Die Staatsregierung will nach einem vorläufigen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) die 2G-Regel im Einzelhandel nicht weiter anwenden.
«Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung»,
teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung am Mittwoch mit.
Bayern sei mit der Zugangsbeschränkung auf Genesene und Geimpfte (2G) im Handel einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz gefolgt, «aber wegen der entstandenen Abgrenzungsschwierigkeiten ist nun die Regelung wie in den Supermärkten die einfachere Alternative». Herrmann betonte zudem: «Die FFP2-Maskenpflicht im Handel gilt weiterhin und bietet Schutz.»
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte einem Eilantrag einer Inhaberin eines Lampengeschäfts in Oberbayern stattgegeben und die 2G-Regel vorläufig außer Vollzug gesetzt. Als Begründung führte das Gericht an, dass aus der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung mit ihrer nicht abschließenden Aufzählung nicht klar genug hervorgehe, welche Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs von der 2G-Regelung ausgenommen seien und welche nicht.
Nach der aktuellen bayerischen Verordnung zum Infektionsschutz dürfen nur Geimpfte und Genesene Ladengeschäfte betreten. Ausgenommen sind Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs. Die Antragstellerin sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Dem gab der Verwaltungsgerichtshof vorläufig statt. Zwar dürfte eine 2G-Zugangsbeschränkung grundsätzlich eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben, hieß es. Doch gebe das Infektionsschutzgesetz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse und nicht auf die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden dürfen.
Doch das Kriterium des «täglichen Bedarfs» werde in der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung durch eine – ausdrücklich nicht abschließende – Liste von Beispielen konkretisiert, erläuterte der Verwaltungsgerichtshof. Damit werde die jetzige 2G-Regel den Anforderungen nicht gerecht. Auch bei sogenannten Mischsortimenten lasse sich nicht mit ausreichender Gewissheit aus der Verordnung entnehmen, welches Geschäft von der Zugangsbeschränkung erfasst wird und welches nicht. Gegen den Beschluss vom Mittwoch gibt es keine Rechtsmittel.
Der Handelsverband Bayern hat die Aussetzung der umstrittenen 2G-Regel in Bayern begrüßt. «Wir hoffen, dass das Thema damit endgültig vom Tisch ist», sagte Geschäftsführer Bernd Ohlmann am Mittwoch in München. Nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits Spielzeugläden und Bekleidungsgeschäfte von der Vorschrift ausgenommen habe, sei die neue Entscheidung von vielen Einzelhändlern erwartet worden. «Jetzt haben wir Klarheit.»
Dass die Staatsregierung Ungeimpften Zugang nur in Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs erlaubte, «hat uns mit das Weihnachtsgeschäft verhagelt», sagte Ohlmann. Die Zugangsbeschränkung habe notorische Impfverweigerer nicht zum Impfen gebracht, sie hätten online gekauft – ebenso wie viele Geimpfte, die von den Schlangen vor den Kontrollen in den Geschäften abgeschreckt worden seien.
Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) begrüßte die Entscheidung: «Der Einzelhandel hatte diese Lockerung schon länger gefordert, da die 2G-Kontrolle für die betroffenen Sortimente hohen Aufwand bedeutete und im Handel aufgrund der FFP2-Masken keine besondere Infektionsgefahr besteht», sagte Aiwanger der «Passauer Neuen Presse». «Die Abgrenzung des „täglichen Bedarfs“ war ohnehin schwierig und war immer wieder Gegenstand von Gerichtsurteilen.»
Der Verwaltungsgerichtshof hatte die unklare Reichweite der Ausnahmen in der bayerischen Verordnung kritisiert. Der Verordnung sei nicht mit hinreichender Gewissheit zu entnehmen, welche Ladengeschäfte von der Zugangsbeschränkung erfasst würden.
dpa