Bayern prüft eine Klage gegen die vom Bundestag beschlossene Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Die Staatsregierung habe erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Ehe für alle, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München. Mit Hilfe eigener und externer Experten wolle man «ganz sorgfältig prüfen», ob man vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen wolle – aber ohne Zeitdruck. Schließlich gehe es um hoch komplexe juristische Fragen. Über eine mögliche Klage werde man erst anschließend entscheiden.
«Was wir wollen ist Rechtssicherheit», sagte Huber. Und die sei nach dem Bundestagsbeschluss aus Sicht der Staatsregierung nicht gegeben. Mit Wahlterminen habe das Vorgehen aber nichts zu tun, betonte er. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte bereits am Vortag eine sorgfältige juristische Prüfung des ganzen Sachverhalts angekündigt.
SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher kritisierte das Vorgehen scharf. «Es ist fragwürdig, dass Herr Seehofer seinen Abgeordneten zunächst die Abstimmung im Bundestag als Gewissensentscheidung frei gibt, um wenige Tage später mit einer Verfassungsklage gegen genau dieses Gesetz zu drohen», sagte er und griff Seehofer direkt an: «Er macht damit das Lebensglück von vielen Menschen zum Spielball seiner parteitaktischen Wahlkampfmanöver.»
Den Vermittlungsausschuss im Bundesrat will Bayern an diesem Freitag nicht anrufen. Die notwendige Klärung verfassungsrechtlicher Fragen könne dort «nicht sinnvoll stattfinden», sagte Huber. Bayern werde aber in einer Protokollerklärung deutlich machen, was es von der Ehe für alle halte. Man sei ganz klar gegen Diskriminierung von Homosexuellen. Die Ehe sei aber im Grundgesetz als Institut zwischen einem Mann und einer Frau definiert. «Das ist für uns so etwas Besonderes, dass wir das nicht gleichstellen wollen», sagte er.
Der Bundestag hatte am vergangenen Freitag mit einer breiten Mehrheit von SPD, Linken und Grünen sowie knapp einem Viertel der CDU/CSU-Fraktion die völlige rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen beschlossen, einschließlich des uneingeschränkten Adoptionsrechts. Staats- und Verfassungsrechtler sind sich allerdings uneins, ob dazu eine Grundgesetzänderung nötig gewesen wäre. In Karlsruhe klageberechtigt sind die Bundesregierung, ein Viertel der Bundestagsabgeordneten – oder eben eine Landesregierung.
dpa/MF