Fr, 22.03.2024 , 12:23 Uhr

Bundesrat macht Weg für Cannabis-Legalisierung frei

Die umstrittene begrenzte Freigabe von Cannabis hat die letzte Hürde genommen - und für Erwachsene rückt erlaubtes Kiffen näher. In Sicht sind aber auch schon erste Nachbesserungen. Kritik gibt es weiterhin aus Bayern.

Der Weg für die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist nach jahrzehntelangen Diskussionen frei. Der Bundesrat ließ am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem zum 1. April Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben für den Eigenkonsum erlaubt werden. Trotz vieler Kritikpunkte gab es keine Mehrheit dafür, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament zu schicken und so vorerst auszubremsen. Um ein Scheitern abzuwenden, hatte die Bundesregierung zuletzt noch zugesichert, einige Regelungen nachträglich zu ändern.

Die Zäsur in der Drogenpolitik kann damit in wenigen Tagen am Ostermontag in Kraft treten. Das Gesetz muss zuvor noch amtlich verkündet werden, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es unterzeichnet hat. Legal sein soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden – konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb vor der Abstimmung für das Gesetz, das eine Chance sei, durch Entkriminalisierung und bessere Aufklärung besonders die junge Generation vor Konsum und dem Schwarzmarkt zu schützen. Rednerinnen und Redner mehrere Länder warnten dagegen vor einer Legalisierung. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) nannte das Gesetz einen Irrweg. Es stelle die Länder auch vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, bei dem Gesetz könne es nicht um Parteipolitik gehen. Diese Frage sei so zentral und so persönlich, «dass für mich klar war, ich werde einer Legalisierung von Drogen unter keinen Umständen zustimmen, auch wenn das Ärger in meiner sächsischen Koalition gibt.» Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) äußerte sich gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Bei der Abstimmung votierte Sachsen dann uneinheitlich, die Stimme wurde daher als ungültig erklärt.

Erlaubt werden mit dem Gesetz auch nicht-kommerzielle «Anbauvereinigungen» für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung auch dazu vorgelegt werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Dass das Gesetz die letzte Hürde nimmt, war bis kurz vor der Sitzung ungewiss gewesen. Drei Ausschüsse der Länderkammer hatten die Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen. Der federführende Gesundheitsausschuss schlug vor, das Inkrafttreten des auf den 1. Oktober zu verschieben. Die Bundesregierung hatte einige Kritikpunkte aufgenommen, um ein Vermittlungsverfahren abzuwenden. In einer Erklärung, die im Bundesrat zu Protokoll gegeben wird, sicherte sie mehr Unterstützung bei Aufklärung und Vorbeugung vor allem für Kinder und Jugendliche sowie flexiblere Umsetzungsregeln zu. Dafür sollen nun noch vor dem 1. Juli einige nachträgliche Änderungen am Gesetz umgesetzt werden.

 

Bedenken aus Bayern

Die bayerische Staatsministerin für Gesundheit, Judith Gerlach (CSU), nannte das Gesetz einen Irrweg. Es stelle die Länder vor einen massiven zusätzlichen Verwaltungs- und Vollzugsaufwand. Sie appellierte an die Länder, es in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Dies sei die allerletzte Chance für die Länder, in das gefährliche Vorhaben einzugreifen. «Für alle, die sich heute vielleicht enthalten mögen, die Büchse der Pandora (…) die öffnen Sie auch mit einer Enthaltung», sagte Gerlach.

 

Gewerkschaft der Polizei erwartet Konflikte mit Bürgern

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) rechnet nach der Billigung des Cannabisgesetzes durch den Bundesrat mit Schwierigkeiten und einer Mehrbelastung für die Polizei. «Die Länder haben die Chance vertan, angesichts vieler offener Fragen politische Vernunft walten zu lassen», sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Alexander Poitz, am Freitag. Polizei, Zoll, Justizbehörden und Jugendämter stünden nun vor unnötigen Herausforderungen. «Ab dem 1. April werden unsere Kolleginnen und Kollegen in zahlreiche Konfliktsituationen mit Bürgerinnen und Bürgern geratet», prognostizierte der GdP-Vize. Denn auf allen Seiten gebe es nach wie vor Unsicherheiten.

Der Bundesrat hatte zuvor den Weg für eine teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland freigemacht. Die Länderkammer ließ ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem Besitz und Anbau der Droge zum 1. April für Erwachsene innerhalb gewisser Grenzen erlaubt werden.

Die GdP hatte bereits während des parlamentarischen Verfahrens Bedenken gegen das Gesetz angemeldet. Die Gewerkschaft kritisierte unter anderem das Fehlen eines abgestimmten Grenzwerts für das Führen von Fahrzeugen sowie komplizierte Anforderungen, was künftige Kontrollen angeht. Der Bund müsse nun die finanziellen Mittel für den mit der Gesetzesänderung einhergehenden Fortbildungs- und Ausstattungsbedarf bereitstellen.

 

dpa / JM

 

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