Der Protest gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz könnte nach Einschätzung eines Experten für politische Kommunikation schon bald deutlich leiser werden. Da viele die Folgen nicht direkt spüren werden, «erwarte ich, dass der Widerstand nach und nach abebbt – allerdings bei einem Missbrauch des Gesetzes umso stärker wieder anwächst», sagte Medienwissenschaftler Martin Löffelholz von der Technischen Universität Ilmenau. Die CSU hatte mit ihrer Mehrheit im Landtag am Dienstag das umstrittene Gesetz verabschiedet, das der Polizei mehr Zugriffsrechte einräumt.
Löffelholz geht nicht davon aus, dass es der CSU im Wahlkampf schaden wird, das Gesetz aller Kritik zum Trotz beschlossen zu haben. «Der Protest gegen das Gesetz ist zwar vergleichsweise groß, jedoch vereint er mehrheitlich Bürgerinnen und Bürger, die die Politik der CSU generell kritisch sehen», sagte der Professor. «Auf der anderen Seite sammeln sich im konservativen politischen Lager überwiegend Menschen, die bereit sind, für das Versprechen von mehr Sicherheit eine weitere Einschränkung von Freiheitsrechten in Kauf zu nehmen.»
Das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern stößt auf Skepsis bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Proteste gegen die zusätzlichen Befugnisse für die Beamten zeigten eine mangelnde Akzeptanz in Teilen der Bevölkerung, sagte Gewerkschaftschef Oliver Malchow am Mittwoch im ARD-«Morgenmagazin». Die Polizei sei aber dringend auf das Vertrauen der Bürger angewiesen. Die in Bayern regierende CSU hatte das Gesetz am Dienstagabend gegen die Stimmen der Opposition durch den Landtag gebracht.
Kritisch bewertete Malchow insbesondere die Absenkung der Eingriffsschwelle, wonach die Beamten nicht erst bei einer «konkreten», sondern schon bei einer «drohenden» Gefahr tätig werden können. Auch rügte er die schon im Sommer beschlossene Verlängerung des Polizeigewahrsams für Gefährder auf drei Monate als zu lang. Diese und andere Verschärfungen erschwerten, dass sich alle Länder auf ein einheitliches Musterpolizeigesetz einigen könnten.
Malchow sagte, Deutschland sei angesichts der gewachsenen Terrorgefahr in den vergangenen Jahren gut mit der Strategie gefahren, sich mit Gesetzesverschärfungen zurückzuhalten, die mehr Sicherheit nur vorgaukelten.
Bei einer Demonstration am Donnerstag hatten in München zehntausende Menschen gegen das Gesetz demonstriert. Am Ende dürfte es verfassungsgerichtlich überprüft werden.
dpa/MF