Der Dieselskandal in der Automobilindustrie nimmt einfach kein Ende. Zunächst stand vor allem Volkswagen am Diesel-Pranger. Nun ermitteln die Staatsanwälte auch gegen den japanischer Autohersteller Mitsubishi. Bei einer Razzia am Dienstag (21.01.20) ist unter anderem das Continentalwerk in Regensburg durchsucht worden.
Der japanische Autohersteller Mitsubishi steht unter dem Verdacht, Diesel-Käufer mit illegalen Abschalteinrichtungen betrogen zu haben. Bei einer Razzia in vier Bundesländern durchsuchten Ermittler am Dienstag Geschäftsräume der deutschen Mitsubishi-Niederlassung, einer Tochtergesellschaft und zwei großer Zulieferer. Der Zulieferkonzern Continental bestätigte in Hannover Informationen der «Wirtschaftswoche», dass das Unternehmen als Zeuge in dem Verfahren geführt wird.
Es geht laut Mitteilung der Frankfurter Justiz um den Vorwurf des Betruges mit illegalen Abschalteinrichtungen bei Vierzylinder-Diesel-Fahrzeugen mit den Abgasnormen Euro 5 und 6. Diese sollen möglicherweise erkennen, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet. Die Grenzwerte insbesondere für Stickoxide würden dann zwar auf dem Prüfstand, nicht jedoch im Realbetrieb eingehalten.
Insgesamt seien zehn Objekte in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Bayern durchsucht worden, teilte die Staatsanwaltschaft Frankfurt mit. Neben der Mitsubishi-Deutschlandzentrale in Friedberg/Hessen gab es Einsätze in Frankfurt am Main, im Main-Taunus-Kreis, im Landkreis Darmstadt-Dieburg, in Hannover, in Regensburg, im Kreis Freising und im Kreis Heinsberg. Dort sollten Beweismittel gewonnen werden. Die Durchsuchungen dauerten am Nachmittag noch an.
Die Ermittler forderten Käufer von Mitsubishi-Dieselfahrzeugen auf, sich als Zeugen zur Verfügung zu stellen. Sie sollten Kaufvertrag sowie Fahrzeugschein und -brief mit zu einer örtlichen Polizeidienststelle bringen. Dort könnten sie auch Strafanzeige stellen. Betroffen sind Dieselfahrzeuge mit 1,6 Litern Hubraum ab September 2015 und mit 2,2-Liter-Maschinen ab November 2012. Bei einem erhärteten Verdacht drohen den Kunden laut Justiz Fahrverbote und sogar die Stilllegung ihrer Fahrzeuge.
Mitsubishi bestätigte am Dienstag die Durchsuchungen. Inhaltlich äußerte sich die Importgesellschaft zunächst nicht. Das eng mit Nissan und Renault verbundene Unternehmen hatte bereits im Jahr 2016 Manipulationen bei Abgasmessungen eingeräumt. Allerdings ging es damals um Benziner, die nicht nach Deutschland geliefert worden seien.
Continental ist nach Bosch global der zweitgrößte Autozulieferer. Der Dax-Konzern aus Hannover baut seine Strukturen und Angebote derzeit stark in Richtung Elektronik, Sensorik, Elektromobilität und Software um. Seine Antriebssparte hat aber beispielsweise auch Techniken zur Abgasnachbehandlung und Katalysatoren im Programm. Ebenso liefert das Unternehmen Kunden aus der Autoindustrie Bauteile zur Einspritzung von Harnstoff-Lösungen («AdBlue») zu, mit denen die Stickoxide im Abgasstrom reduziert werden sollen.
Prinzipiell ist die Erkennung einer Prüfstandssituation durch eine Software in der Motorsteuerung nicht unzulässig. Nur so können etwa bestimmte Fahrzeug-Diagnoseprogramme ablaufen. Solche Funktionen dürfen jedoch nicht dazu missbraucht werden, dass umgekehrt im Nicht-Testmodus – also auf der Straße – automatisch deutlich höhere Schadstoffwerte zugelassen werden. Die Abgasnachbehandlung darf nicht so eingestellt sein, dass die Reinigung entgegen den offiziellen Schadstoffwert-Angaben grundsätzlich heruntergefahren wird.
Die Entdeckung einer Software zur gezielten Täuschung über die tatsächlichen Abgaswerte auf der Straße hatte im September 2015 zum VW-Dieselskandal geführt. US-Behörden und Wissenschaftler hatten damals herausgefunden, dass die Abgasreinigung vieler Dieselmodelle von Volkswagen nur auf dem Prüfstand voll aktiviert war. Dieser Betrug stürzte den Konzern in eine tiefe Krise, bis heute verbuchte VW mehr als 30 Milliarden Euro an Kosten für juristische Verfahren. Auch mit Blick auf andere Hersteller wurden Zweifel laut, ob möglicherweise Manipulationsprogramme zum Einsatz kamen.
Pressemitteilung dpa