Auch drei SPD-Landtagsabgeordnete, darunter der Fraktionsvorsitzende Horst Arnold, klagen nun gegen die sogenannte 15-Kilometer-Regel. Man wolle die Regelung mit einem sogenannten Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof überprüfen lassen, teilten Arnold sowie die beiden Abgeordneten Inge Aures und Christian Flisek am Freitag in München mit.
Seit Montag sind Ausflüge nur noch in einem Umkreis von höchstens 15 Kilometern rund um den Wohnort möglich, wenn das Robert Koch-Institut (RKI) in der betreffenden kreisfreien Stadt oder im Landkreis mehr als 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche meldet. Einige betroffene Landkreise haben zudem ein Ausflugsverbot erlassen, damit dürfen Besucher zu touristischen Zwecken auch nicht mehr in die Region kommen. Als Grund für die Maßnahmen wird die Eindämmung des Coronavirus genannt. Die Regelung ist aber höchst umstritten. Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sind bereits mehrere Anträge gegen die 15-Kilometer-Regel anhängig.
Die Landtags-SPD insgesamt meldete nun «massive rechtsstaatliche Bedenken» an. «Das Leben und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger sind vom Staat zu schützen. Gleichzeitig muss sich jede Maßnahme an den Regeln des Rechtsstaats messen lassen, vor allem, wenn sie einen erheblichen Grundrechtseingriff wie den der Freizügigkeitsbeschränkung darstellt», erklärte Arnold. Keine Anti-Corona-Maßnahme sei reiner Selbstzweck. «Sie muss geeignet sein, die Pandemie einzudämmen, und sie muss im Vergleich zu anderen Möglichkeiten das mildeste Mittel darstellen», betonte Arnold.
Der Prozessvertreter der Abgeordneten, der Regensburger Professor Thorsten Kingreen, sagte zu der Regelung: «Sie unterbindet keine Kontakte, sondern zielt nur darauf ab, wie weit oder wohin man fährt. Das ist aber für das Infektionsgeschehen ohne jeden Belang.»
dpa
Die SPD-Landtagsfraktion, vertreten durch ihre Abgeordneten Horst Arnold, Inge Aures und Christian Flisek, haben massive rechtsstaatliche Bedenken gegen die 15-Kilometer-Radius-Begrenzung, die die bayerische Staatsregierung vergangene Woche beschlossen hatte und die seit diesem Montag (11. Januar) für Bewohnerinnen und Bewohner von Landkreisen und kreisfreien Städten mit mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gilt. Deshalb wollen die Abgeordneten diese Regelung nun mit einem sogenannten Normenkontroll-Antrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof überprüfen lassen.
Hierzu erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold: „Das Leben und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger sind vom Staat zu schützen. Gleichzeitig muss sich jede Maßnahme an den Regeln des Rechtsstaats messen lassen, vor allem, wenn sie einen erheblichen Grundrechtseingriff wie den der Freizügigkeitsbeschränkung darstellt. Denn Grundrechte sind in der Demokratie keine Privilegien, sondern fundamentale Voraussetzungen für das freiheitliche System. Keine Maßnahme ist reiner Selbstzweck. Sie muss geeignet sein, die Pandemie einzudämmen, und sie muss im Vergleich zu anderen Möglichkeiten das mildeste Mittel darstellen. Das gehört zu den Grundlagen unseres Verfassungsrechts und unserer Freiheit.“
Die Antragsteller kritisieren mit ihrem Prozessvertreter die Ungeeignetheit der 15-Kilometer-Regelung. „Sie unterbindet keine Kontakte, sondern zielt nur darauf ab, wie weit oder wohin man fährt. Das ist aber für das Infektionsgeschehen ohne jeden Belang“, erläutert Professor Thorsten Kingreen, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht an der Universität Regensburg. „Sie stellt nicht darauf ab, ob man dabei Menschen trifft und in welcher Gemeinde diese Menschen wohnen. Sie verhindert also nicht, dass Menschen sich im öffentlichen Raum aufhalten.“
Die oberfränkische Abgeordnete Inge Aures stellt fest: "In Oberfranken gilt die 15-Kilometer-Regel derzeit in 10 Städten und Landkreisen, weil der Inzidenzwert überschritten ist. Das bedeutet in unserer zum Teil sehr ländlich geprägten Region starke Einschränkungen auch bei notwendigen Fahrten, etwa zum Arzt oder zum Einkauf. Das Kernproblem dabei ist, dass der Zweck der Fahrt oft nicht richtig kontrolliert werden kann. Bürgerinnen werden dadurch unter Generalverdacht gestellt, selbst wenn sie nur „harmlose“ – also erlaubte – Fahrten zum Arzt oder zum Einkaufen machen. Gerade bei medizinischen Aspekten ist die Abgrenzung nahezu unmöglich: Sportliche Betätigung zum Schutze der Gesundheit wäre demnach erlaubt, sportliche Betätigung im Sinne einer touristischen Aktivität nicht. Das ist unmöglich zu durchblicken und zu kontrollieren! Die 15-Kilometer-Regel bereitet aus meiner Sicht große Schwierigkeiten, bringt wenig Nutzen und führt dazu, dass die Menschen insgesamt weniger bereit sind, die Corona-Regeln zu beachten."
Der Passauer Abgeordnete Christian Flisek führt aus: „Gerade der Fall der Stadt Passau zeigt deutlich, dass diese Regelungen in der Praxis zu absurden Ergebnissen führen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Passau sind derzeit, was Sport und Spaziergänge betrifft, in ihren Stadtgrenzen eingesperrt, da der die Stadt umgebende Grüngürtel in großen Teilen zum Landkreis gehört und der Landkreis Passau von einer Aussperrverfügung ohne Ausnahmen Gebrauch gemacht hat. Das ist einmalig in Bayern und wohl auch in der Bundesrepublik – und allein der unzureichenden Rechtsgrundlage in der bayerischen Infektionsschutzverordnung geschuldet.“
Pressemitteilung BayernSPD Landtagsfraktion