Do, 18.11.2021 , 18:42 Uhr

Nach MPK-Konferenz zur Corona-Lage

Beschlüsse von Bund und Ländern - Söder will zustimmen und Lockdown für Ungeimpfte

Heute haben sich die Minister von Bund und Ländern zu einer Konferenz getroffen, um über einheitliche Corona-Maßnahmen zu diskutieren. Unter anderem wurde eine Impfpflicht für bestimmte Gruppen beschlossen. Auch Söder möchte morgen dem Infektionsschutzgesetz zustimmen und fordert einen "De-Facto-Lockdown" für Ungeimpfte.

Unter anderem wurden folgende Beschlüsse gefasst, die in einer nächsten Runde am 9. Dezember bewertet werden sollen:

Drei-Stufen-Plan

Bei Überschreiten bestimmter Belastungsschwellen in den Kliniken sollen nach dem Willen von Bund und Ländern einheitlich schärfere Corona-Maßnahmen greifen. Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten vereinbarten dafür am Donnerstag drei Stufen mit jeweils weitergehenden Beschränkungen, wie Merkel im Anschluss sagte.

Orientierungsgröße soll dem Beschluss zufolge die für das jeweilige Bundesland ausgewiesene Hospitalisierungsrate sein. Dafür erfasst das Robert Koch-Institut (RKI) gemeldete Krankenhausaufnahmen von Corona-Patienten pro 100 000 Einwohner in einem Sieben-Tage-Zeitraum.

Konkret sollen die Länder bei Überschreiten eines Schwellenwertes von 3 flächendeckende Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) etwa zu Veranstaltungen und der Gastronomie einführen – sofern nicht schon geschehen.

Bei Überschreiten eines Werts von 6 sollen die Länder darüber hinausgehend in bestimmten Einrichtungen auch für Geimpfte und Genesene zusätzlich Testnachweise oder andere Maßnahmen vorschreiben (2G plus).

Spätestens bei Überschreiten des Schwellenwerts von 9 sollen die Länder dann von weitergehenden Beschränkungen Gebrauch machen. Dies zielt auf eine vom Bundestag beschlossene Klausel: Nach einem entsprechenden Landtagsbeschluss sollen die Länder auch härtere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen verhängen können.

 

Striktere Kontrollen und Bußgelder

Die Veranstalter und Betreiber von Einrichtungen sind verpflichtet, Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen strikter zu kontrollieren. Außerdem werden die Länder weiterhin Bußgelder verhängen, die Kontrolldichte erhöhen und Verstöße entschieden sanktionieren. Auch soll die Fälschung von Gesundheitszeugnissen (z. B. Impfbescheinigungen) strafrechtlich verfolgt werden.

 

Länder für Corona-Impfpflicht bei bestimmten Gruppen

Die Länder wollen Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichten. Die Pflicht soll bei Kontakt zu vulnerablen Personen gelten, wie der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag im Anschluss an die Beratungen von Bund und Ländern sagte.

 

Söder kündigt trotz Kritik Zustimmung zu Infektionsschutzgesetz an

Bayern wird der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag an diesem Freitag ungeachtet fortbestehender Kritik zustimmen. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstagabend in München an. Wenn es jetzt eine Blockade geben würde, würde dies dem Ernst der Lage nicht gerecht. Das Gesetz sei der aktuellen Lage nicht angemessen, sagte Söder und kritisierte: «Natürlich fehlen viele Dinge.» Allerdings sei das Gesetz besser als nichts, und auch viel besser als der erste Entwurf. Er sagte aber voraus, dass es angesichts der dramatischen Corona-Zahlen voraussichtlich im Dezember wohl noch Nachbesserungen brauchen dürfte.

 

«De-facto-Lockdown» für Ungeimpfte in Bayern?

Angesichts der explodierenden Corona-Zahlen hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drastische Einschnitte insbesondere für Ungeimpfte im Freistaat angekündigt. Darüber solle bereits an diesem Freitag in der Koalition beraten und entschieden werden, sagte Söder am Donnerstagabend in München. «Es handelt sich natürlich um einen De-facto-Lockdown für Ungeimpfte», kündigte er an.

Konkrete Details nannte Söder noch nicht, nannte aber insbesondere das Instrument von Kontaktbeschränkungen. Zudem gehe es um personelle Obergrenzen in bestimmten Bereichen «und auch Absagen», fügte er hinzu. Bayern werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen – sowohl nach der bisherigen als auch nach der neuen Rechtslage, also auf Basis des alten und des neu gefassten Infektionsschutzgesetzes. «Der Grundsatz ist klar: Verschärfen, und zwar grundlegend. Kontakte reduzieren, sowohl bei Veranstaltungen als auch in anderen Bereichen», sagte Söder. «Wir tun das, was wir tun müssen.»

Lockdown-Maßnahmen auch für Geimpfte – die nach der alten Rechtslage noch für eine gewisse Übergangszeit möglich wären – hält Söder nach eigenen Worten allerdings für rechtlich schwierig. «Eine komplette Einschränkung beispielsweise für Geimpfte wäre unter den gegenwärtigen Umständen kaum vorstellbar und verfassungsgemäß.» Es gehe dabei um die verfassungsmäßigen Rechte auch der Geimpften. Stattdessen kündigte Söder als Maßstab für alle kommenden Debatten an: «Weniger Rücksicht auf die, die sich ganz bewusst nicht impfen lassen wollen – weil sie keine Rücksicht auf andere nehmen wollen.»

«Wir stehen in Bayern und Deutschland vor einem Corona-Drama. Die Zahlen explodieren, und zwar in kürzester Zeit», sagte Söder und betonte: «Es braucht einen Wellenbrecher, einen echten Wellenbrecher – keine homöopathischen Dosen, sondern eine maximale Wirkung.» Man müsse das Tempo der Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen. Man müsse nun rasch neue Corona-Maßnahmen auf den Weg bringen – nicht weil jemand Freude daran hätte, sondern weil es zwingend notwendig sei aufgrund der Gesamtsituation. «Langes Warten ist schwierig.»

Söder kündigte für Anfang nächster Woche eine Beteiligung des Landtags an. Für derartige Entscheidungen, die nun kommen könnten, brauche es eine parlamentarische Legitimation. Spätestens bis Mitte nächster Woche sollten alle Maßnahmen dann aber in Kraft sein.

«Wir werden prüfen, was nach dem neuen Recht alles möglich ist. Wir werden überlegen, was nach dem alten Recht insbesondere bis zum 15.12. möglich ist», erklärte Söder.

Alles, was man am Freitag beschließe, müsse ganz bewusst den nächsten drei Wochen dienen, um die Zahlen zu senken und das Gesundheitssystem zu entlasten.

Arbeitsplatz: 3G – Kontrolle – Home-Office

Weiterhin wurde 3G am Arbeitsplatz beschlossen,  was bedeutet, dass nur genesene, geimpfte oder getestete Personen dort tätig sein dürfen. Die Einhaltung dieser 3G-Regelung müsse vom Arbeitgeber täglich kontrolliert und dokumentiert werden. Dazu müssen alle Arbeitgeber auch über entsprechende Auskunftsrechte gegenüber den Arbeitnehmern verfügen.

Die Arbeitgeber sollen dafür weiterhin mindestens zweimal pro Woche eine kostenlose Testmöglichkeit anbieten. Zudem soll Home-Office als Alternative angeboten werden.

 

3G-Regel im Verkehr

Die Länder sehen bei der Umsetzung der geplanten 3G-Regel in Bussen und Bahnen sowie in Fernverkehrszügen Probleme. Das geht aus dem Beschlusspapier aus den Beratungen mit dem Bund am Donnerstag hervor. Dort heißt es: «Aus Sicht der Länder stellen sich hinsichtlich der praktischen Umsetzung einer solchen Vorgabe gewichtige Fragen.»

Die 3G-Regel besagt, dass Fahrgäste, die nicht geimpft oder genesen sind, einen Nachweis über einen negativen Corona-Schnelltest mit sich führen müssen. Bei Fahrtantritt darf die Testabnahme nicht länger als 24 Stunden zurückliegen. Der Testnachweis ist auf Verlangen vorzuzeigen. Die Regelung ist Teil des Maßnahmenpakets, das der Bundestag beschlossen hatte. Der Bundesrat muss noch zustimmen.

 

Umsetzung möglich?

Auch die Verkehrsminister der Länder sehen die geplante Einführung der 3G-Regel für Busse und Bahnen mit Blick auf die praktische Umsetzung kritisch. «Das kann letztlich nur mit Stichproben-Kontrollen gehen», hatte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VMK), Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), am Mittwoch nach einer kurzfristig einberufenen VMK-Videokonferenz der Deutschen Presse-Agentur gesagt. «Kein Verkehrsunternehmen in ganz Deutschland kann es schaffen, die Fahrgäste alle durchzukontrollieren, wenn sie in Bus und Bahnen steigen», sagte Schaefer. Beim Fernverkehr der Deutschen Bahn könne dies gegebenenfalls noch anders sein, aber nicht beim ÖPNV.

Aus Sicht der Gewerkschaft Verdi und der Verkehrsbetriebe sollten die Kontrollen nicht von den eigenen Mitarbeitern vorgenommen werden. Verdi forderte, geschultes Sicherheitspersonal unter Beteiligung der Ordnungsbehörden einzusetzen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sprach sich für Sicherheitspartnerschaften mit der Polizei und den Kommunen aus. Täglich 15 Millionen Fahrgäste über Stichproben effektiv zu kontrollieren, stelle die Branche vor erhebliche Probleme, hatte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff erklärt.

 

Wegen Corona: Länderchefs prüfen 2G-Regel auch für Fußballprofis

Die Länderchefs prüfen, ob ungeimpften Fußballprofis wie Nationalspieler Joshua Kimmich bei anhaltend kritischer Corona-Lage künftig der Zugang zu Spielen untersagt werden kann. «In der Vorbesprechung der Länderchefinnen und -chefs waren wir uns sehr schnell einig, dass wenn Zuschauer im Stadion 2G beachten müssen, dass das nach unserer Auffassung auch für die Pofis gelten soll», sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag nach den Bund-Länder-Beratungen in Berlin.

Zuvor hatte die Runde beschlossen, dass bei Sportveranstaltungen künftig nur noch geimpfte oder vom Coronavirus genesene Menschen Zugang erhalten sollen. Allerdings sei noch unklar, ob sich dieser Beschluss auch für Profisportler bei ihrer Berufsausübung durchsetzen lasse, ließ Wüst erkennen. Davon betroffen wären auch ungeimpfte Profis etwa im Handball, Basketball oder Eishockey. «Die Rechtslage war klar, ob wir das umgesetzt kriegen, das müssen wir jetzt prüfen», sagte der NRW-Ministerpräsident.

Die verschärften Maßnahmen sollen greifen, wenn die für das jeweilige Bundesland ausgewiesene Hospitalisierungsrate den Schwellenwert 3 überschreitet. Mit diesem Wert ist die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gemeint.

 

Pflegekräfte sollen erneut Bonus und besseres Gehalt bekommen

Angesichts ihrer Belastung in der Pandemie sollen Pflegekräfte erneut eine finanzielle Anerkennung bekommen. Bund und Länder einigten sich auf einen Pflegebonus für Pflegekräfte vor allem in der Intensivpflege, wie Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag nach Beratungen in Berlin sagte. In einer Vorlage hieß es, mit der erneuten Leistung eines Pflegebonus solle die Anerkennung des Einsatzes in der aktuell sehr herausfordernden Situation unterstrichen werden. Weiter hieß es: «Die Länder bitten den Bund, die hierfür erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen.»

Zudem plane man, die Rahmenbedingungen und Entlohnung in der Pflege dauerhaft und stetig zu verbessern. «Dieses Handlungsfeld werde umgehend und prioritär aufgegriffen werden müssen, denn es duldet keinen weiteren Aufschub», heißt es in dem Beschluss.

 

Corona-Wirtschaftshilfen verlängert – Unterstützung auch für Weihnachtsmärkte

Besonders belastete Unternehmen in der Corona-Krise bekommen länger Wirtschaftshilfen. Der Bund verlängert die bisher bis Jahresende befristete Überbrückungshilfe III Plus bis Ende März 2022, wie aus dem Beschlusspapier nach den Beratungen von Bund und Ländern am Donnerstag hervorgeht. Verlängert werden sollen auch Regelungen zur Kurzarbeit sowie die Neustarthilfe für Soloselbständige.

Der Bund will außerdem gemeinsam mit den Ländern weitere Maßnahmen zur Unterstützung der von Corona-Schutzmaßnahmen besonders betroffenen Advents- und Weihnachtsmärkte entwickeln. Für betroffene Unternehmen des Handels bestehe weiterhin die Möglichkeit, aufgrund von Maßnahmen nicht verkäufliche Saisonware im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus zu berücksichtigen, heißt es. Außerdem unterstützten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder die fortgesetzte Gewährung eines Entschädigungsanspruchs von Eltern, die pandemiebedingt die Betreuung ihrer Kinder übernehmen.

Bundesfinanz- sowie Wirtschaftsministerium hatten sich dem Vernehmen nach zuvor auf die Verlängerung der Überbrückungshilfe verständigt, Fachpolitiker der möglichen neuen Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP tragen dies mit. Verhandelt werden solle nun aber noch über die genauen Förderbedingungen, wie die Deutschen Presse-Agentur aus Fraktionskreisen erfuhr.

Zwar ist die deutsche Wirtschaft nach dem coronabedingten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts 2020 wieder auf Wachstumskurs. Die Bundesregierung und die «Wirtschaftsweisen» hatten aber ihre Konjunkturprognosen für dieses Jahr gesenkt. Bei den «Wirtschaftsweisen» hieß es, zu bedeutsamen Risiken für die Entwicklung der Konjunktur gehörten länger andauernde Lieferengpässe sowie ein erneut stark aufflammendes Pandemiegeschehen im Winter.

Die milliardenschweren Überbrückungshilfen sind das zentrale Kriseninstrument des Bundes, um die Folgen der Pandemie auf Firmen und Jobs abzufedern. Unterstützt werden nach derzeitigem Stand Unternehmen mit einem coronabedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent. Vergleichswert ist in der Regel der jeweilige Monat im Vor-Corona-Jahr 2019. Erstattet werden fixe Betriebskosten wie Mieten und Pachten oder Ausgaben für Strom und Versicherungen. Die Förderhöhe ist gestaffelt je nach Höhe des Umsatzeinbruchs.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch gesagt: «Die Corona-Lage ist ernst, und die Unsicherheit in der Wirtschaft wächst. Daher müssen wir einem Fadenriss bei den Hilfen vorbeugen und die Hilfen verlängern.» Altmaier nannte die Überbrückungshilfen, Kredite über die staatliche Förderbank KfW sowie das Kurzarbeitergeld nannte Altmaier einen zentralen und wirksamen Instrumentenmix, um Wirtschaft und Arbeitsplätze zu sichern.

Die Bundesländer hatten sich mit großer Mehrheit für eine Verlängerung der Überbrückungshilfe III Plus über das Jahresende hinaus ausgesprochen, wie der Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz, der NRW-Ressortchef Andreas Pinkwart (FDP), mitgeteilt hatte. Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband und der Deutsche Tourismusverband hatten ebenfalls eine Verlängerung bis Ende März gefordert.

 

 

dpa/JM

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