Können in Grenzregionen bald schon alle geimpft werden? Die Politik will die Impfreihenfolge lockern - und es gibt mehr Impfstoff. Grenzregionen mit hohen Corona-Infektionszahlen sollen im März 100 000 Dosen Impfstoff extra erhalten - und künftig von der vorgegebenen Impfreihenfolge abweichen können. Das teilten Ministerpräsident Markus Söder und Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (beide CSU) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur mit.
Nach der neuen Impfverordnung des Bundes, die an diesem Donnerstag im Bundesanzeiger veröffentlicht werden soll, sollen künftig Abweichungen von der Impf-Priorisierung möglich sein, um eine dynamische Virus-Ausbreitung «aus hochbelasteten Grenzregionen» zu verhindern. Damit könnten Bayern, aber auch Sachsen, das Saarland und weitere Bundesländer die ganze Bevölkerung in solchen Hotspots an der Grenze impfen, wie es zur Erläuterung in Berlin hieß.
«Wir müssen jede Option an der Grenze nutzen, weil wir sehen, dass wir dort wenig andere Handlungsoptionen haben», sagte Holetschek. Die Behörden vor Ort sollen demnach entscheiden können, ob bestimmte Gruppen früher geimpft werden. Als Beispiel nannte Holetschek mögliche Reihenimpfungen in Betrieben, in denen es vermehrt Corona-Infektionen gebe. Theoretisch könnten dann auch alle über 18 Jahren geimpft werden, wo dies sinnvoll sei, sagte er.
Die Landratsämter in der Grenzregion wollten aber erst die Änderung der Impfverordnung abwarten, bevor sie eine eigene Impfreihenfolge festlegen. Zu viele Fragen seien noch offen, hieß es am Mittwoch. Beispielsweise sei unklar, nach welchem Schlüssel die zusätzlichen Impfdosen verteilt werden und wann die Zuweisungen erfolgen sollen.
Noch im März sollen die bayerischen Corona-Hotspots an der Grenze zu Tschechien 100.000 Dosen Impfstoff extra erhalten, wie Söder nach einer entsprechenden Mitteilung der EU ankündigte. Sie kämen zusätzlich zu den 50.000 Impfdosen, die die Staatsregierung schon zugesagt hatte.
«Das ist eine echte Perspektive für Ostbayern. Denn wo aufgrund der hohen Inzidenzen nicht gelockert werden kann, muss mehr immunisiert und geimpft werden», erklärte Söder, der sich nach eigener Aussage bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dafür eingesetzt hatte. «Jetzt ist die positive Nachricht da.»
«Dies ist eine wichtige und gute Nachricht für uns», sagte der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU). «Wir können damit mehr und schneller impfen.» Seit Mittwoch laufe das Impfzentrum mit mehr als 700 Impfungen täglich unter Vollauslastung, zusätzlich werde in zwölf Hausarzt-Praxen geimpft.
Landrat Sebastian Gruber aus Freyung-Grafenau begrüßte die Entscheidung, Impfdosen künftig flexibel einsetzen zu können. «Damit können wir direkten Einfluss auf das Infektionsgeschehen nehmen und gezielt Gruppen impfen, zum Beispiel Lehrkräfte, Mitarbeiter in systemrelevanten Unternehmen», betonte der CSU-Politiker. Tirschenreuths Landrat Roland Grillmeier (CSU) forderte alle Anwohner schon auf, sich online für eine Impfung zu registrieren.
Die ostbayerischen Grenzregionen hatten schon seit längerem mehr Impfstoff gefordert. «Wir sind ja so etwas wie der Puffer gegenüber dem Hochrisiko- und Virusmutationsgebiet Tschechien mit den hohen Infektionszahlen», erklärte der Chamer Landrat Franz Löffler (CSU).
Das Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL) meldete am Mittwoch mehr als 73 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen für Bayern. Besonders hoch waren die Zahlen demnach in den Regionen an der Grenze zu Tschechien, bundesweiter Spitzenreiter war Hof mit einem Wert von 333,88.