Mo, 08.08.2016 , 18:00 Uhr

Regensburg: Polizeieinsatz - Flüchtlinge haben Pfarrheim verlassen

Das Regensburger Pfarrheim St. Emmeram ist leer. Am Montag (08.08) haben es die letzten Flüchtlinge aus Balkanländern, die dort zuvor noch ausharrten, verlassen. Am Abend gab es in Regensburg einen Polizeieinsatz, die Gruppe konnte jedoch überzeugt werden, das Gebäude freiwillig zu verlassen.

Heute (09.08) haben wir im Inneren des Pfarrheims nochmals Bilder gemacht: Es sieht aus, als wäre die Gruppe in aller Eile aus dem Pfarrheim geholt worden:

 

Video: Alle Flüchtlinge haben heute das Pfarrheim verlassen - Unser Bericht.

 

 

Polizeisprecher erklärt den Einsatz

Video: Polizeisprecher Stefan Hartl erklärt, wie der Polizeieinsatz in Regensburg heute gelaufen ist.

Facebook-Video: Demonstration vor Pfarrheim

Bistum: Erleichtert aber nachdenklich

Das Bistum Regensburg erklärt die Situation vor Ort in einer aktuellen Pressemitteilung:

 

Heute Nachmittag ist die Protestaktion, die vor 35 Tagen im Regensburger Dom mit 50 Personen begann und dann im Pfarrheim St. Emmeram fortgesetzt wurde, ohne polizeiliche Zwangsmaßnahmen zu Ende gegangen. Die zuletzt 16 Personen haben das Pfarrheim verlassen und sind auf dem Weg zu den Behörden, die das Weitere klären. Damit steht das Pfarrheim für die pfarrliche Nutzung wieder zur Verfügung, die notwendigen Wiederherstellungsarbeiten können beginnen.

Die Verantwortlichen des Bistums zeigen sich erleichtert über den Ausgang, es bleibt jedoch eine gewisse Nachdenklichkeit, so Generalvikar Michael Fuchs. „Uns war von Anfang an wichtig, dass Menschen, die in Not zu uns kommen und um Hilfe bitten, nicht im Stich gelassen werden. Das wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten so beihalten, auch wenn die letzten Wochen uns dabei deutlich Grenzen vor Augen geführt haben“, so Fuchs. Das umfassende Engagement vieler Frauen und Männer in den unterschiedlichen Bereichen unserer Diözese zum Wohl von Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten bleibt ungeschmälert. Dies gilt auch für den Ausnahmefall, in Extremfällen für eine bestimmte Zeit bei einem Pfarrer um Kirchenasyl zu bitten.

Auch die Sorge, die Diözese werde zukünftig mehr Kirchen aus Angst vor Wiederholungsfällen zusperren, ist unbegründet. „Unsere Kirchen bleiben offen für alle Menschen, die beten wollen, die Stille suchen oder unsere Kirchen bewundern“, erklärt der Generalvikar.

Freilich darf es nicht Schule machen, durch das gewaltsame Eindringen in offene kirchliche Räume staatliche Regelungen umgehen zu wollen oder Kirchen als Protestbühne zu missbrauchen. Die Kirche ist nicht der Staat, der Protest im Dom und im Pfarrheim hat sich daher von Anfang an an den falschen Adressaten gewandt und die falschen Mittel gebraucht. An die Initiatoren der Aktion appelliert Generalvikar Fuchs: „Wer Änderungen im Asylrecht herbeiführen möchte, muss sich in einem demokratischen Staat im argumentativen Diskurs um Mehrheiten mühen. Eine gewaltsame Abkürzung darf es nicht geben; sie wird auch künftig nicht geduldet, weil sie die Religionsfreiheit und die demokratischen Grundregeln gleichermaßen verletzt.“

Im Rückblick auf die fünf Wochen war es den Verantwortlichen des Bistums wichtig, die Betroffenen zunächst anzuhören, im Gespräch mit ihnen ihre Identität und Lage zu klären und im Kontakt mit den Behörden Möglichkeiten einer Lösung herauszufinden. Dabei ergab sich ein differenziertes, bisweilen auch komplexes Bild, und die Grenzen einer Unterstützung wurden immer deutlicher.

Nach dem Umzug von den Vorräumen des Doms in das größere Pfarrheim zog die erste Teilgruppe (14 Personen) in ihre Regensburger Gemeinschaftsunterkünfte zurück, gleichzeitig wurde deutlich, dass auch fünf weitere Flüchtlinge aus Hamburg schon im Dom entgegen den Abmachungen nachträglich eingeschleust worden waren. Im Laufe der Wochen hatten sich einige Personen auch ausländerrechtlich wesentlich verschlechtert, weil sie außerhalb der staatlichen Unterkünfte beispielsweise Antragsfristen versäumten.

Nach drei Wochen folgten erste Androhungen und Gefährdungen seitens der Gruppe im Pfarrheim. Es begann mit einem Hungerstreik und mündete schließlich in mehrfach geäußerte Selbsttötungsabsichten, die auch Kinder miteinschlossen. Ein Verbleib im Pfarrheim war nicht mehr verantwortbar und wir haben die Gruppe in aller Deutlichkeit zum Verlassen des Pfarrheims aufgefordert. Daraufhin hatten sich 12 weitere Personen in ihre ursprünglichen Unterkünfte begeben.

Weitere langwierige Verhandlungen blieben ergebnislos, sodass als letztes Mittel schließlich eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch nötig wurde. Gleichzeitig sah sich das Bistum gezwungen, auch die Unterstützung und Verpflegung der Gruppe einzustellen. Dies bewegte acht weitere Personen zum Auszug aus dem Pfarrheim. Die verbleibenden 16 Personen wurden heute durch die Polizei und Vertreter der Ausländerbehörde Regensburg ohne Zwangsmaßnahmen dazu gebracht, das Pfarrheim zu verlassen.

Das Bistum dankt der Regierung der Oberpfalz mit der Ausländerbehörde und dem Gesundheitsamt, dem Polizeipräsidium Oberpfalz, der Polizeiinspektion Süd und der Stadt Regensburg für die gute, fast tägliche gegenseitige Beratung in der Vorgehensweise in diesen Wochen, sowie dem Gerl Sicherheitsdienst für die geleistete Arbeit vor Ort. Weiter dankt sie allen kirchlichen Helferinnen und Helfern, den Dommesnern und Herrn Martin Braun, Pfarrer Roman Gerl und der Pfarrei St. Emmeram, Herrn Michael Eibl als Verhandlungsführer, dem Malteser-Hilfsdienst mit Dr. Rainer Tichy und anderen für vielfältige Dienste, dem Diözesancaritasverband mit ihren Referenten und Asylsozialberatern sowie der Bischöflichen Administration. Und wir danken den Anwohnern am Wiesmeierweg für ihre Geduld.

 

 

Polizeibericht zu Einsatz:

Ohne Anwendung von unmittelbarem Zwang räumten in den heutigen Nachmittagsstunden Polizeibeamte das Pfarrheim am Wiesmeierweg in Regensburg. 

Wie bereits berichtet, stellte das Bistum Regensburg am vergangenen Freitag bei der Polizei Strafantrag gegen die Personen, die sich trotz wiederholter Aufforderungen des Bistums noch immer im Pfarrheim aufhielten.

Nachdem sich eine Gruppe von insgesamt 16 Personen, sieben Minderjährige und neun Erwachsene auch heute noch im Pfarrheim befanden, räumten Polizeibeamte nachmittags das Gebäude. Da alle Anwesenden den Aufforderungen der Polizei Folge leisteten, war es nicht notwendig unmittelbaren Zwang anzuwenden.

Nach ihrem Transport zur Kriminalpolizeiinspektion Regensburg stellten die Beamten zunächst deren Identität fest.

Dabei stellte sich heraus, dass gegen einen 51-jährigen Mazedonier und einen 39-jährigen kosovarischen Staatsangehörigen Abschiebehaftbefehle vorlagen. Die beiden Männer werden morgen dem Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Regensburg vorgeführt.  

Eine Personengruppe wird nach Abschluss der Sachbearbeitung in behördlichem Transport unter Polizeibegleitung nach Baden-Württemberg gebracht und dort den zuständigen Ausländerbehörden übergeben.

Drei weitere Personen aus dem Zuständigkeitsbereich der Hamburger Ausländerbehörde werden morgen nach Hamburg gebracht. 

Nach Ende der Räumung, gegen 18.40 Uhr, formierten sich spontan ca. 30 Personen und zogen unter Polizeibegleitung zunächst zur Polizeiinspektion Regensburg Süd und anschließend zur Kriminalpolizeiinspektion Regensburg. Die Demonstration verlief ohne Sicherheitsstörungen.

Foto: Vor Ort haben sich am Abend erneut weiße Lieferwagen bereit gemacht. Mit solchen Fahrzeugen wurden bereits am Freitag die Familien abgeholt, die das Pfarrheim freiwillig verlassen haben.

 

 

Unterstützer melden Einsatz auf Twitter

Eingebetteter Tweet: In solchen Fahrzeugen hat die Gruppe das Pfarrheim in Regensburg verlassen.

 

 

17:50 Uhr: Die Unterstützer berichten von einer Demonstration vor dem Eingang zum Pfarrheim

 

Unterstützer der Flüchtlingsgruppe im Pfarrheim haben am späten Nachmittag von einem größeren Polizeieinsatz gesprochen. Die Einsatzkräfte hätten Handschuhe angezogen. Die Gruppe hatte Anfang Juli den Regensburger Dom besetzt, zuletzt harrten die Flüchtlinge aus Balkanländern im Pfarrheim aus. Ihre Forderungen an die Behörden: Ein Bleiberecht für von Abschiebung bedrohte Personen. Am Freitag hatte das Bistum Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet.

Auch die Nahrungslieferungen an die Gruppe waren beendet worden, Unterstützter durften die Flüchtlinge offenbar auch nicht mehr versorgen.

MF

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