Der Kreistag des Landkreises Regensburg hat gestern eine Resolution zum Hochwasserschutz verabschiedet. Darin wird die Bayerische Staatsregierung aufgefordert, die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Belastungen des Landkreises Regensburg durch den Donauausbau und vor allem auch deren bis heute existierenden massiven Auswirkungen auf das Grundwasser anzuerkennen.
Von der Bayerischen Staatsregierung, so der gemeinsam von Landrätin Tanja Schweiger und den Fraktionssprechern Christian Kiendl, Harald Stadler, Rainer Hummel, Maria Scharfenberg, Richard Wild und Johann Jeserer eingereichte Resolutionsantrag, „wird verantwortungsvolles Handeln gefordert, wonach der bisherige Grundsatz „Abwägung aller Interessen und gleiche Lastenverteilung“ weiter Gültigkeit hat.“ Die Resolution, die der Kreistag einstimmig angenommen hat, ist an Ministerpräsident Markus Söder, Stellvertretenden Ministerpräsident Hubert Aiwanger und Umweltminister Thorsten Glauber gerichtet.
Regensburger Resolution zum Hochwasserschutz:
Der Landkreis Regensburg ist mit seinen Flüssen Donau, Naab, Regen und Schwarze Laber ein wasserreicher Landkreis. Dementsprechend intensiv ist seit Jahrzehnten das Engagement im Bereich des Hochwasserschutzes. Viele Überschwemmungen und Hochwasserkatastrophen an der Donau führten dazu, den erforderlichen Hochwasserschutz im Zusammenhang mit dem Bau des Rhein-Main-Donaukanals, inklusive des Ausbaus der Staustufe zu realisieren. Seitdem leben die Donauanlieger mit deutlich erhöhten Grundwasserständen. Aufgrund fehlerhafter Bauausführungen und weiterer Infrastrukturmaßnahmen, wie intensivem Kiesabbau, gibt es seit dem Donauausbau etliche Anlieger, die regelmäßig Grundwasser in ihren Häusern haben. Daher bereiteten uns seit 2005 die Ideen von Flutpoldern in unserem Landkreis Sorge. Mit viel Aufwand haben wir den Dialogprozess begleitet, unsere Sachargumentation und Erfahrungen vorgebracht. Diese besondere Situation lässt den Kreistag des Landkreises Regensburg zu dem ungewöhnlichen Mittel einer Resolution greifen.
Nach dem Jahrhunderthochwasser 2013 hat die Staatsregierung ein Flutpolder-Konzept an der Donau entwickelt. In den Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern wurde 2018 ein Baustopp für drei Polder hineinverhandelt. Tenor war, dass die Polder keinen Sinn machen. Da wäre der Schaden größer als der Nutzen, hieß es. Bei vielen Menschen in der Region wurden dadurch große Hoffnungen geweckt, endgültig vom Damoklesschwert Flutpolder befreit zu sein. Umso härter war der Rückschlag für uns, als das bayerische Kabinett im Januar eine Bedarfsanalyse zur Auswirkung der geplanten Polder auf das Grundwasser vorlegte und in diesem Zusammenhang vom Aus der Flutpolder Bertoldsheim, Eltheim und Wörthhof wieder abrückte und vertiefende Untersuchungen ankündigte. Zudem wurde beschlossen, dass bei der vertiefenden Untersuchung besonders im Fokus stehen wird: “inwieweit Flutpolder an den Standorten Bertoldsheim, Eltheim und Wörthhof durch alternative Maßnahmen zu ersetzen sind.“.
Unabhängig davon begrüßen wir die Intensivierung und Mittelerhöhung im Bereich des schnellst möglich umsetzbaren Hochwasserschutzes (HQ-100-Schutz) durch die Bayerische Staatsregierung. Wir fordern aber auch, im Sinne einer echten Solidarität, die Berücksichtigung folgender Belange:
Unsere Region trägt seit vielen Jahrzehnten massive Belastungen
- Bei uns wurden bereits 1.300 ha für verschiedene Infrastrukturmaßnahmen in Anspruch genommen.
- Über 600 ha natürliche Retentionsräume (ca. 18 Mio. m³) wurden zudem in Stöcklwörth, Pfatterer Au und Gmünder Au zur Verfügung gestellt.
- Wir schultern große Infrastrukturbelastungen wie: Mero, A3-Ausbau, Donauausbau, großflächigen Rohstoff- und Kiesabbau und sollen nun auch noch mit Flutpoldern belastet werden.
- Während man unserer Region zumutete, dass die Donau 1976 ausgebaut wurde, war das in Niederbayern jahrzehntelang nicht möglich und damit auch Auslöser der Katastrophe 2013 in Fischerdorf. Ein auf ein 30-jährliches Hochwasser ausgelegter Damm kann keinem 100-jährlichen Hochwasser widerstehen.
Verlässlichkeit
- Bei dem Donauausbau 1976 wurde den Anliegern zugesichert, dass sie mit keinen weiteren Baumaßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes mehr konfrontiert werden: „dass damit dann endgültig Schluss ist“; wenn sie ihre Flächen einbringen. Dies brachte am Ende die Hochwasserfreiheit vor Ort mit einem HQ-100 Schutz zuzüglich einem Meter Freibord.
- Der hiesigen Bevölkerung wurde von der Regierung der Oberpfalz mit Bescheid vom 28.07.2008 verbindlich zugesichert, dass die Fortschreibung des Regionalplans ohne diese Flutpoldergebiete erfolgt. Dies wurde 2013 faktisch wieder für nichtig erklärt.
- Wir setzen auf die langjährige Zusage der Ministerpräsidenten Seehofer, Söder und des Umweltministeriums, dass nichts gebaut wird, was Schaden zufügt, sowie auf die Zusage des stellv. Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger, dass es mit ihm keinen Polderbau geben wird.
Ergebnisse der Gutachten bestätigen hiesige Erfahrungen
- Beim Donauausbau sorgten die geologischen Problematiken für eine Verschärfung der Grundwasserverhältnisse durch Leckagen.
- Die vom Umweltministerium im Januar 2019 der Öffentlichkeit vorgelegten Gutachten vom November 2018 sind teilweise älter als ein Jahr. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass diese nun veröffentlicht wurden.
- Der befürchtete Grundwasseranstieg, die negativen Erfahrungen mit den Spundungen und den hiesigen schwierigen geologischen Verhältnissen werden in den Gutachten bestätigt. Dies soll technisch kompensierbar sein, aber weiter heißt es: „Unsicherheiten bleiben, trotz der guten Datenlage“. Trotz vieler Fakten gibt es also für uns keine 100%ige Sicherheit.
Bayerische Staatsregierung ist gefordert
Auch wenn aus unserer Sicht der Verzicht auf die Regensburger Polder aus sachlichen Erwägungen heraus längst nachgewiesen ist, fordern wir:
- eine gesellschaftliche Debatte über Machbarkeit und Sinnhaftigkeit im Zusammenhang mit einer angemessenen Kosten-Nutzen-Abwägung. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist wirtschaftlich sinnvoll, durchsetzbar und zumutbar.
- die Erkenntnisse aus dem Hochwasser-Dialogprozess in diese Abwägung einfließen zu lassen, insbesondere die Thematik Flutpolderdemenz und Besiedelung von Hochwasserschutzgebieten.
- die Erkenntnis aus dem Hochwasserdialog anzuerkennen, dass Flutpolder am Ende durch eine vermeintliche Scheinsicherheit mehr Schaden anrichten, als nutzen können.
- eine vertiefende, unabhängige Untersuchung der Alternativen, beispielsweise eines Staustufenmanagements.
- eine ernsthafte Prüfung des Rückbaus der über 300 m breiten Donau und damit verbunden eines Retentionsraums für Extrem-Hochwasser einerseits und Ökologie andererseits.
- von der bayerischen Staatsregierung verantwortungsvolles Handeln, wonach der bisherige Grundsatz „Abwägung aller Interessen und gleiche Lastenverteilung“ berücksichtigt wird.
- das Potential des Sylvensteinspeichers auf den Prüfstand zu stellen.
- ebenso, wie der Kreistag von Straubing-Bogen, dass der Staat den Gemeinden für die Errichtung von naturnahen und technischen Rückhalteeinrichtungen eine höhere Förderung als die vor einigen Jahren reduzierten Werte von 65 Prozent gewährt. Hier müsste zumindest eine Anhebung auf 85 Prozent vorgesehen werden.
Der Landkreis Regensburg nimmt seine Aufgaben ernst
- Mit 300 ha, bzw. 270 km Gewässerrandstreifen belegt der Landkreis Regensburg bereits jetzt den ersten Platz in der Oberpfalz und zweiten Platz in ganz Bayern.
- Unser Landschaftspflegeverband ist vorbildlich und nimmt sich der Themen ökologischer Gewässerausbau, Bodenschutz, Wasserrückhalt in Zusammenhang mit boden:ständig und Gewässerunterhalt beispielhaft an.
- Unsere Landwirte sorgen mit „immergrünen Äckern“ für hohe Bodenspeicherfähigkeit, weil sie wissen, dass mit einem gut humusversorgten Boden mehr Wasser in der Fläche bleibt.
Solidarität mit unserem Raum, Fairness und Ehrlichkeit
- Solidarität ist keine Einbahnstraße zu Gunsten einer Seite und zu Lasten einer anderen.
- Den Erhalt eines „Freischeins“ für die Besiedelung von hochwassergeschützten Gebieten aufgrund der geplanten Flutpolderkette sehen wir nicht als Solidarbeitrag an.
- Wir begrüßen ausdrücklich, dass seitens des Umweltministeriums zugesichert wurde, keine Fischerdorf-Bilder mehr in Verbindung mit den Regensburger Poldern zu bringen, da hier kein Zusammenhang bestand.
- Wir begrüßen es, dass das Bayerische Umweltministerium klar gestellt hat, dass die Regensburger Flutpolder in Passau keine Wirkung mehr zeigen.
Pressemitteilung Landkreis Regensburg