Mi, 24.01.2024 , 11:25 Uhr

Lokführerstreik: "Massive Beeinträchtigungen" auch in Bayern

Der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) bei der Deutschen Bahn ist angelaufen und wird in den kommenden Tagen auch in Bayern starke Auswirkungen haben. Zum vierten Mal im laufenden Bahn-Tarifstreit streikt die Lokführergewerkschaft. Die Unzufriedenheit mit dem Vorgehen der Arbeitnehmer wächst.

«Im gesamten Fern- und Regionalverkehr kommt es bis einschließlich Montag zu massiven Beeinträchtigungen durch den Streik der GDL», teilte eine DB-Sprecherin am Mittwochmorgen in München mit. Die Bahn hat einen Notfahrplan im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr eingerichtet, der den Angaben zufolge am Morgen wie geplant angelaufen ist.

«Im Regionalverkehr ist es das Ziel, ein stark reduziertes Angebot zu fahren», sagte die Sprecherin. «In welchem Umfang dies möglich ist, unterscheidet sich regional stark.» Die Bahn riet Reisenden dazu, Sitzplätze zu reservieren und sich 24 Stunden vor Fahrtantritt erneut über die Verbindung zu informieren.

Im seit November laufenden Tarifstreit ist es der vierte und mit sechs Tagen längste Arbeitskampf. Neben finanziellen Forderungen dreht sich die Auseinandersetzung vor allem um die Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter. Die GDL will diese von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt reduzieren.

Die Bahn hat bisher ein Wahlmodell angeboten, das eine einstündige Absenkung ohne finanzielle Einbußen vorsieht. Wer sich dagegen entscheidet, erhält stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. Gewerkschaftschef Claus Weselsky sieht in der Offerte keine Grundlage für weitere Verhandlungen.

 

Unser Bericht über den Streik

 

Streit um Arbeitszeit prägt den Konflikt

Knackpunkt der Verhandlungen ist die Forderung der GDL nach einer Absenkung der Arbeitszeit für Beschäftigte im Schichtbetrieb. Vor allem Lokführer und Zugbegleiter sind in der GDL organisiert. Ihre Wochenarbeitszeit soll von 38 auf 35 Stunden sinken, ohne, dass sie auf Geld verzichten müssen. In einem Schreiben an die Deutsche Bahn hat die Gewerkschaft die Forderungen weiter konkretisiert.

«Die Vorschläge orientieren sich an den Tarifabschlüssen, die wir in den vergangenen Wochen mit unseren Tarifpartnern erzielen konnten», heißt es in dem Schreiben, das die GDL am Mittwoch veröffentlicht hat. Die Arbeitszeitreduzierung soll demnach stufenweise umgesetzt werden, der letzte Schritt soll zum 1. Januar 2028 erfolgen.

Die Bahn lehnte die Vorschläge der GDL als Grundlage für weitere Verhandlungen ab. Es handele sich lediglich um die «Wiederholung altbekannter Maximalforderungen», sagte eine Sprecherin am Mittwochmorgen.

«Was die Deutsche Bahn AG macht, ist nichts anders als die wiederholende Ablehnung aller Forderungen», kritisierte GDL-Chef Claus Weselsky am Mittwoch im ZDF-«Morgenmagazin». Die Bahn bewege sich nur millimeterweise. Auf die Frage, wann die Gewerkschaft wieder verhandeln werde, sagte der Gewerkschafter: «Sobald die Deutsche Bahn vom hohen Ross herunter kommt.»

 

Verkehrsminister fordert Schlichtung

Schon nach der zweiten Verhandlungsrunde hatte die GDL die Gespräche mit der Bahn für gescheitert erklärt. Seit November wurde nicht mehr verhandelt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte die Gewerkschaft am Mittwoch auf, über eine Schlichtung mit einem externen Vermittler zu einer Lösung zu kommen.

Er erwarte von der Gewerkschaft, dass sie Verantwortung übernehme und an den Verhandlungstisch komme, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk. «Und wenn das so festgefahren ist, dass man offensichtlich nicht mehr miteinander reden kann, dann brauchen wir dringend eine Mediation oder ein Schlichtungsverfahren.» Allerdings schätzt auch der Minister die Chancen für eine Schlichtung derzeit als gering. Die GDL lehnt ein solches Verfahren weiterhin ab.

 

Unzufriedenheit wächst

Unterdessen wächst die Unzufriedenheit nicht nur in der Wirtschaft und bei den Fahrgästen. Auch der Interessenverband Allianz pro Schiene, in dem die GDL Mitglied ist, der aber auch von der Bahn unterstützt wird, kritisierte das Vorgehen der Arbeitnehmerseite. «Die häufigen und zunehmend längeren Streiks auf der Schiene sind Querschüsse für die Verkehrswende», teilte Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege am Mittwoch mit. «Sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Reisenden wird Vertrauen zerstört.» Er wünsche sich ein verbales Abrüsten. Zudem sprach sich Flege ebenfalls für Schlichtung aus.

Wirtschaft fürchtet große Schäden

Der Streik führt auch im Güterverkehr zu erheblichen Einschränkungen. «Auch der europäische Güterverkehr über die Alpen, Polen oder nach Skandinavien sowie die Seehäfen in Holland oder Belgien sind betroffen», teilte die Bahn mit. Bereits vor dem Streik sei ein deutlicher Mengenrückgang registriert worden, weil viele Kunden Transporte abbestellt hätten.

Unternehmen drohten harte Einschränkungen bis hin zu einzelnen Produktionsausfällen, Drosselungen und Stillständen in der Industrie, sagte Tanja Gönner, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie. «Bei einem sechstägigen Streik ist eine Schadenshöhe von insgesamt bis zu einer Milliarde Euro nicht unrealistisch.»

 

Notfahrplan sicher angelaufen

Für Fahrgäste im Personenverkehr hat die Deutsche Bahn erneut einen Notfahrplan erstellt. Er sei am Mittwochmorgen stabil angelaufen, teilte die Bahn mit. Der Fahrplan soll ein stark reduziertes, dafür aber verlässliches Angebot bereitstellen. Fahrgäste können sich über die Internetseite der Bahn oder die App «DB-Navigator» über ihre Fahrt informieren. Zudem hat die Bahn eine Info-Rufnummer eingerichtet. Für gebuchte Fahrten während des Streikzeitraums ist die Zugbindung aufgehoben. Kundinnen und Kunden können ihre Reisen somit auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

 

Längster GDL-Streik

Der Ausstand auf der Schiene soll bis Montagabend um 18.00 Uhr andauern. Mit Einschränkungen ist auch danach noch zu rechnen. Der vierte Arbeitskampf der GDL im laufenden Tarifstreit mit dem bundeseigenen Konzern sei «der längste in der Geschichte der Deutschen Bahn», sagte die Sprecherin. 136 Stunden soll er im Personenverkehr andauern, 144 Stunden im Güterverkehr. Der Streik umfasst erstmals im aktuellen Konflikt auch ein komplettes Wochenende.

 

 

Matthias Arnold und Fabian Nitschmann, dpa / MB

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