Die Staatsanwaltschaft Hannover hat im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen eine Geldbuße von 100 Millionen Euro gegen den Autozulieferer Continental verhängt. Das Verfahren wegen einer fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht hatte sich gegen die Continental AG sowie gegen weitere Gesellschaften Konzerns gerichtet, wie die Strafverfolgungsbehörde am Donnerstag in Hannover mitteilte. Darüber hatte zuvor die «Wirtschaftswoche» berichtet.
Der Konzern teilte mit, dass auf Rechtsmittel verzichtet werde. Es liege im Interesse des Unternehmens, dass das Verfahren damit beendet sei. Für das Geschäftsjahr 2024 führe die Geldbuße aufgrund der gebildeten Rückstellung zu keiner wesentlichen zusätzlichen Ergebnisbelastung. Die Zahlung soll laut Staatsanwaltschaft binnen sechs Wochen an das Land Niedersachsen erfolgen, das nach dem Gesetz Empfänger der Geldbuße ist.
Nach Überzeugung der Ermittler wurden ab Mitte 2007 mehr als zwölf Millionen Motorsteuergeräte oder die entsprechende Software von der ehemaligen Continental-Antriebssparte an inländische und ausländische Autohersteller ausgeliefert, darunter unter anderem an den Volkswagen-Konzern für den Dieselmotor EA 189. Die Software-Versionen enthielten laut Staatsanwaltschaft zumindest teilweise unzulässige Strategien.
Die Autobauer verwendeten die entsprechenden Motorsteuergeräte aber in ihren Fahrzeugen, erwirkten behördliche Genehmigungen und vermarkteten sie. Nach Angaben der Strafverfolger stießen die ausgestatteten Fahrzeuge im Ergebnis im normalen Fahrbetrieb mehr Stickoxide aus, als dies nach den regulatorischen Anforderungen zulässig war.
Die Höhe der Geldbuße setzte sich aus einem sogenannten Ahndungsanteil und einem Abschöpfungsanteil zusammen. Demnach wurde die Ordnungswidrigkeit mit insgesamt 5 Millionen Euro geahndet. Mit den übrigen 95 Millionen Euro sollen die wirtschaftlichen Vorteile oder ersparten Aufwendungen abgeschöpft werden. Bei der Festlegung sei die Kooperation des Unternehmens berücksichtigt worden. Das Verfahren gegen die betroffenen Gesellschaften sei mit Zahlung rechtskräftig abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft betonte aber, dass die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ehemalige Conti-Mitarbeiter davon nicht betroffen seien.
Nach dem Auffliegen des Abgasskandals bei Volkswagen im Jahr 2015 hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig 2018 ein Bußgeld von einer Milliarde Euro gegen die Wolfsburger verhängt, um die Aufsichtspflichtverletzungen dort zu ahnden. Auch dieses Geld floss damals an das Land Niedersachsen. Die VW-Tochter Audi bekam kurz danach ein Bußgeld von 800 Millionen Euro von der Staatsanwaltschaft München aufgebrummt. In Stuttgart wurden bei der VW-Tochter Porsche 535 Millionen Euro fällig. Von der Staatsanwaltschaft dort bekam auch Daimler im Zug des Dieselskandals ein Bußgeldbescheid in Höhe von rund 870 Millionen Euro.
Laut der Mitteilung von Continental sei Vitesco Technologies sei in diesem Zusammenhang grundsätzlich verpflichtet, Continental von allen etwaigen Kosten und Verbindlichkeiten freizustellen, so das Unternehmen in einer Mitteilung. Das Verfahren beziehe sich nämlich auf eine ehemalige Antriebssparte, welche 2021 als Vitesco Technologies abgespalten wurde. Gegenüber der Mediengruppe Bayern habe Vitesco mitgeteilt, dass das Unternehmen bereits im Vorfeld eine „bilanzielle Vorsorge“ getroffen habe.
Zuerst muss jetzt aber Continental die Summe zahlen. Auch dieses Unternehmen habe zur Vorsorge bereits 2023 einen hohen zweistelligen Millionenbetrag zurückgelegt, heißt es gegenüber der Mediengruppe Bayern.
Die Staatsanwaltschaft Hannover hat heute einen Bußgeldbescheid über insgesamt 100 Millionen Euro gegen die Continental AG und einzelne Tochtergesellschaften aufgrund einer fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Zulieferung von Motorsteuergeräten und Motorsteuerungssoftware (u. a. für den VW EA189 1,6 l) erlassen. Die Geldbuße setzt sich zusammen aus einem Ahndungsteil in Höhe von insgesamt 5 Millionen Euro sowie einer Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile in Höhe von insgesamt 95 Millionen Euro. Das Verfahren bezieht sich auf Geschäftsaktivitäten der ehemaligen Antriebssparte Powertrain, die 2021 als Vitesco Technologies abgespalten wurde.
Continental hat den Bescheid nach intensiven Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft Hannover und eingehender Prüfung akzeptiert und auf Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet. Es liegt im Unternehmensinteresse, dass das Bußgeldverfahren damit beendet ist.
Continental hat vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft kooperiert und die Ergebnisse der eigenen Untersuchung fortlaufend mit den Behörden geteilt. Das Unternehmen hat die Compliance signifikant gestärkt, ein eigenständiges Vorstandsressort für Integrität und Recht geschaffen und sein System für technische Compliance weiter ausgebaut. Dies wurde von der Staatsanwaltschaft bei der Bußgeldbemessung zugunsten von Continental berücksichtigt.
Olaf Schick, Vorstand für Integrität und Recht: „Es ist wichtig und in unserem eigenen Interesse, dass wir einen Schlussstrich unter das Bußgeldverfahren ziehen. Wir haben dem Thema Integrität bei uns den höchsten Stellenwert gegeben, haben es organisatorisch neu aufgestellt und die Beschäftigten intensiv geschult. Diesen Prozess werden wir fortsetzen und weiterhin in die Integrität des Unternehmens investieren.“
Für das laufende Geschäftsjahr 2024 führt die Geldbuße aufgrund der hierfür in den Vorjahren gebildeten Rückstellung zu keiner wesentlichen zusätzlichen Ergebnisbelastung. Zum 31. Dezember 2023 bestand zur Vorsorge für Bußgeldrisiken aus dem Verfahren der Staatsanwaltschaft Hannover eine Rückstellung in Höhe eines hohen zweistelligen Millionenbetrags.
Auf Basis und nach Maßgabe der bestehenden vertraglichen Regelungen ist Vitesco Technologies in diesem Zusammenhang grundsätzlich verpflichtet, Continental von allen etwaigen Kosten und Verbindlichkeiten freizustellen. Dies folgt dem Grundsatz, dass mit der Abspaltung sämtliche Chancen, aber auch Risiken aus dem übertragenen Geschäft auf Vitesco Technologies übergehen.
dpa / Continental / MB