Die Flut im Frühsommer hatte die Menschen unvorbereitet getroffen. Tausende Häuser in Deutschland standen im Wasser, zehntausende Menschen standen vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Deutschen spendeten in kaum vorstellbarer Höhe. Die Gelder sollen nun bald verteilt werden.
Die Hochwasserkatastrophe im Frühsommer hat in Deutschland eine immense Spendenbereitschaft ausgelöst. Allein bei der Aktion Deutschland Hilft gingen 39 Millionen Euro ein. Das sei das zweithöchste Spendenaufkommen nach der Tsunamikatastrophe 2004, teilte die Organisation am Dienstag in Regensburg mit. Nun gelte es, die Gelder rasch und gerecht zu verteilen, sagte Dirk Biereige vom Arbeiter-Samariter-Bund. Die Vorgabe sei klar: «Zuerst zahlt die Versicherung, dann der Staat, und erst danach kommen die Spenden.»
In Zusammenarbeit mit den kommunalen Spendenkommissionen soll das Geld in den kommenden Wochen an die Betroffenen vor allem in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein verteilt werden. «Wir wissen, dass die Hochwasseropfer sehnlichst auf die Spenden warten. Aber das Ganze muss ordentlich abgewickelt werden, damit sich niemand bereichert», betonte Martin Steinkirchen von der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Die Flutkatastrophe hatte in Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro verursacht. Bund und Länder hatten zugesagt, 80 Prozent davon auszugleichen, wenn die Versicherung nicht zahlt. Für die fehlenden 20 Prozent sind die Spenden vorgesehen. Bundespräsident Joachim Gauck hatte bei einem Besuch im niederbayerischen Hochwassergebiet Mitte Juni die Solidarität der Deutschen eingefordert. Damals hatte er an diejenigen appelliert, die nicht körperlich anpacken können, zu spenden.
Das Aktionsbündnis, dem 22 renommierte Hilfsorganisationen angehören, hatte sich in den Hochwassergebieten zunächst auf die Soforthilfe konzentriert. Bundesweit räumten tausende freiwillige Helfer überflutete Wohnung aus, und hunderte Gebäudetrockner wurden in die nassen Räume gestellt. «Wir haben anfangs vor allem soziale Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Senioren- und Pflegeheim saniert, damit der tägliche Ablauf schnell wieder gewährleistet war», sagte Dirk Biereige. Zudem boten die Hilfsorganisationen Betreuung und Ferienfreizeiten für Kinder an, damit die Eltern Zeit hatten, die Anträge auf staatliche Hilfen zu stellen.
In Ausnahmefällen wurde auch Geld für Sanierungen vorgestreckt, damit unverschiebbare Baumaßnahmen beginnen konnten. «In diesem Fällen haben wir mit den Trägern Verträge abgeschlossen, damit wir das Geld zurückbekommen, wenn die staatlichen Gelder geflossen sind», betonte Alexandra Bengler vom Malteser Hilfsdienst.
Viele Betroffene seien noch heute traumatisiert. Im Deggendorfer Stadtteil Fischerdorf, in dem tagelang ein Wasser-Ölgemisch drei Meter hoch stand, sei noch immer ein Beratungsmobil im Einsatz. Wochen nach der Katastrophe hatten dort erst 30 Prozent der Betroffenen Fluthilfe beantragt. «Sie waren mit der Situation überfordert und hatten ihre Gedanken einfach woanders», sagte Bengler. Der Verkauf von Beruhigungsmittel in den ortsansässigen Apotheken war in die Höhe geschnellt. Mittlerweile haben aber 60 Prozent der Deggendorfer Flutopfer einen Antrag auf finanzielle Hilfen gestellt.
dpa