispenden sowie zur Parteienfinanzierung, sagte Witting.
Parteien sollen sich in Deutschland frei finanzieren können und nicht vom Staat finanziert werden. Es gehe nun um die Frage, ob die Annahme zulässiger Parteispenden den Tatbestand der Vorteilsannahme bedeute. «Was bedeutet das auf kommunaler Ebene? Kann ein Kommunalpolitiker dann noch Spenden annehmen?», fragte Witting.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Verurteilung Wolbergs' wegen Bestechlichkeit im zweiten Prozess. In diesem Verfahren habe sich die Strafkammer in ihrem Urteil von den Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme entfernt, sagte Witting und räumte ein: «Das ist ein schwerer Vorwurf.» Aber: Verfassungsrechtlich gebe es das Schuldprinzip, nach dem es keine Strafe ohne Schuld geben soll. «Das ist der Punkt, den wir hier zur Diskussion stellen beim Bundesverfassungsgericht: Ist eine Schuld festgestellt? Wir sagen ganz deutlich: Nein!»
Wolbergs hatte sich in der sogenannten Regensburger Korruptionsaffäre zwei Prozessen vor dem Landgericht der oberpfälzischen Stadt stellen müssen. 2019 wurde er wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme verurteilt, jedoch sahen die Richter von einer Strafe ab. Im zweiten Prozess erhielt er 2020 wegen eines Falles der Bestechlichkeit eine einjährige Bewährungsstrafe. Von sämtlichen weiteren Vorwürfen hatten ihn die jeweiligen Strafkammern freigesprochen. Der BGH hob das Urteil im ersten Prozess in Teilen auf und beanstandete es als zu milde. Diese Teilkomplexe müssen vor dem Landgericht München 1 neu verhandelt werden. Das zweite Urteil bestätigte der BGH.
Für den heutigen Mittwoch (11.00 Uhr) hat er gemeinsam mit seinem Verteidiger Peter Witting aus München zu einem Pressegespräch geladen.
Der sechste Strafsenat des BGH hatte Anfang November die Revisionen zu den Urteilen aus den Jahren 2019 und 2020 in zwei Prozessen um Korruptionsvorwürfe und Parteispenden im Kommunalwahlkampf 2014 verhandelt. Beim ersten Urteil hoben die Richter den Freispruch für Wolbergs insoweit auf, als er den Vorwurf der Vorteilsannahme in Zusammenhang mit Parteispenden in den Jahren 2011 bis 2014 betrifft. Diesbezüglich muss sich der 50-Jährige erneut einem Prozess stellen. Das zweite Urteil wurde vom BGH in Gänze bestätigt.
Der BGH verwies den Fall nicht an das Landgericht Regensburg zurück, sondern an das Landgericht München I. Wann der Prozess beginnen kann, steht laut einem Justizsprecher noch nicht fest.
Die Generalbundesanwaltschaft hatte die Aufhebung der Urteile gegen Wolbergs bezüglich fünf Themenkomplexen gefordert und bemängelt, dass das erste Urteil zu milde ausgefallen sei. Die Verteidiger des Politikers hatten einen vollumfänglichen Freispruch gefordert.
Die Regensburger Richter hatten Wolbergs 2019 im ersten Prozess wegen zwei Fällen der Vorteilsannahme verurteilt, jedoch von einer Strafe abgesehen. Im zweiten Prozess war er 2020 wegen eines Falles der Bestechlichkeit zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Von sämtlichen weiteren Vorwürfen in den beiden Verfahren hatten ihn die jeweiligen Strafkammern freigesprochen.
dpa/JM