Er hat Passanten grundlos niedergeschlagen, auf sie eingeprügelt und selbst auf seine am Boden liegenden Opfer noch eingetreten – wegen seiner Beteiligung an der Amberger Prügelattacke Ende vergangenen Jahres soll ein 18 Jahre alter Asylbewerber mehr als zwei Jahre hinter Gitter. Das Amtsgericht Amberg verurteilte den jungen Iraner am Freitag unter anderem wegen Anstiftung zu vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten.
Drei mitangeklagte afghanische Asylbewerber kommen hingegen mit Jugendstrafen zwischen 6 und 13 Monaten davon; sie wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die drei bisher in Untersuchungshaft einsitzenden Afghanen verließen das Gericht als freie Männer. Bei der Urteilsverkündung wirkten sie sichtlich erleichtert.
Das Quartett hatte während des fünftägigen Prozesses gestanden, Ende 2018 betrunken durch die Amberger Innenstadt gezogen zu sein und dabei grundlos auf Passanten eingeprügelt zu haben. Die damals 17 bis 19 Jahre alten Männer griffen 21 Menschen an, 15 davon wurden verletzt. Die genauen Motive für die Übergriffe blieben auch während des Prozesses weitgehend unklar. Der Vorfall hatte seinerzeit bundesweit für Aufsehen gesorgt und eine erneute Debatte über eine konsequentere Abschiebung von ausländischen Straftätern ausgelöst.
Als Haupttäter stuft das Gericht den 18 Jahre alten Iraner ein. Er habe seine betrunkenen Bekannten immer wieder dazu ermuntert, auf zufällig vorbeikommende Passanten einzuschlagen, betonte der Vorsitzende Richter Peter Jung. Zudem sei er – anders als seine Mitangeklagten – ausnahmslos an allen Taten beteiligt gewesen, betonte Richter Jung in seiner Urteilsbegründung.
Auch der Umstand, dass er schon wenige Wochen zuvor an Prügeleien in Regensburg beteiligt und deswegen zu Jugendarrest verurteilt worden sei, belaste den Iraner. Dieser sei enorm schnell rückfällig geworden, machte der Vorsitzende Richter deutlich. Nach Auskunft seines Verteidigers will der junge Iraner seine Strafe akzeptieren. Auf eine Berufung wolle man verzichten, um nicht den Therapieerfolg der vom Gericht angeordneten Entziehungskur zu gefährden.
Das Urteil basiert auf einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Mit der Aussicht auf eine mildere Strafe hatten sich alle Angeklagten zu Geständnissen bereiterklärt. Auf der Basis erhielt der 20 Jahre alte Afghane eine Jugendbewährungsstrafe von dreizehn Monaten, sein ein Jahr jüngerer Landsmann eine von acht Monaten und der 18 Jahre alte Afghane eine von sechs Monaten. Für die Angeklagten sprach nach Einschätzung des Gerichts ihr umfassendes Geständnis – gegen sie die Brutalität, mit der sie ohne Grund auf arglose Passanten eingeprügelt hätten.
Mit Blick auf die Empörungswelle, die die Übergriffe ausgelöst hatten, warnte Jung davor, in den Angeklagten einen «Blitzableiter für Bürger zu sehen», die die Vorfälle stark aufgewühlt hätten. «Der richtige Ort für Äußerungen zu sozialen oder gesellschaftlichen Fragen ist das Wahllokal, nicht der Gerichtssaal.» Auch könne es nicht darum gehen, an den vier Asylbewerbern ein Exempel zu statuieren. Die jungen Afghanen hätten trotz der wenigen Lebensjahre eine «bewegte Geschichte» hinter sich. «Trotzdem sind sie Menschen, die Schuld auf sich geladen haben», unterstrich der Richter.
Die Urteile im Strafprozess um die Amberger Prügelattacken sind gefallen. Rund vier Monate nach den Angriffen auf Amberger Passanten verurteilte das Jugendschöffengericht heute einen der Täter zu einer Freiheitstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten, seine drei Mittäter erhielten Bewährungsstrafen zwischen sechs und dreizehn Monaten. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann begrüßte die zügige Entscheidung des Gerichts: „Es ist ein wichtiges Signal, dass der Rechtsstaat schnell und entschlossen auf derartige Gewalttaten reagiert. Dazu gehört neben einer konsequenten und schnellen Bestrafung auch, dass wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Aufenthalt solcher Gewalttäter in unserem Land schnellstmöglich zu beenden.“
Alle vier Täter sind bis zur heutigen Urteilsverkündung in Untersuchungshaft gewesen. Der erste Täter, ein volljähriger Iraner, muss laut Herrmann nun zunächst seine Freiheitsstrafe verbüßen. „Anschließend wollen wir alle rechtlichen Hebel in Bewegung setzen, um ihn unmittelbar aus der Haft in den Iran abzuschieben“, so Herrmann. Für den zweiten Täter, einen zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Afghanen, konnte heute bereits nahtlos die Abschiebungshaft erwirkt werden. „Wir werden ihn so bald wie möglich direkt aus der Abschiebungshaft nach Afghanistan abschieben“, kündigte Herrmann an.
Für den dritten Täter, einen minderjährigen Afghanen, der heute zu einer Bewährungsstrafe verteilt wurde, steht einer sofortigen Abschiebung noch im Weg, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein sogenanntes Abschiebungsverbot festgestellt hat. „Wir haben uns gegenüber dem BAMF für einen Widerruf dieses Abschiebungsverbots eingesetzt. Nach Auffassung der Bundesbehörde steht dem derzeit aber noch die Minderjährigkeit des Täters entgegen“, erklärte der Innenminister. Der vierte Täter, ein volljähriger Afghane, wird aktuell in Deutschland geduldet, da er mittlerweile Vater eines deutschen Kindes ist.
Abschließend machte Herrmann klar: „Die beim Landesamt für Asyl und Rückführungen angesiedelte Task Force, die sich speziell um Abschiebungen randalierender und gewalttätiger Ausländer kümmert, wird alle vier Fälle weiterhin scharf im Blick behalten.“
dpa/Pressemitteilung Staatsministerium des Inneren/MF