Fr, 08.12.2023 , 15:38 Uhr

Regensburg / Italien: Rettungsschiff SEA-EYE 4 startet in letzte Mission des Jahres

Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 hat seinen fünften und letzten Einsatz in diesem Jahr in Italien gestartet.

Die SEA-EYE 4 hat ihre letzte Mission des Jahres begonnen. Das Rettungsschiff verließ den Hafen von Tarent, Italien, für den fünften Einsatz in diesem Jahr. Und das, obwohl es zuvor dreimal festgesetzt wurde. Gegen diese Maßnahme haben die Seenotretter Klage eingereicht.

Auf der aktuellen Mission ist unter anderem der bayerische Landtagsabgeordnete und Krankenpfleger Andreas Krahl an Bord, der das medizinische Team von German Doctors e.V. und Sea-Eye e.V. unterstützt. Gleichzeitig wird im Deutschen Bundestag über das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ diskutiert, das zivile Seenotretter*innen möglicherweise kriminalisieren könnte.

Die Organisationen Sea-Eye e.V. und German Doctors e.V. betonen die Bedeutung der Seenotrettung und appellieren an die Politik, Gesetze zu erlassen, die die Rettung von Menschenleben nicht behindern.

JM

 

Mitteilung von Sea-Eye

Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 verließ in der Nacht zum Freitag (08.12.2023) den italienischen Hafen von Tarent und brach in die letzte Mission des Jahres auf. Es handelt sich um den fünften Einsatz des Schiffes in diesem Jahr. Eine von insgesamt drei Festsetzungen des Schiffes führte zur Absage eines Einsatzes. Gegen alle drei Festsetzungen klagte Sea-Eye vor italienischen Verwaltungsgerichten. Eine Entscheidung durch die Gerichte steht in allen drei Fällen noch aus.

Mit an Bord ist der bayerische Landtagsabgeordnete und Krankenpfleger Andreas Krahl. Es ist das zweite Mal, dass er den Monat Dezember an Bord der SEA-EYE 4 verbringt. Krahl verstärkt das gemeinsame medizinische Team von German Doctors e.V. und Sea-Eye e.V. im Bordhospital der SEA-EYE 4. Die Bonner Hilfsorganisation German Doctors arbeitet seit drei Jahren mit Sea-Eye zusammen und stellt erneut die Bordärztin Nour Hanna zur medizinischen Leitung der Mission.

„Die humanitäre Lage an den europäischen Außengrenzen verschlechtert sich. In diesem Jahr starben bereits mindestens 2.500 Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer. Unser letzter gemeinsamer Einsatz mit der SEA-EYE 4, bei dem vier Menschen nur noch tot geborgen werden konnten, führte uns diese traurige Tatsache wieder deutlich vor Augen. Umso wichtiger ist es, dass auf dieser letzten Mission der SEA-EYE 4 in diesem Jahr wieder eine erfahrene Ärztin von German Doctors, Nour Hanna, mit an Bord ist. Als Kinder- und Jugendärztin war sie bereits im letzten Jahr vor Weihnachten ehrenamtlich auf der SEA-EYE 4 im Einsatz und kennt zudem die Situation der geflüchteten Menschen in Griechenland. In unserer medizinischen Station in Thessaloniki versorgte sie ebenfalls als German Doctor die Patientinnen und Patienten. Ihr und der gesamten Crew sind wir sehr dankbar für ihr wichtiges, ehrenamtliches Engagement und wünschen allen Beteiligten alles Gute für die Mission“,

 

sagt Dr. Harald Kischlat, Vorstand des German Doctors e.V.

Während die Besatzung der SEA-EYE 4 auf dem Weg in den Einsatz ist, diskutiert der Deutsche Bundestag über das sog. Rückführungsverbesserungsgesetz. Es sieht eine Änderung des § 96 AufenthG vor. Ein neues Rechtsgutachten von Prof. Dr. Aziz Epik (Universität Hamburg) und Prof. Dr. Valentin Schatz (Leuphana Universität Lüneburg) warnt ausdrücklich vor der Gefahr der Kriminalisierung ziviler Seenotretter*innen durch den vom Bundesinnenministerium vorgelegten Gesetzesentwurf.

Bei der vom BMI vorgeschlagenen Ausweitung des § 96 Abs. 4 AufenthG auf Fälle uneigennütziger Hilfeleistung zur unerlaubten Einreise besteht die Gefahr, dass zivile Seenotretter*innen kriminalisiert werden. Der Tatbestand der geplanten Neufassung verweist für die Frage der unerlaubten Einreise auf das Recht der europäischen Staaten, in die eingereist wird, also beispielsweise Italien. Wir gehen davon aus, dass gerettete Menschen nach einer Ausschiffung beispielsweise nach dem italienischen Recht zumindest teilweise formal unerlaubt einreisen, weshalb § 96 Abs. 4 AufenthG greifen würde. Nach unserer Auffassung wäre das Verhalten von Seenotretter*innen beim Rettungsvorgang und bei der Verbringung der Menschen in einen Ausschiffungshafen zwar im Ergebnis als Notstand nach § 34 StGB gerechtfertigt. Diese Auffassung ist aber nicht unstreitig und es genügt auch nicht, eine entsprechende Intention des Gesetzgebers in die Gesetzesbegründung aufzunehmen, da Strafverfolgungsbehörden und Gerichte daran nicht gebunden sind. Wir plädieren daher mindestens für eine ausdrückliche Ausnahme von Tatbestand des § 96 Abs. 4 AufenthG, wie sie ohnehin in Richtlinie 2002/90/EG für alle Formen humanitärer Unterstützung europarechtlich ermöglicht wird“,

 

sagt Prof. Dr. Valentin Schatz, Juniorprofessor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Leuphana Universität Lüneburg.

Schon in der Vergangenheit stellten italienische und maltesische Behörden immer wieder in Frage, ob es sich bei Seenotfällen flüchtender Menschen im Mittelmeer überhaupt um Seenotfälle handele. So forderte die maltesische Rettungsleitstelle Handelsschiffe wie die MTS Southport schon im Dezember 2022 dazu auf, Menschen nicht zu retten und den Kurs zu ändern. Unter den von der SEA-EYE 4 später geretteten Personen befanden sich jedoch schwer verletzte Menschen, die die Überfahrt nach Italien nicht überlebt hätten.

In genau so einem Fall ermöglicht der Gesetzesentwurf die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Sea-Eye-Crew. Denn wenn eine europäische Behörde einen Seenotfall nicht als solchen anerkennt, aber die SEA-EYE 4 die Menschen aus der akuten Lebensgefahr rettet und sie daraufhin in einem europäischen Hafen ausschifft, müsste die deutsche Staatsanwaltschaft mindestens ermitteln, ob Sea-Eye rechtskonform gehandelt hat und gegen unsere Besatzung Untersuchungen einleiten. Dieser Gesetzesentwurf darf deshalb so nicht in Kraft treten, weil er Besatzungsmitglieder kriminalisiert und sie davon abschreckt, auf einem Rettungsschiff humanitäre Hilfe zu leisten. Die italienische Strategie Seenotretter*innen zu kriminalisieren und zu verängstigen darf kein gesetzlicher Standard in Deutschland werden“,

sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

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