Chronische Krankheitsgeschichten beginnen nicht selten mit einer Einweisung ins Krankenhaus. Auch Herr M. kommt wegen akuter Schmerzen zu den Barmherzigen Brüdern. Bislang erfreute sich der 55-Jährige guter Gesundheit. Doch nach drei intensiven Tagen mit vielen Untersuchungen steht fest: Herr M. ist chronisch krank. Seine Krankheit ist gut behandelbar, die Ärzte leiten die entsprechende Therapie ein und antworten kompetent auf all seine medizinischen Fragen. Trotzdem überwiegen bei seiner Entlassung die Sorgen: Wie gestalte ich jetzt meinen persönlichen Lebensalltag? Mit wem kann ich offen über meine Probleme sprechen? Eine gute Adresse für solche Fragen sind Selbsthilfegruppen. Hier können sich Betroffene austauschen – ohne Angst vor Stigmatisierung, mit Aussicht auf Verständnis und jeder Menge praktischer Erfahrung aus erster Hand.
Dass Selbsthilfegruppen einen wesentlichen Beitrag zu einem guten Umgang mit einer Krankheit leisten können, haben die Verantwortlichen des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg früh erkannt: Seit 2008 arbeiten sie eng mit Selbsthilfegruppen aus der Region und der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) zusammen. Für das so entstandene Netzwerkkonzept ist das Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg jetzt schon zum vierten Mal in Folge als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ vom Netzwerk „Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen“ ausgezeichnet worden. Mit dem Gütesiegel weist das Haus nach, dass es sein ärztliches und pflegerisches Handeln um das Erfahrungswissen der Selbsthilfe erweitert, das Konzept in allen relevanten Fachkliniken und Abteilungen umsetzt und nachhaltig den Kontakt zwischen Patienten und Selbsthilfe fördert.
Monika Wagner, Pflegedienstleitung und Selbsthilfebeauftragte im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, freut sich: „Für uns ist die Einbindung der Selbsthilfe eine Herzensangelegenheit. Zu uns kommen Menschen in einem Ausnahmezustand. Wir helfen ihnen nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen. Doch wir wollen mehr: Wir möchten für unsere Patientinnen und Patienten auch jenseits unserer Krankenhaustür die besten Voraussetzungen für selbstbestimmtes Leben schaffen.“
So stellen die Krankenhausmitarbeitenden nach Rücksprache mit den Patienten schon während des stationären Aufenthalts den Kontakt zur passenden Selbsthilfegruppe her. Falls möglich und gewünscht, besucht ein Selbsthilfeaktiver den Patienten noch am Krankenhausbett. Selbsthilfegruppen aus der Region stellt das Haus kostenfrei Räumlichkeiten für Treffen zur Verfügung. Außerdem findet regelmäßig ein Austausch in Form eines Qualitätszirkels mit Verantwortlichen des Krankenhauses, Selbsthilfeaktiven und Mitarbeitenden der Koordinierungsstelle KISS Regensburg statt. Lisbeth Wagner, pädagogische Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Selbsthilfeberatung bei KISS Regensburg, erklärt: „Über Jahre hinweg begegnen sich zwei unterschiedliche Systeme, die professionelle Patientenversorgung im Krankenhaus und die ehrenamtliche Selbsthilfe. Über die Jahre hinweg entwickelte sich gegenseitiges Vertrauen und Respekt sowie großes Verständnis für die Perspektive der jeweils anderen Seite.“
Das Ergebnis? Eine Win-Win-Situation. Der kontinuierliche Austausch sorgt für mehr Empathie und einen Zugewinn an Wissen auf beiden Seiten. Und so bleiben auch während der Pandemie die Krankenhaustüren unter geeigneten Sicherheitsvorkehrungen und mit Hilfe innovativer Mittel so lange und so weit wie möglich für die Selbsthilfeaktiven geöffnet. Denn die Verantwortlichen des Hauses sind vom Konzept überzeugt. „Den Menschen als Ganzes zu sehen und zu behandeln: Dieses Leitmotiv können wir als selbsthilfefreundliches Krankenhaus noch besser umsetzen. Die Auszeichnung ehrt uns, vor allem aber freuen wir uns auf die Fortschreibung unserer Zusammenarbeit mit den Selbsthilfeaktiven“, so Birgit Warttinger, stellvertretende Leitung der Abteilung für Organisationsentwicklung und Patientensicherheit am Krankenhaus Barmherzige Brüder, die die Netzwerktreffen moderiert.
Auch Herr M. hat sich überzeugen lassen: Nach anfänglicher Skepsis nimmt er auf Anraten der Stationsleitung kurz vor seiner Entlassung telefonisch Kontakt zu seiner Selbsthilfegruppe auf. Sein Gesprächspartner macht ihm Mut: Beim nächsten Treffen der Gruppe wird Herr M. mit dabei sein.
Auf der Website des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg www.barmherzige-regensburg.de und auf den Seiten von KISS Regensburg www.kiss-regensburg.de finden Interessierte viele hilfreiche Informationen und Ansprechpartner zum Selbsthilfe-Angebot in der Region Regensburg. Mehr zum Gütesiegel „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ gibt es auf www.selbsthilfefreundlichkeit.de.
Barmherzige Brüder Regensburg