Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek( CSU) will mögliche Betrügereien bei Corona-Teststationen «mit aller Härte» bekämpfen. Das kündigte Holetschek am Montag nach einer Konferenz der Länder-Gesundheitsminister mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an. Bayern hat derzeit den Vorsitz in der Gesundheitsministerkonferenz.
«Wir werden in Bayern jedem Verdacht mit aller Härte nachgehen. Illegales Handeln werden wir konsequent unterbinden», sagte Holetschek. Niemand dürfe an der Pandemie unrechtmäßig Geld verdienen. «Dazu muss auch der Bund nachschärfen», sagte der Minister.
Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) forderte bessere Kontrollen. «Die Kontrollpraxis sollte auf jeden Fall geändert werden», sagte ein KVB-Sprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur in München. Die Vereinigung selbst sei «allerdings ein Organ der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und keine staatliche Kontroll- oder gar Ermittlungsbehörde», betonte er. Sie könne daher Prüfungen nur «in einem sehr begrenzten Rahmen durchführen».
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte ihrerseits die Kassenärztlichen Vereinigungen oder die Gesundheitsminister zu mehr Kontrollen auf. Holetschek müsse dies anordnen. «Der bayerische Gesundheitsminister muss verhindern, dass Hygienemängel, unprofessionelle Organisation oder falsche Probenentnahme zu unnötig vielen falschen Testergebnissen führen», heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. Ein Alarmsignal sei es, wenn etwa die Personendaten nicht überprüft oder die Handschuhe nicht vor jedem Test desinfiziert werden. Anlassunabhängige Qualitätsprüfungen seien unerlässlich.
Die Gesundheitsminister hätten auf ihrer Online-Sitzung besprochen, den Abgleich von geliefertem Testmaterial und tatsächlich durchgeführten und gemeldeten Tests noch stärker in den Fokus zu nehmen, betonte Holetschek. Zudem sei die stärkere Einbindung von Zoll und Finanzbehörden besprochen worden, sagte Holetschek.
Derzeit sei in Bayern ein Fall bekannt, bei dem es zu Abrechnungsbetrug gekommen sein soll. Die Strafverfolgungsbehörden ermittelten, sagte ein Ministeriumssprecher. In welchem Teil Bayerns dieser Verdachtsfall aufgetreten sei, sagte der Sprecher unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.
Holetschek betonte, das die bisher bekanntgewordenen Probleme bezogen auf die große Zahl privater und kommunaler Teststellen nur Einzelfälle seien. «Ich will ganz klar sagen: Die Qualität und Zuverlässigkeit unserer Teststellen in ganz Deutschland hat ihren entscheidenden Beitrag geleistet zu der gegenwärtig immer besser werdenden Lage in der Pandemie. Eine überbordende Bürokratie darf diese Erfolge auf keinen Fall in Frage stellen», sagte der Minister.
Die SPD im Landtag forderte eine klarere Aufklärung von Holetschek. «Nach dem Maskenskandal zeichnen sich neue Unregelmäßigkeiten bei Corona-Tests ab», sagte SPD-Landes- und Fraktionschef Florian von Brunn. «Wenn Klaus Holetschek hier den Aufklärer gibt, dann reicht es nicht, mit dem Finger nach Berlin zu zeigen. Er muss uns schon erklären, was die Staatsregierung selbst tut, um schamlose Geldmacherei mit Corona-Tests zu unterbinden.» Es müsse auch geklärt werden, ob sich Politiker für Test-Hersteller eingesetzt hätten.
Der Verdacht auf Fälle von Abrechnungsbetrug bei Bürgertests in Deutschland zieht seit dem Wochenende immer weitere Kreise, die Strafverfolgungsbehörden ermitteln. Verdachtsfälle in mehreren Bundesländern waren am Montag Thema einer Sitzung der Gesundheitsminister der Bundesländer mit Bundesminister Jens Spahn (CDU). Angestrebt werden kurzfristig Neuregelungen in der Testverordnung.
In Bayern gibt es Tausende Corona-Teststellen, die bislang mit der Vereinigung abgerechnet und rund sechs Millionen Tests durchgeführt haben. Allein 2100 Apotheken testen, 600 Testationen sind laut Gesundheitsministerium in privater Regie.
Laut Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) werden die sogenannten Bürgertests seit April dieses Jahres abgerechnet. Die Zahlungen erfolgen immer zur Monatsmitte. In den Monaten April und Mai zahlte das BAS 659 Millionen Euro für Antigentests insgesamt an die Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland. Davon entfielen rund 275 Millionen auf Beschaffungskosten und die übrigen 384 Millionen auf die Test-Pauschalen.
An die Kassenärztliche Vereinigung Bayern wurden knapp 71 Millionen Euro für Antigentests ausgezahlt - davon rund 27 Millionen für Beschaffungskosten und gut 43 Millionen Euro Pauschalen für den Abstrich.
dpa
In der Rubrik Corona in Bayern hat sich Gesundheitsminister Klaus Holetschek ebenfalls zum Thema Test-Betrüger geäußert. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier: