Große Geschäfte in Bayern können ab sofort wieder öffnen, wenn sie ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter beschränken.
Das sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montag auf Anfrage in München. Zuvor hatte Bayerns höchstes Verwaltungsgericht das von der Staatsregierung in der Corona-Krise verhängte Verkaufsverbot für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern für verfassungswidrig erklärt. Die Richter sahen das wegen der Ungleichbehandlung mit kleineren Läden als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am Montag mitgeteilt hatte.
"Wenn derartige Geschäfte öffnen, nachdem sie - zum Beispiel durch Absperrungen - die tatsächlich für Kunden zugängliche Verkaufsfläche auf maximal 800 Quadratmeter begrenzt haben, wird dies ab sofort nicht mehr beanstandet", sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montag auf Anfrage. "Bei der nächsten Änderung der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung werden wir zudem klar festlegen, dass ein entsprechendes Vorgehen zulässig ist." Das Kabinett wird sich an diesem Dienstag noch einmal mit den Corona-Vorschriften befassen.
"Die Öffnung aller Läden mit Begrenzung auf 800 m² trägt zur weiteren Normalisierung des Wirtschaftslebens bei und spart Steuergeld aus staatlichen Hilfsprogrammen. Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger weiterhin so diszipliniert an die Vorgaben halten, kann die Politik weitere Lockerungen in Wirtschaft und Gesellschaft angehen." - Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister
Das momentane Verkaufsverbot für Geschäfte über 800 Quadratmeter ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis ist heute Bayerns höchstes Verwaltungsgericht gekommen. Ministerpräsident Markus Söder hat angekündigt, dass dies korrigiert werden, aber nicht vor nächster Woche.
Dass Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern weiterhin geschlossen bleiben müssen, ist aus Sicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verfassungswidrig. Das hat das Gericht am Montag entschieden.
Ministerpräsident Markus Söder hat Korrekturen angekündigt. Diese Woche ändere sich aber nichts, sagte der CSU-Chef am Montag nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands. "Wir überlegen uns, das wollten wir ohnehin tun, wie wir mit nächster Woche dann umgehen." Dabei orientiere man sich an der Gerichtsentscheidung.
Bayerns höchstes Verwaltungsgericht hatte das von der Staatsregierung in der Corona-Krise verhängte Verkaufsverbot für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern für verfassungswidrig erklärt. Die Richter sehen das wegen der Ungleichbehandlung mit kleineren Ländern und der Ausnahmen für größere Geschäfte in anderen Branchen als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.
Unmittelbare Konsequenzen hat die Entscheidung aber dennoch nicht: Das Gericht setzte die Vorschrift wegen der Pandemie-Notlage "ausnahmsweise" nicht außer Kraft, wie es in der Mitteilung hieß. Außerdem gilt die Vorschrift vorerst nur bis 3. Mai. Deswegen beschränkte sich der 20. Senat darauf, die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen. Allerdings gibt es in anderen Bundesländern gegenteilige Entscheidungen, so dass die Rechtslage vorerst ungeklärt bleibt.
Söder sagte, nach widersprüchlichen Entscheidungen von Vorinstanzen gebe es nun Klarheit. Er wertete die Entscheidung aber nicht als Kritik am Kurs der Staatsregierung. "Also im Grunde genommen ist es eher eine Sicherheitsmaßnahme und bestätigt den umsichtigen Kurs gegenüber dem etwas lockereren Kurs des Bundes." Es sei kein Angriff, sondern aus Sicht der Staatsregierung eine Präzisierung. "Und die werden wir dann natürlich entsprechend umsetzen und auch vornehmen."
Die Richter rügten insbesondere die Ausnahme von der 800-Quadratmeter-Vorschrift für Buchhändler und Fahrradhändler - das sei "aus infektionsschutzrechtlicher Sicht sachlich nicht gerechtfertigt". Der Verwaltungsgerichtshof kritisiert, dass manche Einzelhändler nur einen Kunden je 20 Quadratmeter Fläche in den Laden lassen dürfen, andere aber nicht.
Geklagt hatte eine ungenannte Kaufhauskette mit Standorten in Bayern, Berlin und Hamburg. Der Verwaltungsgerichtshof entschied vorläufig über einen Antrag auf einstweilige Verfügung, das Urteil steht aus. Ein Zeitpunkt dafür ist derzeit nicht absehbar.
"Wir finden die Regeln wettbewerbsverzerrend und willkürlich", sagte Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsverbands Bayern. "Ein großes Möbelhaus kann den Abstand zwischen den Kunden genauso gewährleisten wie ein kleiner Einzelhändler." Auch die teilweise unterschiedlichen Vorschriften in verschiedenen Bundesländern ärgern den Einzelhandel: "Letztendlich kocht jedes Land sein eigenes Süppchen", sagte Ohlmann. Für die Unternehmen sei jeder einzelne Tag wichtig.
dpa
„Die IHK begrüßt es, dass in Bayern seit heute große Teile des Einzelhandels wieder öffnen dürfen. Gerade kleinere Geschäfte brauchen dringend Einnahmen, um auf Dauer ihre Kosten decken zu können und der Coronakrise nicht zum Opfer zu fallen. Wie die bayerischen IHKs schon mehrfach betont haben, ist die Begrenzung der Ladengröße auf 800 qm allerdings nicht nachvollziehbar, da Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln unabhängig von der Ladenfläche gewährleistet werden können. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat heute verkündet, dass diese Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. Aufgrund der herrschenden Pandemienotlage und der kurzen Geltungsdauer der Einschränkungen bis einschließlich 3. Mai 2020, wurde aber davon abgesehen, die aktuellen Bestimmungen außer Kraft zu setzen. Auf Basis dieses Urteils sollte die Bayerische Staatsregierung die Regelungen zur Ladenöffnung nun schnell nachjustieren. Schon aus Gründen der Wettbewerbsfairness muss sichergestellt sein, dass alle Händler – unabhängig von der Ladengröße oder des Sortiments – unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes von den Lockerungen profitieren können.“ - Jürgen Helmes