Der Freistaat Bayern steuert in diesem und im kommenden Jahr wegen der Corona-Krise auf einen nie da gewesenen Einbruch bei den Steuereinnahmen zu. Alleine für 2020 geht die Steuerschätzung von einem Rückgang von rund 4,2 Milliarden Euro im Vergleich zur Schätzung im vergangenen Herbst aus.
«Die Lage bleibt eine große Herausforderung. Auch die neuesten Schätzungen zeigen, dass wir in diesem und nächstem Jahr mit einem massiven Rückgang der Steuereinnahmen rechnen müssen», sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur in München. «Es zeichnet sich ab, dass die nächsten Jahre noch schwieriger werden als zuletzt erwartet.»
Bereits die Vorausberechnung im Mai hatte Bayern Steuerverluste bis 2022 von mehr als zehn Milliarden Euro vorausgesagt. Nun zeichnet sich noch deutlicher ab, dass die finanziellen Folgen der Pandemie noch weitaus schlimmer werden dürften.
Bayern ist mit der schlechten Steuerprognose keineswegs alleine. Das Bundesfinanzministerium teilte am Donnerstag in Berlin mit, dass Bund, Länder und Kommunen allein 2021 mit 19,6 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen müssen als im Mai erwartet.
Für Bayern, unter den Bundesländern seit vielen Jahren der Primus bei den Steuereinnahmen, ist es die historisch schlechteste Steuerschätzung. Zum Vergleich: Nach dem Ausbruch Finanzkrise beliefen sich die geschätzten Einnahmerückgänge zwischen Herbst 2008 und Mai 2009 auf rund 1,5 Milliarden Euro.
Mindestens in diesem Jahr sollen die Löcher im Staatshaushalt und die milliardenschweren Hilfsprogramme wegen der Corona-Krise über neue Schulden ausgeglichen werden – der Landtag hat dafür in diesem Jahr eine Schuldenaufnahme von bis zu 20 Milliarden Euro genehmigt.
Offen ist in dem Kontext noch, ob Bayern wie der Bund wegen der schlechten Prognose auch im kommenden Jahr die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse aussetzen muss. Nachdem die Regierung um Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aber seit Beginn der Krise eine offensive Investitionspolitik vertritt und einen rigiden Sparkurs auch aus Sorge vor Folgewirkungen für die Wirtschaft ablehnt, dürfte der nächste Doppelhaushalt nicht ohne neue Schulden zu stemmen sein.
Dabei kommt dem Freistaat zu Gute, dass er bei Kreditgebern ein hohes Ansehen genießt und daher auf dem Finanzmarkt sehr gute Konditionen für Geldleihen erhält. Erst vor wenigen Tagen hatte die Rating-Agentur «Standard & Poor’s» Bayern erneut das Spitzenrating «AAA/A-1+» mit stabilem Ausblick bescheinigt. Es ist das einzige Bundesland mit der Höchstbewertung. Gründe dafür sind Bayerns beachtliche Rücklagen, die große Wirtschaftskraft und die auf die Einwohnerzahl vergleichsweise geringe Verschuldung. Ende 2019 stand Bayern mit rund 27 Milliarden Euro bei Geldgebern in der Kreide.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt eigentlich zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. Weil die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Frühjahr allerdings noch schlecht abzuschätzen waren, wurde für September diese außerordentliche Sitzung eingeschoben. Dadurch sollen die Haushaltsaufstellungen für die kommenden Jahre besser planbar werden. Bayerns Staatsregierung muss dem Landtag in diesem Jahr den Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre zum Beschluss vorlegen.
dpa