Di, 23.01.2018 , 17:00 Uhr

Regensburg: Social-Media-Aktivität des Polizeipräsidiums sorgt für Kritik

Vergangene Woche hat das Polizeipräsidium Oberpfalz Meldungen über Angriffe auf Polizeibeamte veröffentlicht. Unter diesen Posts auf Facebook gab es Kommentare mit strafrechtlich relevantem Inhalt. Da diese aber nicht gelöscht wurden, kritisiert die Landtagsabgeordnete Claudia Stamm die Öffentlichkeitsarbeit des Polizeipräsidiums. In einem offenen Brief fordert sie von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann eine Stellungnahme.

Hier die Pressemitteilung der Landtagsabgeordneten:

„Sofort an den nächsten Baum, nur so geht’s…“
Polizeipräsidium Oberpfalz entfernt Aufruf zur Lynchjustiz nicht aus Facebook-Auftritt. Offener Brief der Landtagsabgeordneten Claudia Stamm an Innenminister Herrmann

Am Montag, den 15. Januar stellte die Polizei Oberpfalz einen Bericht über das vorausgegangene Wochenende auf seine Facebook-Seite. Darin berichtete sie unter anderem über eine Personenkontrolle in den Regensburger Arcaden. Unvermittelt trat dabei ein 17-jähriger Afghane einem Beamten gegen den Körper, während ein anderer, ebenfalls 17- jähriger Afghane, dem bereits am Boden liegenden Polizisten mehrfach gegen den Kopf trat. Im gleichen Beitrag berichtete die Polizei über drei weitere Übergriffe auf BeamtInnen ohne Nennung der Nationalität der Täter. In der Folge wurden zahlreiche Kommentare zum Beitrag gepostet mit zum Teil strafrechtlich relevanten Inhalten, so dass sich die Polizei am 16.1. zu einem Nachtrag genötigt sah, indem Sie auf eine strafrechtliche Prüfung der Inhalte hinwies. Trotzdem wurden Aufrufe zur Lynchjustiz wie „Sofort an den nächsten Baum, nur so geht’s…“ oder Beleidigungen wie „ … du bist ein Dummes Stück Scheiße“ nicht redaktionell entfernt. Auch ein Aufruf zum Putsch und zum Sturm auf den Bundestag blieb online. Dazu die Landtagsabgeordnete Claudia Stamm: „Wer, wenn nicht die Polizei hat die Pflicht Chats im Internet zu moderieren und dann auch strafrechtlich relevantes zu verfolgen. In den Kommentaren wurde nicht nur zur Lynchjustiz aufgerufen und unsägliche Hetze gegen Ausländer betrieben, sondern auch die Polizei wurde beschimpft – unter anderem als „Bullen“. Alle drei Dinge sind ein No-Go und erst recht auf der offiziellen Seite einer staatlichen Behörde!“ Claudia Stamm hat deshalb in einem offenen
Brief den bayerischen Innenminister Herrmann aufgefordert, öffentlich Stellung zu beziehen. „Wenn die Social Media-Arbeit so läuft, dann muss diese Aktivität der bayerischen Polizei auf den Prüfstand. Und wenn sie fortgeführt wird, dann sollten auch die Richtlinien des deutschen Presserates Geltung für die Öffentlichkeitsarbeit der bayerischen Polizei haben.“ Stamm reichte eine entsprechende Anfrage im bayerischen Landtag ein.
„Trotz der nun einsetzenden Aufregung darf die Diskussion über die Social-Media-Aktivitäten der Polizei nicht darüber hinwegtäuschen, dass Beamtinnen und Beamte immer wieder auch Angriffen ausgesetzt sind. Aber gerade wer darüber im eigenen Interesse diskutieren will, muss sich von diskriminierenden Äusserungen
distanzieren. Denn sonst verschwinden hinter der Debatte die Opfer – auch die PolizeibeamtInnen in Regensburg.“

Das Polizeipräsidium Oberpfalz reagiert auf die Kritik mit folgender Stellungnahme:

Am Montag, 22.01.2018 veröffentlichte die Bayerische Landtagsabgeordnete Claudia Stamm einen offenen Brief an Staatsminister Joachim Herrmann, in dem sie sich kritisch zur Öffentlichkeitsarbeit in den Sozialen Medien des Polizeipräsidiums Oberpfalz äußert. Das Polizeipräsidium Oberpfalz nimmt dazu wie folgt Stellung:

Das Polizeipräsidium Oberpfalz ging am 28.11.2016 auf den Kanälen Facebook und Twitter online. Mit dem Team Soziale Medien moderiert das Polizeipräsidium Oberpfalz entgegen der Auffassung der Landtagsabgeordneten Stamm sehr wohl alle eingestellten Beiträge in seinen Auftritten in den Sozialen Medien.

Die Angriffe gegen Polizeibeamte in der Nacht von Samstag, 13.01.2018 auf Sonntag, 14.01.2018 in Regensburg stießen auf ein großes Interesse, auch in den Sozialen Medien. Deutlich wird dies durch über 6300 Einträge im Facebook-Auftritt des Polizeipräsidiums Oberpfalz, die seit der Einstellung des Beitrages am Montag, 15.01.2018 gegen 08:40 Uhr als Kommentare eingegangen sind.

Durch das Polizeipräsidium Oberpfalz erfolgte im Zusammenhang mit dem tätlichen Angriff auf Polizeibeamte in den Regensburg Arcaden mehrere schriftliche Mitteilungen an die Medien, die auch auf der Internet-Seite des Polizeipräsidiums Oberpfalz veröffentlicht wurden.
Bei der Erstmeldung am Sonntagmorgen, 14.01.2018, wurde im Rahmen des täglichen Presseberichtes die Nationalitäten der beteiligten Personen zunächst nicht genannt.

In einer zweiten Meldung am Sonntagabend erfolgte mit Blick auf den Vorfall in den Regensburg Arcaden eine Darstellung des aktuellen Sachstandes und die Nennung der Nationalität von zwei Tatverdächtigen.

Die Nennung der Nationalität von tatverdächtigen Personen erfolgt durch die Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberpfalz grundsätzlich orientiert an den Empfehlungen des Deutschen Presserates.

Bei dem Ereignis, bei dem ein Polizeibeamter massive Kopfverletzungen erlitt wurden gegen einen Tatverdächtigen Ermittlungen wegen des Verdachtes des versuchten Totschlages eingeleitet und ein Haftbefehl erlassen.

Dieser Umstand sowie zahlreiche telefonische Nachfragen führten dazu, dass in der Pressemeldung am Sonntagabend die Nationalität von zwei Tatverdächtigen genannt wurde.

Die Pressemitteilung von Sonntagabend wurde am Montagmorgen, 15.01.2018 auch über die Accounts Facebook und Twitter des Polizeipräsidiums Oberpfalz veröffentlicht.

Am Dienstag, 16.01.2018 erfolgte durch das Polizeipräsidium Oberpfalz per Pressemitteilung ein Nachtrag zum Sachstand, der auch in die Sozialen Medien eingestellt wurde.

Dieser Nachtrag enthielt neben den Sachinformationen die Bitte an die User, die Netiquette einzuhalten. Darüber hinaus noch den Hinweis, dass Kommentare mit strafbarem Inhalt gelöscht und diese zudem zur Anzeige gebracht werden.

Da in Spitzenzeiten über 400 Einträge in der Stunde auf Facebook erfolgten, war es zwangsläufig nicht möglich, alle beleidigenden oder sonst strafrechtlich relevanten Kommentare sofort zu verbergen.

In der ersten Sichtung und Auswertung, die zeitnah, auch in den Nachtstunden, erfolgte, wurden etwa ein Drittel aller Kommentare wegen Verstößen gegen die sogenannte Netiquette oder möglicher strafrechtlicher Relevanz verborgen.

Zur Erklärung: Die verborgenen Kommentare können dann nur noch vom Verfasser und dessen „Facebook-Freunden“ gelesen werden. Auf der Facebook-Seite des Polizeipräsidiums Oberpfalz sind diese dann nicht mehr sichtbar.

Das Polizeipräsidium Oberpfalz prüft fortlaufend im Monitoring die auf ihrer Facebook-Seite eingegangenen Kommentare auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz. Sollten sich Hinweise dafür ergeben, werden diese an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

 

 

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