In der Bayern-Ei-Affäre hat Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) erneut jegliche Kritik an ihrer eigenen Krisenarbeit und die der Behörden zurückgewiesen. «Der Schutz der Menschen steht an oberster Stelle. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es aber nicht. Insbesondere nicht, wenn kriminelles Verhalten im Spiel ist», sagte sie am Donnerstag in München. Auf die von der SPD geäußerte Rücktrittsforderung ging Scharf nicht ein. Die Grünen im Landtag drohten zudem mit einem Untersuchungsausschuss.
Anlass sind Berichte von «Süddeutscher Zeitung» und Bayerischem Rundfunk (BR), wonach die Behörden «offenbar» wichtige Schritte zur Aufklärung unterlassen hätten – das legten eigene Recherchen nahe.
«Offenbar versäumten es die Behörden massenhaft verseuchte Eier zurückzurufen», kritisierte der SPD-Verbraucherschutzexperte Florian von Brunn. Entgegen den bisherigen offiziellen Aussagen sei es zu zahlreichen Erkrankungen auch in Deutschland und Bayern gekommen. «Alle diese Informationen wurden dem Landtag und der Öffentlichkeit vorenthalten», sagte er. «Wenn die verantwortliche CSU-Ministerin Ulrike Scharf nur einen Funken Anstand hat, dann zieht sie jetzt die Konsequenzen und tritt zurück.»
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann kritisierte, die Fragen der Grünen seien nie vollständig und, wie sich jetzt zeige, oft falsch beantwortet worden. «Braucht es erst einen Untersuchungsausschuss, damit wir die vollständige Wahrheit erfahren?», fragte er. Er könne sich nicht vorstellen, dass Scharf den Skandal «politisch überlebt».
Der verzweifelte Versuch, Behördenschlampereien unter den Teppich zu kehren, sei gescheitert, sagte auch Benno Zierer (Freie Wähler). Er forderte Scharf auf, im Verbraucherschutz-Ausschuss des Landtags schnell für Klarheit zu sorgen. Denn die Ermittlungsergebnisse belegten, dass die Verbraucherschutzbehörden elementarste Standards nicht beachtet hätten und anders als von Scharf behauptet auch in Bayern Menschen durch die Salmonellen-Eier erkrankt seien.
Selbst aus der CSU kam Kritik: «Die Informationslücken gibt es offensichtlich, dass doch nicht so detailliert aufgeklärt wurde, wie wir es uns gewünscht und erwartet hätten», sagte der Verbraucherschutzsprecher Eric Beißwenger dem BR.
Die Behörden sehen sich schon länger mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten früh von dem Skandal gewusst, die Bevölkerung aber nicht gewarnt. Scharf gibt sich dennoch gelassen; die Vorwürfe lägen zum wiederholten Mal daneben und würden von ihr zurückgewiesen: «Mögliches kriminelles Handeln kann nur mit den kriminalistischen Mitteln der Staatsanwaltschaft aufgedeckt werden. Mein Ministerium hat die Staatsanwaltschaft dabei umfassend unterstützt.»
Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat vor kurzem Anklage gegen den früheren Chef der niederbayerischen Firma Bayern-Ei erhoben, unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Er soll im Jahr 2014 über Monate hinweg die Auslieferung von Eiern veranlasst haben, obwohl mehrfach Salmonellen-Verunreinigungen nachgewiesen worden waren. In der Folge sollen laut Staatsanwaltschaft 187 Menschen an einer Salmonelleninfektion erkrankt sein: 95 Personen in Österreich, 86 Personen in Deutschland und 6 Personen in Frankreich. Aufgrund eines rechtsmedizinischen Gutachtens besteht der Verdacht, dass einer der in Österreich Erkrankten an den Folgen der Infektion starb.
«Die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft werden vom Ministerium nicht kommentiert», sagte ein Sprecher von Scharf. Sie seien im Hause auch nicht im Detail bekannt. «Die Staatsanwaltschaft hat bei ihren Ermittlungen Rechte, die deutlich über die Befugnisse der Kontrollbehörden hinausgehen.» Es sei jetzt Aufgabe des Landgerichts Regensburg zu prüfen, ob gegen den ehemaligen Bayern-Ei- Geschäftsführer das Hauptverfahren eröffnet werde.
dpa