Angesichts des Krieges in der Ukraine haben Parteien in Bayern ihre Veranstaltungen zum politischen Aschermittwoch abgesagt. «Natürlich kann ein Aschermittwoch so nicht stattfinden», sagte CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag am Rande seiner Reise zu Österreichs Kanzler Karl Nehammer. Daher falle die Veranstaltung aus.
«Jetzt steht die Sorge um die Menschen in der Ukraine und den Frieden für uns im Vordergrund», teilte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn am Donnerstag mit. Grünen-Parteichef Thomas von Sarnowski erklärte: «Nach dem Angriff Russlands ist die Lage in der Ukraine dramatisch – es herrscht Krieg in unserer direkten Nachbarschaft. Selbstverständlich kann der politische Aschermittwoch in dieser Zeit nicht stattfinden.»
FDP-Fraktionschef Martin Hagen teilte bei Twitter ebenfalls eine Absage der Veranstaltung seiner Partei mit. Auch die Freien Wähler gaben den Ausfall ihres Aschermittwochs bekannt, wie Landessprecher Christoph Hollender bekanntgab. Auch die AfD folgte und sagte per Mitteilung ihre Veranstaltung ab.
Russland hatte am frühen Donnerstagmorgen einen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Angriffe mit Kampfflugzeugen, Hubschrauber und Raketen wurden auch aus verschiedenen Teilen der Ukraine gegen militärische Infrastruktur gemeldet.
Schon im Jahr 2016 fiel der politische Aschermittwoch aus – damals erstmals in der Geschichte. Grund war das Zugunglück von Bad Aibling am Vortag, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen und rund 80 verletzt wurden.
Im vergangenen Jahr fanden Aschermittwochs-Veranstaltungen trotz Corona-Pandemie statt – allerdings in deutlich abgespeckter Version. Die Parteien übertrugen Reden ihrer Spitzenpolitiker aus kleinen Räumen statt aus vollbesetzten Bierzelten ins Internet.
Der politische Aschermittwoch hat in Bayern eine lange Tradition. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten sich im niederbayerischen Vilshofen an diesem Tag die Bauern zum Viehmarkt getroffen. Dabei feilschten sie nicht nur um Tierpreise, sondern nahmen beim Bier auch die königlich-bayerische Regierung ins Visier. 1919 lud der bayerische Bauernbund anlässlich des Viehmarkts dann erstmals zu einer Kundgebung – das Politspektakel war geboren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der politische Aschermittwoch von der Bayernpartei wiederbelebt, die ihre Veranstaltung zu deftigen Angriffen auf die CSU nutzte. Die Christsozialen stiegen wenig später in die Tradition ein. Am 18. Februar 1953 lud die CSU zu ihrer ersten Aschermittwochs-Kundgebung: in den «Wolferstetter Keller» in Vilshofen. Franz Josef Strauß, damals CSU-Generalsekretär, war einer der Redner. Das Traditionslokal war am Aschermittwoch jahrelang die Heimat der CSU – aber am Ende so voll, dass die CSU 1975 nach Passau ausweichen musste, erst in die Nibelungenhalle, dann in die Dreiländerhalle.
Längst ist der politische Aschermittwoch ein mediales Politspektakel, das keine Partei, die etwas auf sich hält, auslassen kann. Große und kleinere Parteien laden ihre Anhänger an diesem Tag ein – und das längst nicht mehr nur nach Niederbayern.
dpa