Städte und Gemeinden haben die Absicht der Gesundheitsminister der Länder begrüßt, die Impfzentren auch über September 2021 hinaus verfügbar zu halten. «Die Impfzentren sind ein unverzichtbarer Baustein in der Pandemiebekämpfung, der Weiterbetrieb mindestens bis Ende des Jahres notwendig», sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der «Rheinischen Post» (Donnerstag). «Wenn, wie zu erwarten ist, die Lieferung von Impfdosen weiterhin kontinuierlich steigt, können die Impfzentren einen wichtigen Beitrag leisten, das Impfgeschehen bis September insgesamt deutlich zu beschleunigen.» Hinzukomme, dass voraussichtlich ab dem Herbst Millionen von Menschen eine Auffrischungsimpfung benötigen.
Die Gesundheitsminister hatten am Mittwoch daneben unter anderem beschlossen, dass bei Urlaubsreisen ins Ausland trotz sinkender Corona-Zahlen den ganzen Sommer über Vorgaben zu Tests und Quarantäne greifen sollen. «Reisen ja – aber bitte weiterhin mit Vorsicht und Umsicht», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch. Die Regeln für Reiserückkehrer sollten bis mindestens Mitte September verlängert werden. Ziel sei auch, den Eintrag riskanterer Virusvarianten, solange es gehe, zu verhindern.
Die Impfzentren sollen über den Sommer hinaus in Bereitschaft gehalten werden – etwa falls sie für Auffrischimpfungen gebraucht werden. Bund und Länder hatten am Mittwoch vereinbart, dass die Länder binnen zwei, drei Wochen ein entsprechendes Bereitschaftskonzept entwickeln, so Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Gewährleistet werden solle ein Mindestbetrieb der Zentren. Bei Bedarf sollten die Zentren schnell wieder hochgefahren werden. Der Bund sei weiter zur Finanzierung bereit, vorerst ist es bis Ende September vereinbart. In mehreren Ländern gibt es aber Pläne zu einem längeren Erhalt der Zentren, etwa in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern.
Frank-Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Weltärztebundes, glaubt, dass die Corona-Pandemie in Zukunft auch ohne Impfzentren bekämpft werden kann. «Impfzentren wurden eingerichtet, um sehr knappen Impfstoff gerecht zu verteilen. Und man hat Impfzentren auch gebraucht, weil der Impfstoff von Biontech ursprünglich bei minus 70 Grad gelagert und verarbeitet werden musste. Wenn wir das alles nicht mehr brauchen, wenn wir genug Impfstoff haben, wenn wir die Priorisierung nicht mehr haben und wenn der Impfstoff ganz normal wie jeder andere Impfstoff verarbeitbar ist, brauchen wir keine Impfzentren mehr», sagte er dem Bayerischen Rundfunk.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert auch mit Blick auf mögliche Corona-Folgeimpfungen eine weitere Finanzierung der regionalen Impfzentren durch den Bund. Voraussichtlich ab Herbst stünden Auffrischungsimpfungen für die 900.000 Pflegeheimbewohner an, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Die Impfungen in den 12 000 Pflegeeinrichtungen könnten aber nur mit den mobilen Teams der Impfzentren realisiert werden. «Das gilt auch für Impfaktionen in Corona-Hotspots. Zudem hat nicht jeder einen Hausarzt, um einen Impftermin zu vereinbaren.»
Die Kassenärzte kritisieren unterdessen, dass der Impfstoff in Deutschland immer noch nicht den Bedarf deckt. «Grundsätzlich ist es positiv zu bewerten, dass die Priorisierungen weggefallen sind. Dazu passt aber nicht, dass Impfstoffe immer noch zu knapp sind», sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Zugleich gibt die Politik jetzt auch noch vollmundige Impfversprechen an Kinder und Jugendliche.»
Die Kinderärzte verabreichen nach eigener Aussage derzeit allerdings nur geringe Mengen. «Derzeit impfen die Ärzte nur sehr wenige Kinder und Jugendliche gegen Corona, obwohl es eine deutlich erhöhte Nachfrage gibt», sagte der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ein Grund sei, dass es im Moment zu wenig Biontech-Dosen gebe, als dass alle im Alter ab zwölf Jahren versorgt werden könnten. «Von allen Anfragen für die Altersgruppe zwischen 12 und 15 Jahren erhalten momentan weniger als zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen eine Covid-19-Impfung.» Der überwiegende Teil davon habe eine schwere Vorerkrankung und daher ein erhöhtes Gesundheitsrisiko.
dpa/MB