Mi, 16.01.2013 , 11:05 Uhr

Franz Smuda im Interview: „Das Essen mit Pelé und George Best schmeckte furchtbar!“

Er soll den SSV Jahn Regensburg vor dem Abstieg bewahren. Ein Himmelfahrtskommando? Nein, sagt Franz Smuda im großen Interview mit TVA. Der 64-jährige ehemalige Nationaltrainer Polens plaudert zudem aus dem Nähkästchen, warum er schon mit 24 Jahren in die USA ging und dass peruanisches Essen gar nicht seines ist – auch wenn Weltstars wie Pelé oder George Best mit am Tisch sitzen.

 

 

TVA: Herr Smuda, Sie sagten vor der Europameisterschaft hinsichtlich der Geheimfavoritenrolle Polens: „Ich will immer das erreichen, was unmöglich ist“. Sind Sie deswegen jetzt auch nach Regensburg gekommen?

Franz Smuda: Die Ziele hier erscheinen auch fast unmöglich, das stimmt. Als Trainer darf man aber nicht bequem denken. Es gibt nur wenige, die sich aussuchen können, welchen Verein sie trainieren wollen. Eine Aufgabe wie hier kann auch Spaß machen. Wenn wir mit Regensburg die Klasse halten, ist das vermutlich noch schöner, als mit einem Top-Klub Meister zu werden.  

TVA: Aber die Chancen mit Polen ins Viertelfinale einzuziehen, standen schon besser, als mit Regensburg den Klassenerhalt zu schaffen, oder?

Smuda: Nein, nicht unbedingt. Wir hatten bei der EM eine starke Gruppe. Das täuscht oft. Russland hat starke Einzelspieler, Griechenland viele erfahrene Akteure und Tschechien ist auch keine Mannschaft, die man so im Vorbeigehen schlägt, schon gar nicht bei einem Turnier. Ähnlich ist es jetzt bei Jahn Regensburg. Wir haben ein hartes Auftaktprogramm (Hertha, Bochum, Braunschweig, Cottbus / Anm. d. Red.), aber wenn wir den Klassenerhalt schaffen wollen, müssen wir auch da Punkte sammeln. Ich glaube fest daran, dass wir es schaffen können.

TVA: Sie besitzen einen polnischen und einen deutschen Pass. Was an Ihnen ist typisch polnisch und was typisch deutsch?

Smuda: Ich glaube die Polen unterscheiden sich gar nicht so stark von den Deutschen. Da gibt es viele Gemeinsamkeiten. Was den Fußball anbelangt: Klar, die deutschen Tugenden, die nimmt man schon in sich auf, wenn man eine Zeit hier lebt oder Fußball spielt.

TVA: In Polen wurde Ihre doppelte Staatsbürgerschaft kritisch beäugt, genauso wie Ihre Einbürgerungspolitik bei der Kaderzusammenstellung für die EM.

Smuda: Auf meine dopppelte Staatsbürgerschaft haben sich hauptsächlich die Journalisten gestürzt. Dem Großteil der Fans machte das nichts aus. Aber gegen eine Einbürgerungspolitik, wie Sie das nennen, wehre ich mich. Diese Spieler, die Sie ansprechen, haben alle Wurzeln in Polen. Viele wurden sogar hier geboren. In Deutschland schimpft doch auch niemand über Miroslav Klose oder Lukas Podolski. Die haben auch Wurzeln in Polen. Im heutigen Europa sollte man ohnehin nicht so engstirnig denken.

TVA: Die Kritik kam aber auch von Fußballidolen wie Jan Tomaszewski, Torhüter bei der WM 1974. Er sagte, er schäme sich, im selben Trikot gespielt zu haben. Traf Sie das?

Smuda: Wissen Sie, der war Torwart!

TVA: Wie meinen Sie das?

Smuda: Naja, Jan war schon immer ein Nörgler und Kritiker. Der wird sich auch nicht mehr ändern. Seine Kritik habe ich damals gar nicht für ernst genommen und ein Großteil der Polen auch nicht.

TVA: Haben Sie sich speziell von den drei Dortmundern Robert Lewandowski, Jakub Blaszczykowski und Lukasz Piszczek mehr erwatet im Turnier?

Smuda: Ich hatte schon vor dem Turnier Bauchschmerzen. Alle drei hatten eine sehr lange Saison. Sie wurden Meister, spielten dann auch noch erfolgreich das Pokalfinale in Berlin und die Feierlichkeiten dauerten auch noch drei Tage. Das ist ganz normal, dass solche Spieler bei einem Turnier dann etwas abfallen. Zumal sie auch nicht die komplette Vorbereitung auf die EM mitmachen konnten. In der Deutschen Nationalmannschaft war es ja ähnlich mit den Spielern von Borussia Dortmund oder Bayern München. Aber die Deutschen besitzen eben noch eine ganz andere Klasse und Breite im Kader. Deutschland wird über Jahre hinweg um Titel mitspielen, da bin ich mir sicher.

TVA: Hatte auch der Korruptionsskandal um Verbandspräsident Grzegorz Lato Auswirkungen auf das schlechte Abschneiden bei der EM oder auf Ihre Arbeit als Nationaltrainer?

Smuda: Nein. Ich habe mit ihm gut zusammengearbeitet und hatte auch keine Probleme. In Angelegenheiten des Verbandes habe ich mich ohnehin nie eingemischt. Ich habe mich ausschließlich um das Sportliche gekümmert.

TVA: Mit Zbigniew Boniek hat der polnische Verband seit Oktober einen neuen Präsidenten. Der Korruption möchte er ein Ende setzen und einen Neuanfang starten. Welche Zukunft steht dem polnischen Fußball bevor?

Smuda: Boniek hat sich viel vorgenommen. Ob er das umsetzen wird, ist eine andere Sache. Wichtig wird sein, die Jugendarbeit voranzutreiben und zu verbessern. Da wurde sehr viel versäumt. Ich wünschte, ich hätte als Nationaltrainer auf mehr hungrige Talente zurückgreifen können. Aber außer den 23 Spielern, die ich nominiert habe, war da nichts.

TVA: Langsam scheint die Arbeit aber Früchte zu tragen. Arkadiusz Milik etwa gilt als eines der größten Talente des polnschen Fußballs und wird schon als der nächste Robert Lewandowski gehandelt.

Smuda: Ja, es gibt eine Hand voll solcher jungen Spieler. Aber die sind gerade mal im Kommen. Aber einen wie Milik hochzujubeln oder ihn als den nächsten Lewandowski hinzustellen, nur weil er zwei oder drei gute Spiele gemacht hat? Da muss man aufpassen. Davon halte ich nichts.

TVA: Große Vereine wie Arsenal London und Inter Mailand waren an ihm interessiert. Er entschied sich aber für Bayer Leverkusen. Der richtige Weg?

Smuda: Das wird sich zeigen. Auch in Leverkusen wird er es sehr schwer haben. Man muss einfach abwarten und darf ihn nicht verheizen. Talent hat er definitiv.

TVA: Sie kamen auch viel rum als Spieler und gingen mit 24 Jahren schon die USA. Das macht man eigentlich am Karriereende. Warum dieser Schritt?

Smuda: Ich stand ja quasi vor meinem Karriereende. Ich hatte eine sehr schwere Knieverletzung. Vorderes Kreuzband, hinteres Kreuzband, Außenband – fast alles war ab. Zu der damaligen Zeit war das eigentlich dein Ende. Aber in den USA war die Medizin schon einen Schritt weiter. Also bin ich rübergeflogen, wurde operiert und habe anschließend auch die Reha dort gemacht. Ich konnte mich dann unter anderem über Connecticut Hartford wieder für die polnische Liga empfehlen. Später, mit 30, zog es mich dann aber noch einmal in die USA nach Los Angeles.

TVA: Dort spielten Sie zusammen mit George Best gegen Beckenbauer, Pele und Gerd Müller.

Smuda: Ja, genau. Das waren tolle Spiele mit den Los Angeles Aztecs. Die Liga war als Operettenliga verschrien. Es waren ja sehr viele Weltstars damals in der US-Liga. Aber das war nicht so. Das Niveau war ganz gut.

TVA: Und abseits des Platzes? Was haben Sie da erlebt?

Smuda: Auch da hatten wir viel Spaß (lacht). Ich war sogar mal mit Pelé essen.

TVA: Was gab´s?

Smuda: Da muss ich etwas ausholen. Wir waren nach einem Heimspiel gegen Pelé und Cosmos New York bei meinem Mitspieler Ramon Mifflin und seiner Frau zum Essen eingeladen. Die machten eine kleine peruanische Party. Ramon spielte früher zusammen mit Pele bei Santos und deswegen ist er auch geblieben. Ich ging also mit Besty (George Best, Anm. d. Red.) und Wolfgang Sühnholz dort hin und ich hatte riesigen Hunger. Das war direkt nach dem Spiel. Es gab Reis mit Fleisch, aber fragen Sie mich nicht welches Fleisch das war. Es roch schon etwas merkwürdig (lacht). Jedenfalls hatte ich so viel Hunger, dass ich mir den ganzen Teller vollgeladen habe und als ich den ersten Bissen zu mir nahm… Oh Gott! Das schmeckte furchtbar. Ich konnte das nicht essen. Aber alle um mich rum haben reingehauen.

TVA: Wie kamen Sie wieder raus aus dieser Situation?

Smuda: Wolfgang Sühnholz merkte schon, dass etwas nicht stimmt. Alle am Tisch waren total vertieft ins Essen. Also nahm Wolfgang heimlich meinen Teller und letztendlich wanderte meine Portion in den Mülleimer.

TVA: Sie blieben also weiter hungrig?

Smuda: Ja, leider!

 

 

Interview: Florian Reindl – 16.01.2013

 

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