Di, 20.02.2024 , 10:07 Uhr

Regensburg: Continental streicht 350 Stellen

Bis spätestens Ende 2025 will Continental weltweit über 7.000 Stellen streichen. Davon sind auch Stellen in Regensburg betroffen. Wie viele es sind – das wollte das Unternehmen bislang nicht sagen. Die Betriebsleitung des Regensburger Standortes hat jetzt die Belegschaft informiert und eine konkrete Zahl bekannt gegeben.

350 Stellen wird Continental am Standort in Regensburg streichen. Das hat die IG Metall nach einem Gespräch der Belegschaft mit der Betriebsleitung bekannt gegeben. Am gestrigen Montag fand ein Webcast statt, wo die Betriebsleitung dies bekannt gegeben hat und auch Fragen der Beschäftigten beantworten wollte.

Continental hatte bereits gemeldet, dass weltweit über 7.000 Stellen gestrichen werden. Bislang war aber nicht bekannt, wie viele Jobs am Standort in Regensburg davon betroffen sind.

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Dieter Koller kritisiert das Vorgehen von Continental. Viele Fragen würden nicht beantwortet und der Betriebsrat sei zu spät informiert worden. Laut Rico Irmischer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Regensburg, habe Conti weder Verantwortung für die Menschen noch für den Konzern übernommen und stattdessen für noch mehr Verunsicherung gesorgt.

Eine offizielle Mitteilung oder Bestätigung von Continental gibt es bislang noch nicht.

 

Mitteilung IG Metall Regensburg

Nachdem der Continental-Vorstand vor fünf Tagen die Sparpläne in einem internen Stream erneut dargestellt und mit der Anzahl der global betroffenen Stellen hinterlegt hat, trat heute die Regensburger Betriebsleitung vor die Belegschaft. In einem Webcast hat der Arbeitgeber den Versuch unternommen, die Fragen der Beschäftigten zu beantworten.

Nach Angaben der Betriebsleitung sind in Regensburg 350 Stellen von den Einsparprogrammen des Vorstandes betroffen.

 

„Was wir wissen ist, dass wir viel zu wenig wissen!“

Dieter Koller, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Continental Regensburg, sagt dazu:

„Diese hohe Zahl erschreckt uns natürlich. In Regensburg arbeiten viele Menschen in den betroffenen Bereichen, daher war uns klar, dass wir im Fokus stehen. Dennoch ist die Zahl deutlich höher, als wir erwartet hatten.“

 

Der Betriebsrat hat immer wieder darauf gedrängt, vom Management umfassend informiert und beteiligt zu werden. Eine Steigerung der Effizienz und damit der Wettbewerbsfähigkeit liegt schließlich auch im Interesse der Arbeitnehmervertretung, solange sie nicht zu Lasten der Beschäftigten geht.

„Leider hat uns die Betriebsleitung erst vergangenen Freitag über den Einschlag in Regensburg informiert. Auf viele unserer Fragen gab es keine Antworten, oftmals nicht mal eine Idee davon.“

 

Koller ist enttäuscht und wütend:

„Das Vorgehen des Unternehmens ist einfach unterirdisch. Anstelle ständig Misskommunikation zu betreiben hätte der Vorstand schon lange mit uns an einem schlüssigen Konzept arbeiten können. Vielleicht hätten wir dann schon Maßnahmen ohne Einschnitte für die Beschäftigten auf den Weg gebracht. Stattdessen tun sie alles dafür, um die Belegschaft, die Betriebsräte und die öffentliche Meinung gegen sich aufzubringen. Das schadet am Ende allen beteiligten!“

 

Bereits im November 2023 sind Sparpläne des Managements durch die Berichterstattung im Manager Magazin öffentlich geworden. Die damals geleakten Zahlen hatte das Unternehmen weder bestätigt noch dementiert. Betriebsrat und IG Metall haben nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Pläne an sich scharf kritisiert.

 

Rico Irmischer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Regensburg dazu:

„Seit vier Monaten sind die Beschäftigten jetzt massiv verunsichert, seit vier Monaten fordern wir Klarheit, Beteiligung und ein langfristiges Zukunftsbild. Und alles, was das Unternehmen liefert, ist noch mehr Verunsicherung. Conti übernimmt weder Verantwortung für die Menschen noch für den Konzern. Das muss sich endlich ändern!“

 

Der Gesamt-Betriebsrat hat schon vor einem Jahr eine Befragung innerhalb der Belegschaft durchgeführt, um herauszufinden, wo der Schuh drückt. Die Ergebnisse liegen dem Vorstand vor und liefern vielfältige Ideen und Anknüpfungspunkte zur Verbesserung der Effizienz. „Anstatt auf die Praktiker:innen im Betrieb, auf die eigene Belegschaft zu hören und die Betriebsräte einzubeziehen holt sich Conti lieber externes Consulting an den Tisch und schmiedet halbgare Pläne“, so Irmischer weiter. „Was wir heute gehört haben fußt auf einer unklaren Datenbasis, es bezieht Effekte der letzten acht Monate nicht mit ein, die Aufteilung der Zahlen auf Zentralfunktionen und Entwicklung liegt nicht vor – und das schlimmste: Der Arbeitgeber bleibt uns das Zukunftsbild schuldig. Das ist eine Bankrotterklärung!“

Der Betriebsrat hat bereits weitere Gespräche eingefordert, in dem der Arbeitgeber die vielen offenen Fragen beantworten soll. „Im Gesamt-Betriebsrat sind wir im intensiven Austausch mit unseren Kolleg:innen der anderen Continental Automotive Betriebe, schließlich geht es nicht nur um Regensburg, sondern um alle Standorte. Von unserer Betriebsleitung erwarten wir nun endlich umfassende Informationen und einen gemeinsamen Prozess im Sinne der Belegschaft. Die Zahl, die wir heute gehört haben, kann und wird nicht die finale Zahl der Betroffenen sein, dafür werden wir kämpfen“, zeigt sich Dieter Koller entschlossen.

„Dass der Arbeitgeber von sozialverträglichen Maßnahmen spricht, gehört eher zum Unternehmens-Sprech als zur Überzeugung des Vorstands. Darauf können sich die Menschen nicht verlassen. Worauf sie sich dagegen verlassen können ist der Druck und Einsatz ihres Betriebsrats und ihrer IG Metall. Wir lassen niemanden im Regen stehen“, so Rico Irmischer.

 

Hintergrund

Am Standort von Continental Automotive in Regensburg sind aktuell rund 4.500 Menschen beschäftigt. Produkte wie High Performance Computer, schlüssellose Zugangssysteme, Fußgängerschutzsysteme, Bordnetzsteuergeräte sowie Beschleunigungs- und Drucksatelliten werden hier entwickelt und gefertigt.

Nach den massiven Einschnitten durch das Unternehmens-Sparprogramm ab Ende 2020 ist die Anzahl der Fertigungsmitarbeiter:innen auf ca. 1.500 gesunken. In Zentralfunktionen sind in etwa 2.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt, in der Entwicklung ca. 1.000.

 

 

Ein Teil unserer Berichterstattung über das Thema

15.02.24: Auch Regensburg betroffen – Stellenabbau bei Continental

 

13.11.23: Continental will weltweit mehrere tausend Stellen streichen

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