Süddeutschen Ermittlern ist ein Schlag gegen eine niederländische Bande gelungen, die hierzulande mehr als 50 Geldautomaten gesprengt und dabei 5,2 Millionen Euro erbeutet haben soll.
«Es handelt sich hierbei um eine der größten Aktionen gegen Geldautomatensprenger in den Niederlanden»,
teilten die Landeskriminalämter Bayern und Baden-Württemberg sowie die Staatsanwaltschaft Bamberg gemeinsam am Donnerstag in München mit. Mit Ausnahme eines Falls in Thüringen hatten sich die seit November 2021 aktiven Täter nach aktuellem Ermittlungsstand stets Geldautomaten in den beiden süddeutschen Bundesländern ausgesucht.
Am Montag hatten die Beamten bei einer Razzia in den niederländischen Provinzen Utrecht und Limburg sowie in Belgien in Zusammenarbeit mit der dortigen Polizei 16 Gebäude durchsucht. Dabei wurden neun per Haftbefehl gesuchte Männer im Alter von 25 bis 41 Jahren festgenommen. Nach drei weiteren wird aktuell noch gefahndet.
«Außerdem wurden neun vorbereitete Sprengstoffpakete entdeckt»,
sagte Einsatzleiter Jürgen Harle vom Bayerischen Landeskriminalamt.
«Die Täterinnen und Täter sprengen sich völlig rücksichtslos den Weg zum Geld frei, riskieren das Leben unbeteiligter Menschen und zerstören Gebäude»,
teilte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) anlässlich der Festnahmen mit. Der Sachschaden sei dabei regelmäßig höher als die Beute. Bei der aktuellen Serie beläuft er sich den Angaben zufolge auf 6,5 Millionen Euro.
dpa
In einer groß angelegten Festnahme- und Durchsuchungsaktion am Montag, dem 30. Januar 2023 in den Niederlanden und in Belgien gelang es, neun Haftbefehle zu vollziehen und 16 Objekte zu durchsuchen. Es handelt es sich hierbei um eine der größten Aktionen gegen Geldautomatensprenger in den Niederlanden.
Nach bisherigem Ermittlungsstand begann die Serie von Geldautomatensprengungen, die alle mit Festsprengstoff begangen wurden, am 5. November 2021. In 87751 Heimertingen (Lkr. Unterallgäu) brachen an diesem Tag kurz vor 3 Uhr morgens mehrere zunächst unbekannte Täter den Geldautomaten der Sparkasse mit Brecheisen auf und setzten Festsprengstoff ein, um den Automaten zu zerstören und an das darin befindliche Geld zu gelangen. Anschließend flüchteten die Täter mit einem dunklen Audi RS6 Avant und konnten unerkannt entkommen.
Mit dem auffallend gleichen Prozedere gab es alleine in Bayern bis heute 34 Geldautomatensprengungen, von denen 31 erfolgreich waren. Dabei verursachten die Täter einen Schaden von mehr als vier Millionen Euro und erbeuteten über 3,4 Millionen Euro. Der aktuellste Fall der Serie ereignete sich am 19. Januar 2023 in 87746 Erkheim (Lkr. Unterallgäu).
Um die Verfolgung der Täter möglichst effizient zu gestalten, führt die Staatsanwaltschaft Bamberg unabhängig von der Tatörtlichkeit zentral die Ermittlungen in all diesen Fällen. Für die polizeiliche Arbeit richtete das Bayerische Landeskriminalamt eine Ermittlungsgruppe im Bereich der Organisierten Kriminalität ein. In dieser waren an der Spitze über 15 Ermittlerinnen und Ermittler beschäftigt.
In Baden-Württemberg ermittelte die Abteilung Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität des dortigen Landeskriminalamtes gegen die Gruppierung. Dort beträgt der Sachschaden rund 2,7 Millionen Euro. Die Tatverdächtigen erbeuteten etwa 1,8 Millionen Euro. Der erste Fall der Tatserie in Baden-Württemberg ereignete sich am 10. November 2021 in 74549 Wolpertshausen (Lkr. Schwäbisch Hall). Gegen 2:30 Uhr morgens gelangten die Kriminellen mit dem gängigen Modus Operandi an das Geld. Auch bei dieser Tat flüchteten sie mit einem dunklen und stark motorisierten Fahrzeug.
Die Ermittlungen führten zu einer Gruppierung aus der niederländischen Stadt Roermond, Provinz Limburg, und in die Provinz Utrecht. Sie sind dringend verdächtigt, 34 Geldautomaten in Bayern und 17 in Baden-Württemberg sowie einen Geldautomaten in Thüringen gesprengt zu haben.
In enger Zusammenarbeit mit den niederländischen Justiz- und Polizeibehörden gelang es, mehrere Mitglieder dieser Gruppe zu identifizieren. Die Vorwürfe lauten insbesondere auf schweren Bandendiebstahl, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Zerstörung eines Bauwerkes in mehreren Fällen. Aufgrund der Skrupellosigkeit und außerordentlichen Gefährlichkeit bei der Ausführung der einzelnen Taten ermittelt die Staatsanwaltschaft Bamberg in zehn Fällen auch wegen versuchten Tötungsdelikten. Hier handelt es sich jeweils um Fälle, bei denen Menschen in besondere Gefahr gebracht wurden.
Bei der groß angelegten Festnahme- und Durchsuchungsaktion am 30. Januar 2023 waren neben Angehörigen niederländischer und belgischer Behörden auch Ermittlerinnen und Ermittler aus Bayern und Baden-Württemberg im Einsatz. Insgesamt waren mehr als 270 Einsatzkräfte und mehrere Staatsanwälte und Richter am Aktionstag beteiligt.
Bei den neun Festgenommenen handelt es sich um Männer im Alter von 25 bis 41 Jahren mit Wohnort in den Niederlanden. Sie sind niederländische, marokkanische, afghanische, türkische und rumänische Staatsangehörige mit Aufenthalt in den Niederlanden und Belgien. Nach drei weiteren Mittätern wird aktuell noch gefahndet.
In mehreren Durchsuchungsobjekten konnten umfangreiche Tat- und Beweismittel sichergestellt werden, ebenso Gegenstände, welche zur Vermögenssicherung eingezogen werden. Es wurden u.a. mehrere zehntausend Euro Bargeld, Maskierungsgegenstände, Luxuskleidung und Luxusuhren aufgefunden.
In einer Garage in Roermond konnten ein mutmaßliches Tatfahrzeug, Audi RS6, und mehrere vorgefertigte Sprengpacks sichergestellt werden.
Die festgenommenen Personen werden einem Haftrichter in den Niederlanden und Belgien vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat die Auslieferung nach Deutschland beantragt.
Auch im präventiven Bereich wurden bereits Maßnahmen getroffen und Beratungen mit den Banken und Sparkassen geführt, um möglichst effektive Maßnahmen zu ergreifen, die weitere Sprengungen verhindern könnten. Dazu findet in einer Woche ein erneutes Treffen mit den Bankenverbänden im Bayerischen Landeskriminalamt statt.