Do, 24.08.2023 , 15:00 Uhr

"Ich dachte, das war's jetzt": Opfer aus der Frankenstraße sagt aus - versuchter Mord mit Hammer und Messer

Ein Mann aus Regensburg steht ab Mittwoch vor Gericht. Er wird beschuldigt, seinen Nachbarn mit einem Messer und einem Hammer schwer verletzt zu haben. Der Vorfall, bei dem Drogen im Spiel gewesen sein könnten, hat im Dezember 2022 für Aufsehen gesorgt.

Update: Aussage des Opfers «Ich dachte, das war’s jetzt»

Die Vernehmung des Geschädigten erforderte ein besonderes Maß an Sensibilität. Der junge Mann verbarg sein Gesicht hinter Sonnenbrille und FFP2-Maske, was ihm der Vorsitzende Richter Michael Hammer gestattete. An seiner Seite waren seine Mutter und seine Therapeutin. Der Beschuldigte, ein 25 Jahre alter Deutscher, hatte zuvor den Saal verlassen müssen.

 

 

Täter sei «in einem Wutrausch» gewesen

In beeindruckender Klarheit schilderte der 20-Jährige, was ihm geschah; wie er vormittags im Bett noch Computer gespielt und arglos die Tür geöffnet habe, als jemand geklopft habe, in der Annahme, es sei sein Freund. Stattdessen sei der Nachbar in die Wohnung eingedrungen, habe sofort zugestochen und Geld gefordert. Schnitte, Stiche, Hammerschläge seien gefolgt, wieder und wieder. Vergeblich habe er versucht, durch die Tür zu fliehen und dann aus dem Fenster zu springen. Der Angreifer habe ihn aufs Bett geworfen. «Ich dachte, das war’s jetzt», habe er sich mehrmals gedacht, sagte der Geschädigte. In Gedanken sei er immer wieder bei seiner Mutter und bei seiner Familie gewesen.

Zwischenzeitlich habe der Angreifer ihn auf den Boden geworfen. Der 25-Jährige habe ihm mit dem Hammer auf die Kniescheibe geschlagen, sagte der 20-Jährige. Er habe ihn geschlagen, wo er nur gekonnt habe. «Ich wusste, dass es vorbei ist. Ich konnte mich nicht schützen. Er war zu schnell.» Dann habe der Angreifer ihm mit dem Messer rund um den Hals geschnitten und die Wohnung nach Geld durchsucht. Etwa 30 Minuten dauerte der Gewaltexzess den Ermittlungen nach. Der Täter sei «in einem Wutrausch» gewesen, sagte der Geschädigte.

 

Nachbarn retten das Opfer

Als er geglaubt habe, der Angreifer habe die Wohnung verlassen, sei er aufgestanden. Er habe überleben wollen, er habe seine Familie wiedersehen wollen. Unter Tränen schilderte er, dass der Täter dann doch noch da gewesen und wie es ihm gelungen sei, aus der Wohnung zu fliehen. Vor der Tür eines Nachbarn habe er keine Kraft mehr gehabt und sei auf den Boden gefallen. Mit Tritten gegen die Tür sei es ihm gelungen, auf sich aufmerksam zu machen.

Der Täter habe dann den Nachbarn attackiert, der davongelaufen sei, auch der Täter sei geflohen. Eine Frau habe ihn angesprochen und sei ebenfalls gegangen. Er habe gedacht, alle ließen ihn liegen und habe sich «wie ein Mülleimer» gefühlt – aber die Frau habe er lediglich nicht verstanden und später erfahren, dass sie Hilfe rufen wollte. Dann sei die Putzfrau gekommen und habe gesagt, dass sie den Krankenwagen hole. «Da habe ich gewusst, dass ich leben werde. Dass sie mich nicht im Stich gelassen hat, war so wichtig für mich. Ich habe gesagt „danke“.» Der angegriffene Nachbar hatte zudem vor dem Haus Passanten aufgefordert, die Polizei zu rufen.

 

Täter hat Brief geschrieben

«Den Überlebenswillen, den Sie da gezeigt haben, das ist unglaublich», sagte der Vorsitzende Richter nach der Vernehmung. Für den 20-Jährigen sind die Tat und ihre Folgen gravierend. Seine Ausbildung zum zahnmedizinischen Fachangestellten konnte er nicht fortsetzen. Er könne nicht schlafen, habe die Geräusche der Hammerschläge auf seinen Kopf in Erinnerung, werde beim Hören bestimmter Wörter an die Tat erinnert. Er könne nicht mehr allein auf die Straße gehen – aus Angst, jemand könnte ihn umbringen.

Ein Polizist schilderte als Zeuge, wie er das Opfer im Flur liegend antraf. Der Mann sei «von oben bis unten voller Blut und aufgeschnitten» gewesen. Durch einen Schnitt am Kinn habe man die Zähne gesehen. Den Ermittlungen nach hatte der junge Mann während des Angriffs vergeblich den Sprachassistenten Alexa aufgefordert, die Polizei zu rufen, was in der Verhandlung jetzt nicht zur Sprache kam.

Der Beschuldigte machte am Mittwoch selbst keine Angaben. Sein Verteidiger sagte, sein Mandant bereue die Tat und habe dem Geschädigten einen Brief geschrieben. Diesen überreichte er am Mittwoch dem Anwalt des 20-Jährigen.

Für das Verfahren wurden zunächst sieben weitere Verhandlungstage angesetzt. Die Fortsetzung war für Donnerstag geplant.

 

 

Prozessauftakt am Landgericht Regensburg

Ein erschütternder Fall von Gewalt beschäftigt ab Mittwoch das Landgericht Regensburg. Einem Mann wird vorgeworfen, im Dezember 2022 brutal auf seinen 19-jährigen Nachbarn eingestochen und eingeschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 25-jährigen Deutschen versuchten Mord vor. Der Beschuldigte könnte aber aufgrund seines Drogenkonsums zum Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen sein.

 

Video: Prozessauftakt versuchter Mord

 

Der Geschädigte ist den Angaben nach schwerst traumatisiert und wird angesichts seiner Verletzungen dauerhaft entstellt bleiben. Laut den Ermittlungen klingelte der Angeklagte bei seinem 19-jährigen Nachbarn, drückte die Tür auf und stach ihm unvermittelt in den Bauch. In einem mutmaßlichen psychischen Ausnahmezustand, der durch Drogeneinfluss verursacht worden sein könnte, forderte der Angreifer 10.000 Euro von seinem Opfer. Anschließend attackierte er den 19-Jährigen immer wieder mit Messer und Hammer.

Das Opfer versuchte verzweifelt über den Sprachassistenten „Alexa“ die Polizei zu rufen, was jedoch nicht funktionierte. Trotz der lebensgefährlichen Verletzungen, die ihm zugefügt wurden, schaffte es der junge Mann, bei seinen Nachbarn um Hilfe zu klopfen, bevor er zusammenbrach.

Für den Prozess sind acht Verhandlungstage anberaumt. Die Fortsetzung ist für Donnerstag geplant.

 

dpa/ MB

 

Unsere Berichte über die Tat:

Update: Mann in Frankenstraße schwer verletzt

 

Großeinsatz in Frankenstraße: Mann schwer verletzt

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