In der Votivmesse für den Papst, der die Texte des heutigen Abends entnommen sind, ist als Evangelium der Abschnitt aus dem 21. Kapitel des Johannesevangeliums vorgesehen, den wir soeben vom Diakon vorgetragen bekommen haben.Er bringt uns die Ursprünge des Petrusdienstes in Erinnerung, der im Papstamt seine geschichtliche Fortsetzung und Vergegenwärtigung findet. Simon, der Fischer vom See Genesareth war der erste der von Jesus in die besondere Nachfolge Gerufenen. Schon vor Ostern ist er auch der erste der Jünger, der in allen Apostellisten als erster genannt wird und der immer wieder stellvertretend für alle das Wort ergreift. Allem voran tat er es in Caesarea Philippi, als der Herr die Jünger zuerst fragt, für wen ihn die Menschen halten. Für einen großen Mann, einen Propheten, einen religiös überdurchschnittlich Begabten also… Wir kennen die Antworten und spüren, dass sie durchaus an Aktualität nichts eingebüßt haben. Ein großer Mann eben, aber doch nicht mehr, und das ist zu wenig. Als der Herr weiterfragt: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ da antwortet Simon: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“. In Petrus bekennt die ganze Kirche sich zu Jesus Christus, ihrem Herrn, und damit zum Retter der Welt.
Die Szene des heutigen Evangeliums führt uns zum Ostermorgen und noch einmal an den Ort, an dem Simon zum Menschenfischer berufen worden war. Dorthin war er nach der vermeintlichen Katastrophe des Karfreitags und nach seinem Versagen in Gestalt dreimaliger Verleugnung fluchtartig zurückgekehrt. Doch der Herr hält ihm die Treue. Dreimal fragt er ihn nach seiner Liebe und er gibt ihm so die Chance, seine Schuld und sein Versagen anzuschauen, einzugestehen und durch das neue Bekenntnis und die Erklärung seiner Liebe zu überwinden: „Du weißt alles, Herr, Du weißt auch, dass ich Dich lieb habe.“ Den glaubenden und den liebenden Simon, den liebend glaubenden und den glaubend liebenden, den die Tränen der Reue innerlich gereinigt und demütig gemacht haben, ihn macht der Herr selbst zum Petros, zum Fels und zum universalen Hirten der Kirche. „Weide meine Schafe.“ Beim Papstamt, das in der Nachfolge des Petrusdienstes steht, handelt es sich somit nicht um die fromme Spielart weltlicher Monarchie. Der Papst ist nicht der Repräsentant einer vermeintlich längst überholten vor-demokratischen Vergesellschaftung Gleichgesinnter, sondern das Fundament und das Prinzip der Einheit des Bischofskollegiums und somit sichtbares Prinzip auch der Einheit der Kirche. Was der Herr dem Simon Petrus aufgetragen hat, das ist auch erste Aufgabe eines jeden Papstes in der Kirchengeschichte: „Wenn du dich bekehrt haben wirst, dann stärke deine Brüder“ (Lk 22,32).
Benedikt XVI. hat uns, seine Brüder im Priester- und Bischofsamt, aber auch alle Gläubigen immer und immer wieder gestärkt durch sein Wort, durch seine Verkündigung, seine Ansprachen, seine Predigten. In Regensburg erinnern wir uns dankbar an den Pastoralbesuch im Jahre 2006, als er mit uns auf dem Islinger Feld die Eucharistie feierte, und an die große Rede im Auditorium maximum der Universität, die als die „Regensburger Rede“ in die Geschichte eingehen sollte. Mit ihr – und wohl gerade auch mit der in ihr enthaltenen Provokation – hat er dem christlich-islamischen Dialog einen entscheidenden Impuls gegeben, wie längst auch von Seiten islamischer Gelehrter anerkannt wird. Papst Benedikt hat uns gestärkt nicht zuletzt durch seine Bücher, vor allem durch die drei Bände seines Jesus-Buches, in denen er im Licht des Petrus-Bekenntnisses die Botschaft der Evangelien auslegt, im Gespräch mit der aktuellen Bibelwissenschaft, mit jüdischen Gelehrten und zugleich in einer schönen Sprache und mit der unvergleichlichen Gabe, schwierige Sachverhalte einfach und verständlich darzulegen. Sein Wort hat uns alle gestärkt, sein Wort hat uns Zusammenhänge erschlossen, sein Wort hat geholfen, den Einklang von Glauben und Vernunft zu erfassen und gerade auch so erhobenen Hauptes und froh Christen, katholische Christen zu sein. Heiliger Vater, wir sagen in dieser Stunde dafür herzlich Vergelt’s Gott! Benedikts Wort wird uns weiterhin zugänglich sein durch die Bücher und die anderen Formen der Veröffentlichung in digitaler Weise als Hörbuch und vieles mehr. Und wir sind stolz, in Regensburg durch das Institut Papst Benedikt XVI. mit der Organisation seiner theologischen Schriften vor der Papstwahl und auch durch die Betreuung des Hauses in Pentling der Verbreitung und der Rezeption dieses Werkes auch fortan dienen zu dürfen. Papst Benedikt gehört längst zu den ganz großen Predigern auf dem Stuhl Petri und zu den Kirchenlehrern der Moderne.
Liebe Schwestern und Brüder im Herrn! Wir ehren Papst Benedikt und danken ihm am besten dadurch, dass wir seinen Aufruf befolgen, weiterhin für ihn zu beten und uns von ihm auch immer wieder neu einführen zu lassen in die Mysterien des Glaubens. Wir ehren ihn und danken ihm, wenn wir für ihn, aber auch für die ganze Kirche, insbesondere jetzt für die Kardinäle beten, die sich in 14 Tagen daran machen werden, herauszufinden, wen Gott der Herr als Nachfolger des Petrus vorgesehen hat. Wir ehren ihn und danken ihm, wenn wir seinen Nachfolger, den die Kardinäle bald wählen werden, als den universalen Hirten der Kirche annehmen und uns durch ihn und sein Zeugnis vom Herrn der Kirche selbst leiten lassen. Am Ende dieser meiner Predigt aber soll ein Wort von Papst Benedikt selbst stehen. Im Jahr 1991 hat er noch als Kardinal Ratzinger in einem Vortrag in brillanter Weise die Grundzüge des Petrusamtes und des Primats des Bischofs von Rom aufgezeigt. Dort heißt es abschließend, ich zitiere ihn: „Der römische Primat ist nicht eine Erfindung der Päpste, sondern ein auf den Herrn selbst zurückreichendes und in der werdenden Kirche getreulich entfaltetes Wesenselement der kirchlichen Einheit. […] Indem wir dies in den Fakten der Geschichte sehen, feiern wir nicht Menschen, sondern preisen wir den Herrn, der die Kirche nicht verlässt und der sein Felssein durch Petrus, den kleinen Stolperstein, ausüben wollte: Nicht ‚Fleisch und Blut‘ retten, aber der Herr rettet durch die, die aus Fleisch und Blut sind, hindurch. [Das zu leugnen ist nicht ein Mehr an Glaube, nicht ein Mehr an Demut, sondern es ist das Zurückweichen vor der Demut, die Gottes Willen so anerkennt, wie er ist.] Daher bleibt die Petrusverheißung und ihre geschichtliche Verwirklichung zu Rom im tiefsten immer neu Grund zur Freude: „[Du bist Petrus der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Und] die Mächte der Hölle werden sie nicht überwältigen …“ (Joseph Ratzinger, Primat Petri und Einheit der Kirche, in: JRGS 8,610-628, hier 626.628). Amen.
pm Bistum