Die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche ist in Deutschland auf einen Rekordstand gestiegen. Im vergangenen Jahr kehrten 217 716 Menschen der Kirche den Rücken. Damit wurde das bisherige Rekordniveau von 2010 auf dem Höhepunkt des Missbrauchsskandals (181 193 Austritte) deutlich übertroffen. Die Katholiken machen in Deutschland jetzt noch 29,5 Prozent der Bevölkerung aus – das sind knapp 24 Millionen Menschen.
Im Bistum Regensburg sind im vergangenen Jahr 7.042 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten- dem gegenüber stehen 89 Eintritte und 235 Wiederaufnahmen. Das geht aus einer am Freitag in Bonn veröffentlichten Statistik der Deutschen Bischofskonferenz hervor. Im Jahr 2013 sind 1584 Menschen weniger ausgetreten.
In ersten Reaktionen führten Kirchenvertreter die Austrittswelle unter anderem auf die Verwirrung um den Kirchensteuereinzug auf Kapitalvermögen zusammen. «Viele Menschen haben hier fälschlicherweise geglaubt, es handele sich um eine Steuer», meinte der Bischof von Münster, Felix Genn. Seit Anfang 2015 leiten Banken und Sparkassen die Kirchensteuer auf Kapitalerträge oberhalb des Sparerfreibetrags automatisch an die Finanzämter weiter.
Genn warnte jedoch, dass man es sich mit der Erklärung nicht zu einfach machen dürfe. Ebenso betonte Generalvikar des Erzbistums Köln, Dominik Meiering: «Der Kirchenaustritt ist nur der letzte Schritt auf einem langen Weg, auf dem einem Menschen die Kirche immer fremder wird. Wer in der Kirche keine Heimat mehr hat, dem fällt es leichter, bei einem akuten Anlass förmlich den Austritt zu erklären.»
Der Sprecher der katholischen Laienorganisation «Wir sind Kirche», Christian Weisner, sagte: «Der Geist von Franziskus ist noch nicht so in Deutschland spürbar, wie es sein müsste. Diese Kontrollwut, wie wir sie auch von Papst Benedikt erlebt haben – das muss vorbei sein.»
dpa/MF