In der Donau bei Straubing wurden im vergangenen Jahr erstmals Drachenwelse entdeckt, die ursprünglich aus Südost- und Ostasien stammen. Die tierischen Einwanderer haben den Winter offensichtlich gut überstanden haben, da sie zurzeit in großer Zahl von Fischern gefangen werden – und zwar in Großreusen, die eigentlich für den Fang anderer Fische ausgelegt wurden.
Der äußerst wehrhafte Fisch gehört zur Familie der Stachelwelse und hat an den Brustflossen und der Rückenflosse mit Widerhaken besetzte Stacheln. Donaufischer Markus Burger erklärt: „Man muss genau wissen, wie man die Fische anpackt, um nicht in die Stacheln zu greifen.“ Über Hundert dieser Drachenwelse fängt Burger bei der Leerung einer einzigen Großreuse, die er eigentlich für den Fang von Aalen, Wallern und Zandern auslegt.
Die Stacheln des Drachenwelses sorgen für einen hervorragenden Schutz vor Fressfeinden. „Selbst große Raubfische wie der einheimische Waller würden den Drachenwels als Beute verschmähen“, weiß Burger zu berichten. Genau das bereitet den Experten von der Fachberatung für Fischerei Sorge. Ohne natürliche Feinde kann sich die Art ungehindert und wahrscheinlich sehr rasch ausbreiten. Bislang sind die Nachweise auf die Altwasser in der Stufe Straubing beschränkt.
Eine Umfrage bei den niederbayerischen Donaufischern, die sich einmal jährlich im März zur Versammlung in Winzer (Landkreis Deggendorf) treffen, ergab keine Hinweise in flussabwärts gelegenen Donauabschnitten. Dies könnte aber nicht lange so bleiben.
„Mit einer weiteren Ausbreitung des Drachenwelses über die gesamte niederbayerische Donau ist zu rechnen.“ - Dr. Stephan Paintner, Fachberater für Fischerei beim Bezirk Niederbayern
„Wir wissen nicht genau, was diese Welse mit unserer angestammten Fischfauna anrichten werden. Große Sorge bereitet uns die Tatsache, dass die Drachenwelse in hoher Dichte gerade die Donau-Altwasser besiedeln. Die Altwasser sind die Kinderstuben der meisten Donaufische und kleine Fische gehören zum Nahrungsspektrum des Drachenwelses. Rückgänge bei den anderen Fischarten würden die Folge sein.“
Eine gezielte Fischerei auf die Drachenwelse wird von Katharina und ihrem Bruder Michael Mayer, den Inhabern eines Donau-Flussfischereibetriebes und Fischhandels in Lerchenhaid bei Straubing, derzeit nicht betrieben. Während die Fische in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebieten in China sowie Südost- und Ostasien, verzehrt werden, besteht im Raum Straubing bislang keine Nachfrage. Eine Vermarktung als ausgenommener frischer Fisch dürfte wegen der Stachel-Problematik ausscheiden. „Denkbar wäre eine Vermarktung als Fischfilet. Dafür sind die Fische aber zu klein. Die größten Exemplare des Drachenwelses erreichen 200 bis 300 Gramm, was Filetgewichte von lediglich 50 bis 90 Gramm ergäbe. Ob der Verbraucher solch kleine Filets, auch mit Verweis auf den beim Verzehr praktizierten Artenschutz akzeptiert, ist wohl eher fraglich“, meint Stephan Paintner.
Die Fische sind gelblich-grün gefärbt und durchaus hübsch anzusehen. Zudem ist ihre Biologie interessant. Typisches Merkmal aller Welsarten ist eine Vielzahl an Barteln am Kopf, bei den Drachenwelsen sind es vier Paar. Die Barteln sind die Träger von Sinnesorganen, dem Tastsinn, dem Geschmackssinn und dem elektrischen Sinn. Mit ihren Sinnesorganen auf den Barteln können sie sich selbst in trüben Gewässern gut orientieren und Nahrung finden. Der elektrische Sinn erlaubt ihnen sogar, nahende Gewitter auf Grund der atmosphärischen Spannungen über große Distanzen zu detektieren.
Woher die Welse in der Donau stammen, ist unbekannt. „Wir wissen jedoch, dass diese Fischart seit 2014 im deutschen Aquariengroßhandel erhältlich ist. Die eher anspruchslose Art eignet sich für die Haltung in mittelgroßen und großen Kaltwasseraquarien. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Drachenwelse unbeabsichtigt oder gar absichtlich von Kaltwasseraquarien oder Gartenteichen in die Donau gelangt sind“, erklärt der Fischereifachberater des Bezirks. Das wäre kein Einzelfall. In der Vergangenheit wurde immer wieder darüber berichtet, dass ungeliebte oder zu groß gewordene Wassertiere von Menschen in die heimischen Gewässer ausgesetzt werden, ohne sich Gedanken über die Folgen dieses Handelns zu machen. „Um die teilweise dramatischen Folgen für unsere heimische Tierwelt und ihrer Lebensräume zu vermeiden, ist an alle Tierhalter der dringende Appell zu richten, dass sie ungeliebte Tiere keinesfalls in unsere Gewässer einsetzen“, betont Stephan Paintner.
Fotos: Paintner/Bezirk Niederbayern