Regensburg – Es wurde viel diskutiert und Vieles gesagt in den vergangen drei Jahren: in politischen Gremien, suchtmedizinischen Foren und auch im privaten Freundeskreis. Soll Cannabis nun legalisiert werden oder nicht? Welche Gefahren bringt eine neue Gesetzgebung mit sich, aber auch welche Möglichkeiten birgt sie? Die verschiedenen Interessengruppen bezogen Positionen, teilweise mit ganz entgegengesetzten Haltungen. Für den Laien und im Alltagsdiskurs oft verwirrend. Was soll man nun glauben?
„Jetzt geht es aber nicht mehr um glauben“, sagt Marion Santl, Referatsleitung Suchthilfe und Sozialpsychiatrie der Caritas in Regenburg, „denn nachdem das Cannabisgesetz (CanG) vom Bundestag am 22. März gebilligt, ist es nun zum 1. April in Kraft treten getreten.“ Die Expertin will an dieser Stelle eine Einschätzung der Entwicklung geben und dazu beitragen, Klarheit zu schaffen.
Gesetzgebung – was gilt ab dem 1. April 2024?
Mit dem CanG kommt eine Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland. Eigenanbau, Besitz und Konsum von Cannabis sind unter bestimmten Bedingungen legal. So dürfen Erwachsene 50 Gramm Cannabis besitzen und in der Öffentlichkeit 25 Gramm mit sich führen. Ebenso ist der Anbau von drei Pflanzen zum Eigenbedarf erlaubt, was heißt, dass kein Cannabis weitergegeben werden darf.
Weiterhin verboten bleibt der Konsum für Minderjährige und der Konsum in Gegenwart von Minderjährigen sowie in Sichtweite von Schulen und Kindertagesstätten und in Fußgängerzonen vor 20 Uhr. Legal erwerben können Volljährige Cannabis durch eine aktive Mitgliedschaft in sogenannten Anbauvereinigungen (eingetragene nichtwirtschaftliche Vereine mit maximal 500 Mitglieder). Die Gründung ist ab dem 1. Juli 2024 erlaubt. Zentraler Punkt ist dazu noch eine Amnestieregelung für Cannabisdelikte, die vor der neuen Gesetzgebung begangen wurde.
Gesellschaft – wo stehen wir jetzt schon?
Cannabis ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das ist nicht nur ein viel benutzter Spruch, sondern eine wahre Aussage. Schon jetzt kommen ca. ein Fünftel der Ratsuchenden in ambulante Suchthilfeeinrichtungen mit einem Anliegen zum Thema Cannabis. Gesicherte Studien belegen, dass zehn Prozent der Erwachsenen sowie 7,6 Prozent der zwölf- bis 17-jährigen Jugendlichen in Deutschland in den letzten zwölf Monaten Cannabis konsumierten. Cannabis ist somit nach Alkohol und Nikotin die am häufigsten konsumierte Substanz.
Durch die Kriminalisierung von Substanzen finden Betroffene und deren Angehörige schlechter und langsamer ins Hilfesystem, aus Angst vor Bestrafung und auch aus Schuld- und Schamgefühlen. Die bisherige gesellschaftliche und politische Verbotshaltung ist gescheitert. Mit der neuen Gesetzgebung können sich neue Möglichkeiten für Aufklärung, Präventions- und Hilfssysteme öffnen.
Gesundheit – was braucht es nun?
Ein effektiver Kinder- und Jugendschutz muss schnellstmöglich erarbeitet und die Suchthilfe bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dies muss bedingungslos umgesetzt werden. Eine effektive Prävention erfordert eine ganzheitliche und zielgerichtete Herangehensweise. Alleinige Kampagnen (Plakate und Broschüren) werden dem nicht gerecht sein. Aufklärung und Austausch – in allen Altersgruppen – zu den Bereich Wirkungen und Risiken sowie Safer Use, also Regeln für risikoarmen Konsum, ist wichtiger denn je.
So der Schlussappell von Caritas-Sucht-Expertin Marion Santl: 2Wir alle sind gefragt die Themen Konsum und Abhängigkeit bei unseren Kindern, Jugendlichen und auch unter den Erwachsenen nicht zu tabuisieren und auch nicht zu bagatellisieren – ein offener Austausch ist wichtig. Davor dürfen wir uns alle nicht scheuen!“
ZUSATZINFORMATION 1: Wirkung von Cannabis
Cannabis ist nach Alkohol und Nikotin die bei weitem die am häufigsten konsumierte Substanz.
Beim Rauchen oder beim Inhalieren der Dämpfe (z.B. via Vaporizer) gelangt das THC über die Kapillaren der Lungenoberfläche ins Blut und unter Umgehung der Leber ins Gehirn. Wird Cannabis gegessen, wird das THC zunächst im Magen und im oberen Darmbereich absorbiert, mit dem Blut in die Leber und von dort ins Gehirn transportiert.
Die Wirkung tritt beim Rauchen nach 10 Minuten ein und dauert ungefähr 2 bis 3 Stunden.
Beim Essen von Cannabis (z.B. in Form von Keksen) dauert es länger bis zum Wirkungseintritt (0,5-1 Stunde, manchmal später) und die Wirkungsdauer beträgt je nach Dosis mehrere Stunden.
THC kann sehr lange im Blut nachgewiesen werden: bis zu 12 Stunden und länger bei regelmäßig Konsumierenden. Es ist auch für einige Tage im Urin nachweisbar.
Die Art und das Ausmaß der Wirkung hängen stark von der konsumierenden Person und ihrer aktuellen Stimmung, von der Konsumart (geraucht, gegessen), der Sorte und der Konsummenge sowie der Konsumsituation ab. Cannabis hat die Tendenz, positive und negative Gefühle zu verstärken, so dass die Gefühlslage zum Zeitpunkt des Konsums eine große Rolle spielt.
Physische Wirkungen
Psychische Wirkungen
ZUSATZINFORMATION 2: Safer Use Cannabis
Risikofreien Konsum gibt es nicht! Wenn Du dich trotzdem dafür entscheidest, informiere Dich gut und wäge den Nutzen mit den Risiken ab. Die folgenden Konsumregeln können helfen, das Risiko zu verringern:
Unter welchen Umständen sollte man lieber nicht konsumieren?
Worauf solltest Du vor dem Konsum achten?
Worauf solltest Du während und nach dem Konsum achten?
PM