Bayerns Gemeindetagspräsident Uwe Brandl fürchtet zunehmende Unzufriedenheit und Radikalisierung in der Bevölkerung. «Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation – Ukrainekrieg, Energieknappheit, Abgleiten der Wirtschaft in Richtung Rezession, erneuter Massenzuzug von Einwanderern und galoppierender Inflation – habe ich größte Sorgen um den sozialen und demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft», sagte er am Mittwoch bei der Landesversammlung des Bayerischen Gemeindetages in Neunburg vorm Wald, auch in Richtung des Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU).
Das Zusammentreffen mehrerer Krisen wirke wie ein Brandbeschleuniger, so Brandl. «Viele Menschen im Lande fühlen sich zu Recht abgehängt und unverstanden.» Die Energiekostenentwicklung verstärke dies. Von einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse könne «nicht ansatzweise» gesprochen werden. Der Gemeindetagschef appelliere an die Politik, auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse hinzuarbeiten. «Das ist ein Verfassungsauftrag!»
Brandl befürwortete das Aus für die geplante Gaspreisumlage und mahnte zugleich eine rasche Umsetzung der Gaspreisbremse an. Er forderte den zügigen Ausbau der Stromnetze, insbesondere der Leitungen von Nord nach Süd, sowie Kooperationen zur Energiegewinnung über Zweckverbände aus Gemeinden und Landkreisen.
dpa
Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl richtete deutliche Worte an die 142 Delegierten und Ministerpräsident Dr. Markus Söder:
„Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation – Ukrainekrieg, Energieknappheit, Abgleiten der Wirtschaft in Richtung Rezession, erneuter Massenzuzug von Einwanderern und galoppierender Inflation – habe ich größte Sorgen um den sozialen und demokratischen Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das Zusammentreffen mehrerer Krisen zur gleichen Zeit wirkt als Brandbeschleuniger zunehmender Unzufriedenheit und Radikalisierung in der Gesellschaft. Viele Menschen im Lande fühlen sich zu Recht abgehängt und unverstanden. Die Energiekostenentwicklung beinhaltet zusätzlichen Stoff zur Popularisierung. Transferleistungsempfänger werden als Privilegierte empfunden, sozialversicherungspflichtige Beschäftigte empfinden sich zunehmend als „Melkkühe der Nation“, von einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse kann mit Blick auf das 9-Euro-Ticket, offenbar angestrebtes voraussetzungsloses Grundeinkommen und weiteren sozialen Wohltaten nicht ansatzweise gesprochen werden. Ich appelliere an die Politik in Bund und Freistaat: Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse hat Verfassungsrang. Die Politik hat darauf hinzuarbeiten, diese Gleichwertigkeit zu schaffen. Das ist ein Verfassungsauftrag!“
Brandl kritisierte ideologische Diskussionen um die richtigen Maßnahmen zur Energiewende und zur Eingrenzung der Energiekosten. Er lobte das Aus für die geplante Gaspreisumlage, mahnte aber eine rasche und transparente Umsetzung der beschlossenen Gaspreisbremse an. Auch der Ausbau der Stromnetze, insbesondere die Leitungen von Nord nach Süd, müssten deutlich beschleunigt werden. Einer eigenen Kompetenz der bayerischen Landkreise zur Energiegewinnung erteilte er eine deutliche Absage. Vielmehr forderte er, über gemeinsame Kooperationen zur Energiegewinnung mittels Zweckverbände aus Gemeinden und Landkreisen einen nachhaltigen Beitrag zur Energiewende zu erreichen.
Brandl: „Bayerns Gemeinden und Städte werden es auch diesmal wieder schaffen, die aktuellen Krisen zu meistern. Wir sind flexibel und anpassungsfähig. Wir haben leistungsfähige Verwaltungen und genießen in der Bevölkerung das meiste Vertrauen aller politischen Ebenen. Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass dies so bleiben wird.“
Bayerischer Gemeindetag / MB