Fünf Monate war der Bischofsstuhl in Regensburg unbesetzt. Jetzt hat Papst Benedikt XVI. den Dogmatikprofessor Rudolf Voderholzer zum neuen Oberhirten ernannt. Der 53-Jährige ist noch nicht geweiht, die Erwartungen sind aber bereits groß.
Um Punkt 12.00 Uhr läuten am Donnerstag im Regensburger Dom und in vielen anderen Pfarreien des Bistums die Kirchenglocken. Das tun sie zwar jeden Mittag zum Angelusgebet – aber diesmal gibt es noch einen weiteren, außerordentlichen Grund: Papst Benedikt XVI. hat einen seiner Vertrauten zum Oberhirten von gut 1,2 Millionen Katholiken berufen: den Trierer Dogmatikprofessor Rudolf Voderholzer.
Überraschend ist dies nicht. Schließlich hat der Papst dem 53-Jährigen vor längerem bereits die Leitung des Regensburger Instituts Papst Benedikt XVI. anvertraut, das die Werke Joseph Ratzingers herausgibt. Mehrere Jahre hatte Ratzinger in der oberpfälzischen Domstadt gearbeitet und auch als Papst immer wieder betont, wie sehr ihm das Bistum am Herzen liegt. Schließlich lebt hier der Bruder des Papstes, der ehemalige Regensburger Domkapellmeister Georg Ratzinger.
Hinzu kommt die Nähe Voderholzers zu seinem Vorgänger als Oberhirte in Regensburg, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der als Präfekt der Glaubenskongregation eine wichtige Rolle in Rom spielt. Von 1992 bis 2001 war Voderholzer Müllers Assistent am Lehrstuhl für Dogmatik an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.
«Eigentlich ist Müller gar nicht gegangen», sagt Sigrid Grabmeier von der Reformbewegung «Wir sind Kirche». Sie hoffe jedoch, dass Voderholzer ein eigenes Profil entwickelt. «Wir brauchen einen Bischof, der sich für die Menschen einsetzt und nicht über sie hinweg.» Die Kirchenvolksbewegung hatte sich in der zehnjährigen Amtszeit Müllers heftig mit dem Bischof zerstritten. Nun hoffen sie auf einen konstruktiven Dialog mit dem neuen Oberhirten.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, will offen auf den neuen Bischof zugehen. Klar sei aber auch, dass Voderholzer sich umstellen müsse, «von der wissenschaftlichen Arbeit zur Führung einer Diözese», sagte Glück der «Passauer Neuen Presse». Er rät den Gläubigen, dem neuen Bischof «offen zu begegnen und ihn nicht in eine Schublade stecken oder vereinnahmen zu wollen».
Für den Diözesanadministrator Wilhelm Gegenfurtner ist Voderholzer nicht der verlängerte Arm Müllers: «Er wird Rückgrat gegenüber Rom haben.» Der neue Bischof werde die Eigenständigkeit der Diözese sehen und fördern. Gegenfurtner, der in der Vakanz das flächengrößte bayerische Bistum leitet, fügt hinzu: «Ich hoffe, dass er sehr viel Herzenswärme hat.»
Dies bewies der gebürtige Münchner bereits am Tag seiner Ernennung. Der offiziellen Pressekonferenz des Bistums bleib er fern und feierte lieber als Seelsorger in seiner Pfarrei in Kasel bei Trier das Patroziniumsfest.
An Courage fehlt es dem 53-Jährigen wohl nicht. Als am Vorabend die ersten Gerüchte seiner Ernennung durchsickerten, hielt er sich nicht an die strengen Vorgaben der Vertraulichkeit. Statt – wie bei solchen Personalien üblich – auf einen Vorab-Kommentar zu verzichten, plauderte Voderholzer in einem Zeitungsinterview seine Stimmungslage heraus. «Es ist gleichzeitig die Freude über die Ehre, dass der Heilige Vater mir das zutraut und der riesige Respekt vor dieser Aufgabe», sagt er der «Mittelbayerischen Zeitung».
Voraussichtlich Ende Januar wird Voderholzer im Dom St. Peter geweiht. Von da an wird sich zeigen, ob er die konservative Linie seines Vorgängers weiterführt oder ob der neue Bischof ein eigenes Profil entwickelt.
dpa