Mo, 06.03.2023 , 16:52 Uhr

Bayern: Straftaten gegen queere Menschen stark zugenommen

Bayern feiert sich gerne selbst als weltoffen. Wer im Freistaat aber nicht heterosexuell ist, hat es nach wie vor schwer. Eine große Interpellation zeigt: Bayern hinkt beim Thema LSBTIQ* der Welt hinterher.

Queere Menschen werden in Bayern nach wie vor überdurchschnittlich häufig Opfer von Straftaten. Während sich die generelle Hasskriminalität im Freistaat zwischen 2010 und 2021 vervierfacht hat, registrierte die Polizei bei Straftaten gegen queere Menschen in Bayern im gleichen Zeitraum fast eine Versiebenfachung. Dies geht aus einer 168-seitigen Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. Am Dienstag wird sich auch der bayerische Landtag mit dem Thema befassen.

Die Antwort der Staatsregierung zur sogenannten Interpellation mit dem Titel «Queer in Bayern – damals, heute und in Zukunft» belegt aber auch abseits der reinen Kriminalstatistik, dass es in den Belangen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*- und intergeschlechtlichen sowie anderen queeren Menschen – kurz LSBTIQ* – hierzulande noch immer sehr großen Handlungsbedarf gibt; etwa hinsichtlich von geförderten Beratungsangeboten auch abseits der Ballungszentren.

 

Mehr Angebote gefordert

«Wir brauchen in jedem Regierungsbezirk mindestens eine leistungsstarke Beratungsstelle, die an der queeren Community angedockt ist. Dafür braucht es mindestens zwei Millionen Euro Förderung», sagte Florian Siekmann, queerpolitischer Sprecher der Landtagsgrünen, der Deutschen Presse-Agentur.

Siekmann weiter: «Die Queerpolitik der Söder-Regierung ist ein einziges Trauerspiel. Mit ein paar Euro Förderung werden die Probleme nur verdeckt, nicht gelöst.» Die Situation sei dramatisch. «Es gibt nach wie vor viel zu wenige Angebote für LSBTIQ*-Personen mit gesundheitlichen Problemen. Echte, wirksame Aufklärungsarbeit an den Schulen hat das Kultusministerium nicht einmal richtig auf dem Schirm. Ich frage mich wirklich, wie massiv die Probleme in Bayern noch werden müssen, bis diese Staatsregierung endlich handelt.»

Die Staatsregierung beteuert ihrerseits, bereits viel zur Behebung von Problemen für die Community in Gang gesetzt zu haben. «Angriffe auf lesbische, schwule, bisexuelle, trans und queere Menschen nimmt die bayerische Justiz nicht hin. Deshalb habe ich bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Sozialministerium und der Münchner Fachstelle ‚Strong!‘ ein Online-Meldeverfahren für queerfeindliche Hate Speech eingerichtet», sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Montag. «Mir war es wichtig, dass die Betroffenen hier eine gute Beratung erhalten», sagte er.

 

Weiterbildung der Polizei

Aus Sicht der Grünen brauche es jedoch bei der Polizei eine Sensibilisierung in der Aus- und Fortbildung, damit queerfeindliche Straftaten besser erfasst werden könnten. Denn trotz der bereits in der Statistik ablesbaren massiven Zunahme könnte die Lage noch deutlich schlimmer sein: Unabhängige Anti-Gewalt-Anlaufstellen würden für Bayern noch mehr Delikte verzeichnen. Um das Vertrauen der queeren Community in die Polizei zu stärken und das Anzeigeverhalten zu verbessern, brauche es wie in anderen Bundesländern auch spezielle Ansprechpersonen in den Polizeipräsidien.

«Als einziges Bundesland hat Bayern noch immer keinen Aktionsplan für Vielfalt und Akzeptanz von LSBTIQ*. Das ist vollkommen aus der Zeit gefallen und angesichts der massiven Probleme und Baustellen auf diesem Feld auch ein gewaltiges politisches Versäumnis», kritisierte Siekmann. «Wir Grüne fordern: In jedem Ministerium müssen endlich verbindliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von LSBTIQ* festgelegt werden.»

 

Aufklärungsprojekte an Schulen

Zudem kritisierte Siekmann, dass es insbesondere in den Schulen keine Aufklärungsprojekte gebe. «Das Ziel von uns Grünen ist es, dass alle Schüler und Schülerinnen an einem Aufklärungsprojekt teilnehmen», sagte Siekmann. Auch die Lehrkräfte müssten fit für das Thema gemacht werden. «Statistisch sitzt in jeder Klasse mindestens eine queere Person. Das Thema betrifft alle Lehrkräfte.»

 

dpa / MB

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