Mi, 12.08.2015 , 11:45 Uhr

Beratung über Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Verantwortungsvolles Miteinander mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
Landkreis- und Klinikvertreter beraten über Unterbringung im Personalwohnheim Mallersdorf

Die Not in ganz Ostbayern ist allerorts groß bei der Unterbringung von Flüchtlingen, so auch im Landkreis Straubing-Bogen. Über 20 Aufgriffe von unbegleiteten Minderjährigen pro Woche sind laut Klaus Grüll, Leiter des Amtes für Jugend und Familie, derzeit im Landkreis Straubing-Bogen zu vermelden.

Doch unvorstellbar größer ist die Not in den Kriegs- und Krisengebieten, die unzählige Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat unter zumeist menschenunwürdigen Bedingungen zwingt. Um der Pflicht zu deren Aufnahme und Unterbringung in verantwortungsvoller Weise nachzukommen, trafen sich an der Klinik Mallersdorf am vergangenen Donnerstagabend (06.08.) Landrat Josef Laumer, der neue Vorstand der Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf Robert Betz und der Ärztlicher Leiter der Klinik Mallersdorf Chefarzt Dr. Albert Blümel gemeinsam mit Klaus Grüll und Regierungsrätin Stephanie Aumer.

Gemeinsam beratschlagten sie angesichts der ernsten Lage die Möglichkeiten einer gut betreuten und räumlich sinnvollen Unterbringung.
Grüll und Aumer schilderten die Platznot, die durch den Wegfall des Jugendtagungshauses Geiselhöring als Notunterkunft für unbegleitete Minderjährige im Landkreis entsteht. Das Haus soll möglichst bald wieder gemäß seinem ursprünglichen Nutzungszweck den Jugendgruppen zur Verfügung stehen. Das Personalwohnheim neben der Klinik Mallersdorf werde für Kinder und Jugendliche eine Alternative bieten. Hier werden derzeit noch an der Außenfassade Fluchttreppen angebracht, um aktuellste Brandschutzbestimmungen zu erfüllen. „Betroffene Mieter der oberen Stockwerke konnten bereits zuvor in gemeinsamer Übereinkunft auf die anderen Etagen verteilt werden oder anderweitig unterkommen“, zog Landrat Laumer Bilanz. „Wir haben dringenden Wohnraumbedarf für die minderjährigen Flüchtlinge, die ohne Eltern hier bei uns ankommen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, die dort leerstehenden oder zur Verfügung stehenden Räume für diese Unterbringung von Kindern und Jugendlichen zu nutzen.“ Hier müsse man neben der gesetzlichen Verpflichtung auch moralische Verantwortung übernehmen. Deshalb sei hier auch eine Betreuung rund um die Uhr vorgesehen, die das Miteinander in der Nachbarschaft sehr erleichtern dürfte.

Laumer bat um Verständnis bei den Beschäftigten der Kliniken, bei den Mietern des Gebäudes und auch bei der Bevölkerung, sah aber auch für die Klinik und den Landkreis eine Chance. Gegebenenfalls könnten mit den Jugendlichen gemeinsame Projekte der Kooperation und Integration angedacht werden. Vielleicht könnten sich die dann dort lebenden Jugendlichen sogar in die Arbeit an oder um die Klinik einbringen. Denkbar wären etwa eine Unterstützung des Technischen Dienstes bei einfacheren Arbeiten im Außenbereich, Spazierfahrten mit Rollstuhlfahrern oder auch Einspringen als Dolmetscher. „Gerade Sprachbarrieren sind im medizinischen Bereich zunehmend ein sehr großes Hindernis“, stellte Chefarzt Dr. Blümel fest. „Eine solche Zusammenarbeit würden wir an der Klinik daher sehr begrüßen.“
Auch sei dafür Sorge zu tragen, dass sie einer schulischen Bildung zugeführt werden. Die minderjährigen Flüchtlinge würden betreut, um ihre teilweise traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und eine Struktur in ihren Tagesablauf und in ihr Leben zu bringen.
Stephanie Aumer stellte ein entsprechendes Konzept für die beiden oberen Etagen des Personalwohnheims vor. In dem vierstöckigen Gebäude neben der Klinik Mallersdorf werde im September eine Gruppe intensiv betreuter Kinder und Jugendlicher Betreuung und Unterkunft finden. Sie stammen überwiegend aus Syrien, dessen Bürgerkrieg nach Einschätzung vieler Experten die größte humanitäre Katastrophe der Nachkriegszeit darstellt, sowie aus Afghanistan, wo durch den anhaltenden Terror der Taliban beinahe täglich neue Anschläge mit Toten und Verletzten geschehen. Alle Kinder und Jugendlichen, die für das Personalwohnheim vorgesehen sind, haben laut Aumer bereits ein sogenanntes „Clearing“ durchlaufen: „Dabei wurde festgestellt, wie selbständig sie leben können, wie sie zusammenpassen und welche Bedürfnisse sie haben.“ Ganz besonders schwer Traumatisierte seien für das Personalwohnheim nicht vorgesehen, denn diese werden therapeutischen Einrichtungen zugeführt. Die Gruppe im Personalwohnheim beinhalte hingegen sogenannte „vollstationäre“ unbegleitete Minderjährige, also elf- bis achzehnjährige Kinder und Jugendliche, die rund um die Uhr mit besonders hohem Personalschlüssel betreut werden. Hinzu kommen minderjährige Flüchtlinge, die aufgrund ihrer lebenspraktischen Fähigkeiten bereits für das betreute Wohnen geeignet sind, sowie weitestgehend selbständige Jugendliche mit abgeschlossenem Asylverfahren und Aufenthaltsrecht. Letztere benötigen das Betreuungspersonal nur noch stundenweise als Ansprechpartner. Ein Großteil der unbegleiteten Minderjährigen besucht je nach Alter die Mittel- oder Berufsschule.
So manche möglichen Bedenken konnten im Gespräch behoben werden. „Die Nutzung der oberen beiden Stockwerke für Flüchtlinge soll auch langfristig nicht ausgeweitet werden“, kündigte Stephanie Aumer an. Klaus Grüll fügte hinzu: „Gerade bei so intensiver Betreuung muss die Unterkunft überschaubar bleiben.“

pm/LS

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